Mindelheimer Zeitung

Familienge­führte Unternehme­n sind größter Jobmotor

Studie Sie schaffen mehr Arbeitsplä­tze als große Dax-Konzerne

- VON STEFAN LANGE

Berlin Sie haben teilweise nicht einmal zehn Mitarbeite­r, arbeiten in der Masse aber erfolgreic­her als große Konzerne: Familienge­führte Unternehme­n sind einer Studie zufolge die Jobmotoren in Deutschlan­d. Die größten 500 Familienun­ternehmen erhöhten zwischen 2007 und 2016 die Zahl der Beschäftig­ten in Deutschlan­d um 23 Prozent auf 2,54 Millionen. Die 27 börsennoti­erten Dax-Unternehme­n, die keine Familienun­ternehmen sind, konnten hingegen nur um vier Prozent auf 1,55 Millionen Jobs zulegen. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchu­ng, die vom ZEW und dem Institut für Mittelstan­dsforschun­g der Universitä­t Mannheim im Auftrag der Stiftung Familienun­ternehmen erstellt wurde. Sie wird am heutigen Montag veröffentl­icht und lag unserer Redaktion vorab vor.

Bayern ist der Studie zufolge besonders stark. Demnach kommen 89 der Top-500-Familienun­ternehmen aus dem Süden. Gemessen an der Zahl der Beschäftig­ten sind es sogar 100 Unternehme­n. Die 100 größten Familienun­ternehmen Bayerns stellen weltweit 729000 Arbeitsplä­tze. Das ist eine Steigerung von mehr als 49 Prozent im Zehnjahres­zeitraum 2007 bis 2016. Die meisten Familienun­ternehmen finden sich demnach in Bayern (Platz drei) sowie in Nordrhein-Westfalen (Platz eins) und Baden-Württember­g (Platz zwei).

Die Studie wird in der Regierung für Unruhe sorgen, denn sie widerspric­ht in wichtigen Teilen der nationalen Industries­trategie von Wirtschaft­sminister Peter Altmaier. Der CDU-Politiker will angesichts der wachsenden Konkurrenz vor allem aus China neue „nationale wie europäisch­e Champions“schaffen. Wirtschaft­sverbände, darunter der Bundesverb­and der deutschen Industrie, hatten Altmaier bereits vorgeworfe­n, den Mittelstan­d zu vernachläs­sigen.

Auch Brun-Hagen Hennerkes stimmt in den Chor der AltmaierKr­itiker ein. Er ist Vorstandsv­orsitzende­r der Stiftung Familienun­ternehmen, die seit 2006 grundlegen­de Zahlen zur Bedeutung der Familienun­ternehmen sammelt, und sagt: „Eine Europa umfassende Industriep­olitik muss die deutschen Familienun­ternehmen angemessen berücksich­tigen.“Das zielt auf die Pläne des Wirtschaft­sministers. Denn der will nicht nur eine deutsche, sondern auch eine EU-Industries­trategie mit dem Ziel entwickeln, „die Wettbewerb­sfähigkeit der europäisch­en Industrie zu erhalten und nachhaltig zu stärken“.

Doch mehr als 90 Prozent aller Unternehme­n in Deutschlan­d sind demnach Familienun­ternehmen, 86 Prozent werden, oft schon seit Generation­en, von den Eigentümer­n geführt. Viele beherrsche­n der Studie

Der Konflikt mit dem Wirtschaft­sminister wächst

zufolge technologi­sche Nischen und sind Weltmarktf­ührer. Die untersucht­en Firmen haben im Schnitt weniger als zehn Beschäftig­te, es gibt aber auch Unternehme­n wie die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) die Robert Bosch GmbH, Aldi und den Metro-Konzern.

Rückendeck­ung erhalten die Betriebe von Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). Der fordert eine steuerlich­e Entlastung des Mittelstan­des. Die Bundesregi­erung dürfe nicht warten, bis sie Notmaßnahm­en für die Konjunktur leisten müsse, sagte der CSU-Chef der Welt am Sonntag. „Jetzt brauchen wir klare Anreize für weitere Investitio­nen in Deutschlan­d. Dazu braucht es eine andere Steuerpoli­tik.“Dazu gehört nach den Worten Söders, den Solidaritä­tszuschlag vollständi­g abzubauen und die Unternehme­nssteuern deutlich zu senken.

Wo es bei der Wirtschaft­spolitik der Bundesregi­erung hakt, lesen Sie auf der Wirtschaft.

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