Ein feiner Zug
Nordkorea Kim Jong Un liebt die Inszenierung
Die Militärkapelle spielt die Hymnen von Russland und Nordkorea, Mädchen in bunter Tracht überreichen Brot und Salz. Kim Jong Un greift sich napoleonhaft zwischen die Mantelknöpfe. 20 Stunden hat die Reise aus Pjöngjang bis Wladiwostok mit dem Hochsicherheitszug gedauert. Nordkoreas Machthaber reisen gerne langsam. Noch wenige Monate vor seinem Tod Ende 2011 fuhr Vater Kim Jong Il mit dem gepanzerten Gefährt tagelang nach Moskau. Wenn die asiatischen Herrscher von einer Sache etwas verstehen, dann sind es Inszenierungen. Von Kim Jong Un kann sogar Wladimir Putin noch lernen. Im Jahr 2015 ließ das Staatsoberhaupt die Uhren in seinem Land um eine halbe Stunde zurückstellen – eine eigene Zeitzone muss es schon sein, um sich vom Bruder im Süden abzugrenzen. Und während Südkorea den Fortschritt zum Postulat des täglichen Lebens erkoren hat, sind im abgeschotteten Nordkorea sogar Jeans verboten. Noch nicht einmal das frisch keimende Pflänzchen der Freundschaft mit US-Präsident Trump konnte Kim bislang davon abbringen. Überhaupt sind es die Äußerlichkeiten, die es ihm besonders angetan haben. 28 genehmigte Frisuren gibt es für Nordkoreaner – 18 für Frauen, zehn für Männer. Als Repräsentant einer Dynastie stalinistisch geprägter Herrscher weiß er, wie man die Massen zähmt. Das Leben der Herrscherfamilie hingegen darf gerne anderen Ansprüchen genügen: Als Kim Jong Il 2001 durch Russland tuckerte, habe er importierten Wein aus Frankreich und Feinschmecker-Mahlzeiten mit silbernen Essstäbchen genossen, berichtete die New York Times. Kim habe zudem alte sowjetische Lieder mit „schönen Zugbegleiterinnen“gesungen.