Erster Matchball für den FCA
Bundesliga Daniel Baier erklärt, warum diese Saison für ihn die bisher härteste in der Bundesliga war und warum er am Freitag gegen Leverkusen den Klassenerhalt sichern will
Augsburg Als sich Daniel Baier kurz vor der Medienrunde im Fan-Shop des FC Augsburg auf einem der Fernseher noch einmal die BilderShow vom 6:0 gegen den VfB Stuttgart anschaute, da huschte über das Gesicht des FCA-Kapitäns kurz ein etwas ungläubiges Lächeln. So, als könnte er kaum glauben, dass diese historische Aufführung am Karsamstag in der WWK-Arena wirklich stattfand. Es war der höchste Sieg des FCA in seiner achtjährigen Bundesligahistorie und, was noch viel wichtiger ist: Damit hatte man den direkten Verfolger im Abstiegskampf mit einer Galavorstellung in alle Einzelteile zerlegt.
Vier Spieltage vor Saisonende ist man um zehn Punkte und 31 (!) Tore besser als der Drittletzte VfB. Der Klassenerhalt ist damit so gut wie gesichert. Doch Baier hat in dieser Saison schon zu viel erlebt, um dem Braten zu trauen. „Es war ein Ausnahmespiel, wir haben uns eine super Ausgangslage geschaffen, wir können viel Selbstvertrauen mitnehmen, aber am Freitagabend wartet ein anderer Gegner auf uns.“
Bayer Leverkusen gastiert dann um 20.30 Uhr in der WWK-Arena. Das Werksteam kämpft noch um einen Platz in der Europa-, vielleicht sogar in der Champions League. Für Baier ist das ein „Matchball-Spiel“. Soll heißen, mit einem Sieg hätte der FCA am viertletzten Spieltag das neunte Jahr in der Bundesliga gesichert, ohne zu warten, was die Konkurrenten machen.
Hätte irgendjemand diese Ausgangslage Baier vor nicht einmal drei Wochen nach der 0:4-Heimniederlage gegen die TSG 1899 Hoffenheim prophezeit, Baier hätte wohl einen Lachanfall bekommen. Wobei ihm nach der desolaten Vorstellung seiner eigenen Mannschaft sicher nicht nach Witzen war. Es herrschte sportliche Weltuntergangsstimmung in Augsburg, zwei Tage später waren Trainer Manuel Baum und Co-Trainer Jens Lehmann weg und mit Martin Schmidt ein neuer Trainer da.
Und der Schweizer schaffte es, nach seiner 14-monatigen, selbst gewählten Bundesliga-Auszeit (er war in Wolfsburg zurückgetreten), innerhalb weniger Tage die FCAwieder mit Selbstvertrauen vollzupumpen. Der Effekt: 3:1 in Frankfurt, 6:0 gegen den VfB.
Warum dazu ein Trainerwechsel nötig war? Baier, 34, weiß es selbst nicht so genau: „Es ist ein Phänomen. Wenn ein Trainerwechsel kommt, ist sofort ein anderer Spirit drin. Jeder Spieler motiviert sich neu, was eigentlich nicht sein sollte.“Für Baier war aber die erste Ansprache von Schmidt das Schlüsselerlebnis: „Die hat direkt gesessen. Er ist gar nicht auf diesen Abstiegskampf oder das 0:4 gegen Hoffenheim eingegangen. Er hat den Fokus nur darauf gelegt, wie gewinnen wir in Frankfurt, wie schießen wir da Tore. Diese positive Einstellung, diese Lust, Fußball spielen zu lassen, hat er vom ersten Tag an vermittelt und versucht Spaß in unsere Köpfe zu bekommen.“
Seinem Vorgänger Baum war dies nicht mehr möglich. Der TaktikExperte und studierte Pädagoge hat sich wohl zu sehr in den Verästelungen des nächsten Spiels vergraben, um den Weg aus der Krise zu finden. Dabei hat er die Mannschaft verloren. Schmidt hatte aber auch einfach Spielglück. Baier drückt es so aus: „Mit den Siegen macht es mega Spaß. Der Druck ist runtergegangen, der Kopf hoch. Das ist in so einer Situation extrem wichtig.“
Baier ist nun zehn Jahre beim FCA, absolvierte 247 Bundesligaspiele für den Verein, ist Kapitän, hat alle Auf und Ab mitgemacht, doch so gekriselt habe es noch nie: „Wir waren in dieser Saison noch nie auf einem Abstiegsplatz. Es gab bei uns sportlich gesehen schon viel schlechtere Situationen. Aber es gab noch nie so viel Unruhe außerhalb des Platzes. Medial, aber auch von den Fans, die uns immer unterstütSpieler zen. Aber du hast nach manchen Spielen richtige Enttäuschung und Aggression gesehen, die es so noch nie gab. Ich finde, es war von der Stimmung her insgesamt die schwerste Situation.“
Die hat der FCA im Gegensatz zu den anderen Teams aus der unteren Tabellenhälfte aber wohl gemeistert. Einen Rückschlag will Baier aber nicht ganz ausschließen. Denn Konstanz fehlt dem FCA in dieser Saison. „Wir haben das schon öfters erlebt. Darum hat auch der Trainer nach dem 6:0 nicht die Champagnerflaschen auf den Tisch gestellt, sondern am Sonntag eine Videoanalyse gemacht und uns aufgezeigt, was wir besser machen müssen.“
Baier will am Freitag mit einem Sieg alle Spekulationen beenden: „Wir haben jetzt vier Matchbälle. Wir wollen gleich den ersten verwandeln.“