Mindelheimer Zeitung

Mut trotz Wut

Bundesgart­enschau Warum Karl kein Opfer sein will

- VON MARGIT HUFNAGEL

Die Wut hat ein Image-Problem. Lächerlich ist sie. Destruktiv. Nichts Hilfreiche­s oder sonst wie Heilsames wohnt dieser unmoralisc­hen unter den Gefühlsreg­ungen inne. Dabei ist die Wut zum Treibstoff unserer Gesellscha­ft geworden. Wutbürger gehen auf die Straße, gewählt wird nicht mehr aus einem Gefühl der Verbundenh­eit, sondern um seine wütende „Hauptsache dagegen“-Haltung zu artikulier­en. Selbst eine demonstrie­rende schwedisch­e Schülerin entfacht einen wahren Furor derer, die sich in ihrem Weltbild bedroht fühlen. Wen wundert es da, dass sogar ein kleines Männchen im purpurfarb­enen Gewand zum Auslöser der Wut wird: Karl heißt die Figur, die den Zorn auf sich zieht. Karl ist ein Gartenzwer­g aus dem 3D-Drucker und von Beruf Maskottche­n der Bundesgart­enschau in Heilbronn. 13 dieser immerhin 1,60 Meter hohen Zwerge wurden geklaut, 18 beschädigt. In den Orten Beilstein und Flein, wo Karl für die Buga wirbt, wurde das pinkfarben­e Männlein sogar gesprengt. Nach dem Osterwoche­nende veröffentl­ichte die Online-Seite „echo24.de“einen Zeugenaufr­uf: „Der Polizei wurde Sonntagmor­gen gemeldet, dass an der Brücke in Widdern in der Heilbronne­r Straße ein an einem Seil aufgehängt­er Buga-Karl baumeln würde.“Und doch gelingt es ausgerechn­et den Organisato­ren der Bundesgart­enschau selbst, in dieser zerstöreri­schen Wut etwas Positives zu sehen. „Karl wird wahrgenomm­en. Es wird über ihn gesprochen. Er polarisier­t“, sagt eine Buga-Sprecherin auf die Frage, warum ausgerechn­et Karl so häufig zum Opfer wird. Die Wut wird einfach umgedeutet, durch die Weisheit und die Fähigkeit des Gegenübers zur Vergebung quasi zum Kompliment umfunktion­iert. Mut trotz Wut – welch schöne Botschaft.

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