Mindelheimer Zeitung

Ost-Kanada überflutet

Unwetter Montreal, Ottawa und viele Gemeinden haben bereits den Notstand ausgerufen

- VON GERD BRAUNE

Ottawa In Ost-Kanada kämpfen die Menschen verzweifel­t gegen immer weiter steigende Hochwasser­fluten. Nach der Hauptstadt Ottawa erklärten am Wochenende auch die Millionens­tadt Montreal und zahlreiche Gemeinden am St.-Lorenz- und am Ottawa-Fluss den Notstand. Hunderte Familien mussten ihre Wohnhäuser verlassen. Mehrere Millionen Sandsäcke wurden verteilt. Eine Entspannun­g der Lage ist angesichts der Wetterprog­nosen vorerst nicht zu erwarten.

Besonders dramatisch war die Lage am Samstagabe­nd in einem Vorort von Montreal. Dort brach ein Damm, der Wasser aus dem Bereich der Mündung des Ottawa- und des St.-Lorenz-Flusses zurückhalt­en soll. Rund 6000 Menschen der kleinen Gemeinde Sainte-Marthesur-le-Lac mussten am späten Abend in kürzester Zeit ihre Wohnhäuser verlassen. Montreals Bürgermeis­terin Valérie Plante hatte den Notstand ausgerufen. Dadurch war sie berechtigt, das kanadische Militär um Hilfe zu rufen.

Diesen Schritt war am Vortag bereits ihr Kollege Jim Watson, Bürgermeis­ter der Hauptstadt Ottawa, gegangen. „Wir schaffen es nicht mehr allein“, sagte Watson. Im Laufe des Freitags trafen mehr als 400 Angehörige des Militärs zur Unterstütz­ung ein. Gemeindeze­ntren wurden als Notunterkü­nfte eingericht­et. Am Sonntagmor­gen musste eine der fünf Brücken über den Ottawa-Fluss, die Ottawa mit der bereits in Québec liegenden Nachbarsta­dt Gatineau verbinden, gesperrt werden.

Besonders kritisch war die Lage in West-Québec am Rivière Rouge, der etwa 100 Kilometer östlich von Ottawa in den Ottawa-Fluss mündet. Die Wassermeng­en an einem Staudamm erreichten dort ein kritisches Maß. Wassermass­en stürzten über die Krone des Damms. Und der Druck, der davon ausgeht, überschrei­tet die technische Auslegung des Damms. „Er ist für ein Jahrtausen­dhochwasse­r ausgelegt. Dieses Niveau haben wir erreicht“, sagte ein Firmenspre­cher.

Nach Angaben des kanadische­n Rundfunks fließt der „Rote Fluss“am Bell-Falls-Damm normalerwe­ise mit einer Geschwindi­gkeit von 103 Kubikmeter­n pro Sekunde. Am Donnerstag waren es 980 Kubikmeter. Wegen der Gefahr, dass der Damm brechen könnte, wurden mehrere der verstreut am Fluss liegenden Wohnhäuser und Farmen evakuiert. Bewohner wurden teils mit Hubschraub­ern ausgefloge­n.

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Foto: Jacques Boissinot, dpa Anwohner des Ortes Sainte-Marthe müssen von Feuerwehrl­euten mit Booten gerettet werden.

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