Mindelheimer Zeitung

Erster Matchball für den FCA

Bundesliga Daniel Baier erklärt, warum diese Saison für ihn die bisher härteste in der Bundesliga war und warum er am Freitag gegen Leverkusen den Klassenerh­alt sichern will

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Als sich Daniel Baier kurz vor der Medienrund­e im Fan-Shop des FC Augsburg auf einem der Fernseher noch einmal die BilderShow vom 6:0 gegen den VfB Stuttgart anschaute, da huschte über das Gesicht des FCA-Kapitäns kurz ein etwas ungläubige­s Lächeln. So, als könnte er kaum glauben, dass diese historisch­e Aufführung am Karsamstag in der WWK-Arena wirklich stattfand. Es war der höchste Sieg des FCA in seiner achtjährig­en Bundesliga­historie und, was noch viel wichtiger ist: Damit hatte man den direkten Verfolger im Abstiegska­mpf mit einer Galavorste­llung in alle Einzelteil­e zerlegt.

Vier Spieltage vor Saisonende ist man um zehn Punkte und 31 (!) Tore besser als der Drittletzt­e VfB. Der Klassenerh­alt ist damit so gut wie gesichert. Doch Baier hat in dieser Saison schon zu viel erlebt, um dem Braten zu trauen. „Es war ein Ausnahmesp­iel, wir haben uns eine super Ausgangsla­ge geschaffen, wir können viel Selbstvert­rauen mitnehmen, aber am Freitagabe­nd wartet ein anderer Gegner auf uns.“

Bayer Leverkusen gastiert dann um 20.30 Uhr in der WWK-Arena. Das Werksteam kämpft noch um einen Platz in der Europa-, vielleicht sogar in der Champions League. Für Baier ist das ein „Matchball-Spiel“. Soll heißen, mit einem Sieg hätte der FCA am viertletzt­en Spieltag das neunte Jahr in der Bundesliga gesichert, ohne zu warten, was die Konkurrent­en machen.

Hätte irgendjema­nd diese Ausgangsla­ge Baier vor nicht einmal drei Wochen nach der 0:4-Heimnieder­lage gegen die TSG 1899 Hoffenheim prophezeit, Baier hätte wohl einen Lachanfall bekommen. Wobei ihm nach der desolaten Vorstellun­g seiner eigenen Mannschaft sicher nicht nach Witzen war. Es herrschte sportliche Weltunterg­angsstimmu­ng in Augsburg, zwei Tage später waren Trainer Manuel Baum und Co-Trainer Jens Lehmann weg und mit Martin Schmidt ein neuer Trainer da.

Und der Schweizer schaffte es, nach seiner 14-monatigen, selbst gewählten Bundesliga-Auszeit (er war in Wolfsburg zurückgetr­eten), innerhalb weniger Tage die FCAwieder mit Selbstvert­rauen vollzupump­en. Der Effekt: 3:1 in Frankfurt, 6:0 gegen den VfB.

Warum dazu ein Trainerwec­hsel nötig war? Baier, 34, weiß es selbst nicht so genau: „Es ist ein Phänomen. Wenn ein Trainerwec­hsel kommt, ist sofort ein anderer Spirit drin. Jeder Spieler motiviert sich neu, was eigentlich nicht sein sollte.“Für Baier war aber die erste Ansprache von Schmidt das Schlüssele­rlebnis: „Die hat direkt gesessen. Er ist gar nicht auf diesen Abstiegska­mpf oder das 0:4 gegen Hoffenheim eingegange­n. Er hat den Fokus nur darauf gelegt, wie gewinnen wir in Frankfurt, wie schießen wir da Tore. Diese positive Einstellun­g, diese Lust, Fußball spielen zu lassen, hat er vom ersten Tag an vermittelt und versucht Spaß in unsere Köpfe zu bekommen.“

Seinem Vorgänger Baum war dies nicht mehr möglich. Der TaktikExpe­rte und studierte Pädagoge hat sich wohl zu sehr in den Verästelun­gen des nächsten Spiels vergraben, um den Weg aus der Krise zu finden. Dabei hat er die Mannschaft verloren. Schmidt hatte aber auch einfach Spielglück. Baier drückt es so aus: „Mit den Siegen macht es mega Spaß. Der Druck ist runtergega­ngen, der Kopf hoch. Das ist in so einer Situation extrem wichtig.“

Baier ist nun zehn Jahre beim FCA, absolviert­e 247 Bundesliga­spiele für den Verein, ist Kapitän, hat alle Auf und Ab mitgemacht, doch so gekriselt habe es noch nie: „Wir waren in dieser Saison noch nie auf einem Abstiegspl­atz. Es gab bei uns sportlich gesehen schon viel schlechter­e Situatione­n. Aber es gab noch nie so viel Unruhe außerhalb des Platzes. Medial, aber auch von den Fans, die uns immer unterstütS­pieler zen. Aber du hast nach manchen Spielen richtige Enttäuschu­ng und Aggression gesehen, die es so noch nie gab. Ich finde, es war von der Stimmung her insgesamt die schwerste Situation.“

Die hat der FCA im Gegensatz zu den anderen Teams aus der unteren Tabellenhä­lfte aber wohl gemeistert. Einen Rückschlag will Baier aber nicht ganz ausschließ­en. Denn Konstanz fehlt dem FCA in dieser Saison. „Wir haben das schon öfters erlebt. Darum hat auch der Trainer nach dem 6:0 nicht die Champagner­flaschen auf den Tisch gestellt, sondern am Sonntag eine Videoanaly­se gemacht und uns aufgezeigt, was wir besser machen müssen.“

Baier will am Freitag mit einem Sieg alle Spekulatio­nen beenden: „Wir haben jetzt vier Matchbälle. Wir wollen gleich den ersten verwandeln.“

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Daniel Baier und seine Kollegen können nach zwei Siegen wieder lachen. Warum dazu ein Trainerwec­hsel nötig war, kann der Kapitän auch nicht genau erklären. Auf jeden Fall hat Martin Schmidt die richtigen Worte gefunden.
Foto: Ulrich Wagner Daniel Baier und seine Kollegen können nach zwei Siegen wieder lachen. Warum dazu ein Trainerwec­hsel nötig war, kann der Kapitän auch nicht genau erklären. Auf jeden Fall hat Martin Schmidt die richtigen Worte gefunden.

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