Mindelheimer Zeitung

Wie die Städte den frustriere­nden Kampf um Parkplätze beenden wollen

Verkehr In Bayerns Innenstädt­en tobt ein täglicher Kampf um freie Parkplätze. Viele Menschen sind frustriert und fühlen sich im Stich gelassen. Es gibt Ideen, wie man das Problem lösen kann

- VON STEPHANIE SARTOR (mit mru, dpa)

Augsburg Dann also noch eine Runde. Weitersuch­en. Die Augen offen halten. Und hoffen. Darauf, dass irgendwo eine Lücke frei wird. Silvia Tröger kennt ihn, diesen Kampf um einen freien Parkplatz. Sie wohnt in der Augsburger Innenstadt – und könnte oft verzweifel­n. „Man muss ständig im Kreis fahren, manchmal bis zu 20 Minuten“, sagt Tröger, die einen Bewohnerpa­rkausweis hat, aber dennoch oft lange suchen muss. In allerletzt­er Konsequenz, sagt sie, stelle sie sich dann eben auch mal ins Halteverbo­t. Ein Problem sei, dass viele Parkplätze Auswärtige­n zur Verfügung stehen, wenn sie einen Parkschein lösen – und über Nacht dürften sie sogar ohne zu bezahlen stehen bleiben. „Mich macht das wütend.“

Silvia Tröger ist mit ihrem Problem nicht alleine. In vielen bayerische­n Städten ist das Parken zu einem massiven Problem geworden. In der Augsburger Innenstadt gibt es 6300 Parkplätze in zehn Bewohnerpa­rkgebieten. Der Haken: Es gibt deutlich mehr Bewohnerpa­rkausweise – nämlich 8600. Warum? Man müsse jedem Bewohner das Recht einräumen, in einem bestimmten Areal zu parken, sagt eine Sprecherin der Stadt. Deswegen gebe es so viele Ausweise. Aber das sei keine Garantie für einen Parkplatz. Man müsse eben schauen, man einen bekommt. Dass sich viele Menschen ärgern, wenn sie trotz eines Bewohnerpa­rkausweise­s keinen Platz finden, sei „subjektiv verständli­ch“, sagt die Sprecherin. „Auf der anderen Seite ist es aber so: Platz ist nicht vermehrbar.“Um die Situation zu entschärfe­n, versucht die Stadt, das Projekt „Fahrradsta­dt“voranzutre­iben und das Radwegenet­z auszubauen. Gleichzeit­ig sollen die Menschen motiviert werden, mit dem Bus oder der Tram zu fahren.

Das Problem ist vor allem: Im Freistaat gibt es immer mehr Autos. Alleine von 2011 bis 2017 verzeichne­ten die Statistike­r ein Plus von mehr als elf Prozent bei den Kraftfahrz­eugen. Wo sollen all diese Autos parken? Der Platz ist ja nicht größer geworden.

Auch in Neu-Ulm werden die Parkplätze immer knapper. Im Villenvier­tel an der Donau parken nicht nur Anwohner, sondern auch Auswärtige. Vor allem Pendler stellen dort gerne ihr Auto ab und laufen über eine Brücke hinüber nach Ulm. Anwohner beklagen, dass sie oft keinen Parkplatz für das eigene Fahrzeug finden.

Natürlich ist auch die Landeshaup­tstadt München von der Parkplatzn­ot betroffen. Gründe dafür gibt es viele. Unter anderem: Radfahrer haben es in der Millionenm­etropole nicht gerade leicht – deshalb gibt es jetzt auch zwei Bürgerbege­hren. Hinzu kommt, dass die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel überlastet sind. Deswegen steigen viele Menschen lieber ins Auto. Und so wird die Suche nach einer freien Parklücke tagtäglich zu einer nervlichen Zerreißpro­be.

Überlegung­en zum Thema Parken gibt es viele. Als erste Stadt in Deutschlan­d testet München zum Beispiel ab dieser Woche das zeitlich abwechseln­de Parken von Fahrrädern und Autos. Auf extra ausgewiese­nen Parkfläche­n dürfen ab 30. April von 9 bis 23 Uhr nur Fahrräder und zwischen 23 und 9 Uhr nur Autos parken. Das Flex-Parken soll in der Innenstadt vor der Technische­n Universitä­t getestet werden und bis zu zwei Jahre dauern. Die Erfahrunge­n sollen dann dem Stadtrat vorgelegt werden. Vor der Universitä­t stehen tagsüber viele Fahrräder von Studenten, gleichzeit­ig steigt am Abend der Bedarf an Parkplätze­n für Anwohner. Man wolle sich „der unterschie­dlichen Parksituat­ion tagsüber und nachts flexibel anpassen“, teilt Stadtbaurä­tin Elisabeth Merk mit.

Während viele Städte über Parkplatzp­robleme klagen, gibt es aber auch Menschen, die der Ansicht sind, dass es bereits genügend Stelldass flächen für Autos gibt – aber viel zu wenig Platz für Menschen. Darauf macht das Münchner Architektu­rbüro IFUB – kurz für „Institut für urbane Baukunst“– mit der Aktion „Park Dein’ Park“aufmerksam. Der Großteil der zur Verfügung stehenden öffentlich­en Flächen sei privaten Autos vorbehalte­n, kritisiert Architekt Bernhard Kurz. Andere Nutzungsmö­glichkeite­n seien auf den Stellfläch­en verboten – es dürften weder Bänke aufgestell­t, Gemüsebeet­e angelegt oder Cafés betrieben werden. Deswegen hat das Architektu­rbüro eine Art mobilen Park auf der Ladefläche eines Pickups geschaffen, um zu zeigen: Hier könnte es auch grün sein.

Und es gibt noch viel mehr Ideen: Auf den Ladefläche­n könnten etwa auch Grillplätz­e oder Pools entstehen. „Die Flächen sind da, aber ich darf nichts außer parken“, sagt Kurz. Natürlich brauche man Parkplätze in der Stadt, etwa für Handwerker oder ältere Menschen, die schlecht zu Fuß sind, fährt er fort. Aber im Grunde sei es doch so: „Je leichter man es den Autos macht, desto mehr hat man“, meint Kurz, der eine Zeit lang in Tokio gelebt hat. Dort gebe es keine öffentlich­en Parkplätze, kaum jemand habe ein Auto, alle nutzten den öffentlich­en Nahverkehr. „Mir ist dort aufgefalle­n: Es ist schon schön, wenn man eine Straße entlangläu­ft und keine Autos rumstehen.“

München testet das Flex-Parken

 ?? Symbolfoto: Boris Roessler, dpa ?? Eine freie Parklücke zu finden, ist in vielen Städten ein Problem. Anwohner müssen oft viele Runden drehen, bevor sie ihr Auto abstellen können.
Symbolfoto: Boris Roessler, dpa Eine freie Parklücke zu finden, ist in vielen Städten ein Problem. Anwohner müssen oft viele Runden drehen, bevor sie ihr Auto abstellen können.

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