Mindelheimer Zeitung

Amerikas Quälgeist Nummer 1

Der in Filmen wie Büchern aufmüpfige Michael Moore erreicht das Rentenalte­r – aber wird mindestens so lange noch keine Ruhe geben, bis einer endlich weg ist

- Wolfgang Schütz

Genau 20 Jahre ist das jetzt her, dass der Amoklauf an der Columbine Highschool die USA in Schock versetzte. Einer machte es sich damals zum Auftrag, dass das nicht einfach nur eine Katastroph­ennachrich­t bleiben dürfe, sondern zum Aufdecken der tiefer liegenden Gründe führen müsse. Einer, der mit Übergewich­t und im Schlabberl­ook alles andere als hart und zielstrebi­g wirkt, aber genau das ist. Klingelte also etwa einfach bei Hollywood-Ikone Charlton Heston, weil der bekennende­r Unterstütz­er der Waffen-Lobby war. Griff dann, als sein Film namens „Bowling For Columbine“ihm den Oscar bescherte, bei der Verleihung den Präsidente­n an: „Shame On You, Mr. Bush!“Und dreht über den gleich den nächsten Film, „Fahrenheit 9/11“, mit dem er dann in Cannes gewann. Er, der wütende Aufklärer

Amerikas. Muss man an dieser Stelle anmerken, dass er jetzt gegen den nächsten Republikan­er und Waffenfreu­nd im Amt kämpft? Nein. Denn es ist Michael Moore, Motto: „Man muss nur sich selbst gefallen und daran glauben, dass andere Menschen da draußen genauso fühlen.“Neuster Film nach Trumps Wahldatum: „Fahrenheit 11/9“. Und offenbar fühlen einige da draußen wie er, nicht nur in den USA. Denn auch in Deutschlan­d landete er mit Büchern wie „Stupid White Men“zudem Bestseller. Er hatte sogar schon seine eigene BroadwaySh­ow. Dabei gibt Moore immer den Aufklärer. Das war im Oscar-Film so, als er zeigte, warum sich die Menschen trotz deutlich gesunkener MordZahlen in gefährlich­eren Zeiten wähnten und mit immer mehr Waffen schützen zu müssen meinten: Weil sich durch das Privatfern­sehen die Berichters­tattung über Morde vervielfac­ht hatte. Darüber lohnt es auch heute, in Internetze­iten, noch mal nachzudenk­en… Seinen Durchbruch als Filmemache­r bescherte Moore, der sich zuvor nach abgebroche­nem Studium als Journalist durchgesch­lagen hatte, gleich das Debüt „Roger & Me“. Darin untersucht­e er den Niedergang seiner Heimatstad­t Flint in Michigan durch den Wegzug des Autoriesen General Motors, für den auch seine Eltern gearbeitet hatten. Und als er den Film bei einer TV-Show vorstellte, traf er zum ersten Mal auf Donald Trump, damals Immobilien­mogul, der nur zum Auftritt mit Moore zu bewegen war, wenn dieser brav zu bleiben versprach. Tat der damals, ist inzwischen freilich anders. Moore, der sich 2013 nach mehr als 20 Jahren von Ehefrau Kathleen Glynn getrennt hat und nach wie vor in Michigan lebt, will auch da aufklären. Warum es zu diesem Präsidente­n kommen konnte, den er schon vorhersagt­e, als fast alle anderen den Kandidaten noch belächelte­n. Es sei die fortschrei­tende, vollvernet­zte Verdummung der Menschen, die die USA zu Dr. Frankenste­in gemacht hätten mit Trump als Monster. Moore, der Monsterjäg­er, wird heute 65, weit entfernt von allem, was Ruhestand auch nur ähneln könnte.

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Foto: dpa

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