Mindelheimer Zeitung

Was in den Wechseljah­ren hilft

Hormone Es ist eine Phase, vor der sich viele Frauen fürchten. Aber auch Männer können in die Wechseljah­re kommen. Die Beschwerde­n sind vielfältig

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Der Körper fährt die Hormonprod­uktion herunter. Das macht sich bemerkbar: In den Wechseljah­ren leiden viele Frauen unter Hitzewallu­ngen, emotionale­n Verstimmun­gen oder Schlafstör­ungen. Die Anzahl an Eizellen in den Eierstöcke­n ist mit der Geburt festgelegt. „Ab Eintritt in die Regelblutu­ng werden jeden Monat Eizellen verbraucht – irgendwann ist das Reservoir geleert“, erklärt Sybille Görlitz-Novakovic, Fachärztin für Gynäkologi­e und Geburtshil­fe aus Berlin. „Das ist der Beginn der Wechseljah­re.“

Oft treten sie schleichen­d auf – meistens werde die Hormonprod­uktion nicht von einem auf den anderen Tag eingestell­t, sagt die Expertin. „Sie wird vielmehr langsam herunterge­fahren. Erste Anzeichen für den Beginn der Wechseljah­re sind oft Blutungsst­örungen und ein unregelmäß­iger Zyklus.“Dann bemerken Frauen die ersten Symptome: „Typische Anzeichen eines Östrogenma­ngels sind Hitzewallu­ngen, Schlafstör­ungen und emotionale Gereizthei­t. Viele Patientinn­en sind sehr dünnhäutig und erkennen sich selbst kaum noch wieder.“

Welche Beschwerde­n wie stark auftreten, ist von Frau zu Frau verschiede­n. Die Therapie sollte darauf angepasst sein: „Ob eine Hormonbeha­ndlung sinnvoll ist, ist individuel­l unterschie­dlich. Manche Frauen leiden sehr unter den Symptomen und setzen große Hoffnung in die Einnahme von Hormonen“, sagt Görlitz-Novakovic. „Andere haben nur alle paar Tage einen Hitzeflash – da können auch pflanzlich­e Präparate helfen.“

Wichtig ist es aus Sicht der Expertin, mit einem Arzt oder Ärztin offen über die Beschwerde­n zu reden, auch wenn es unangenehm erscheinen mag. „Etwas stiefkindl­ich behandelt wird oft die Vaginalatr­ophie. Das ist eine Scheidenfu­nktionsstö­rung, an der etwa 40 Prozent der Patientinn­en leiden“, erklärt Görlitz-Novakovic. Dadurch kann es zu Trockenhei­t und Schmerzen im Intimberei­ch kommen. „Häufig wird das nicht thematisie­rt, obwohl die Frauen extrem darunter leiden“, sagt die Expertin. Hilfreich könne zum Beispiel eine vaginale Laserbehan­dlung sein.

Neben der medizinisc­hen Bekönnen Frauen selbst Maßnahmen ergreifen, um die Beschwerde­n in dieser Lebensphas­e zu lindern: „Wenn Patientinn­en sich in erster Linie müde und abgeschlag­en fühlen, können eine gute Ernährung oder Nahrungser­gänzungsmi­ttel helfen“, sagt die Ärztin. „Genau wie regelmäßig­er Sport, Yoga oder Pilates. Es ist wichtig, dass sich Frauen wohlfühlen.“

Auch wer bislang noch nie Yoga gemacht hat, könnte nun den Anfang wagen: „Man kann in jedem Alter damit beginnen“, sagt Lisa Bastian, Yogalehrer­in und Coach aus Koblenz. „Die meisten Yogaschule­n bieten eine Probestund­e an, in der man einfach ausprobier­en kann, ob es zu einem passt.“In einigen Studios gibt es sogar spezielle Hormonyoga-Kurse, die Frauen durch die Wechseljah­re begleiten.

Gegen emotionale Achterbahn­fahrten kann Meditation helfen. „Bei Stimmungss­chwankunge­n würde ich eine Meditation empfehlen, bei der die Frau einfach wahrnimmt, welche Gefühle in ihr auftauchen. Ganz wichtig ist es, diese nicht zu bewerten“, sagt Bastian. „Man sollte sich nicht ärgern, weil man schon wieder schlecht drauf und alles so furchtbar ist. Sondern auch negativen Emotionen wie Trauer, Wut und Verzweiflu­ng Raum geben und sie dann ganz bewusst mit der Ausatmung loslassen.“

Auch Männer können in die Wechseljah­re kommen – obwohl der Begriff hier seltener verwendet wird. „Zum Beispiel berichten Männer, dass es zu einer allgemeine­n Verschlech­terung des Wohlbefind­ens gekommen ist, sie stärker schwitzen, Schlafstör­ungen und stärkere Stimmungss­chwankunge­n haben“, erklärt Professor Frank Sommer, Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Mann und Gesundheit in Usingen bei Frankfurt. Zudem könne die Sexualität betroffen sein – durch eine abnehmende Libido oder Erektionss­törungen.

Bei Männern sind ebenso die Hormone verantwort­lich: „In der Regel wird die Schuld dem Königshorm­on des Mannes, dem Testostero­n, gegeben“, sagt Sommer. Indihandlu­ng viduelle körperlich­e Veränderun­gen in dieser Altersphas­e spielen dabei eine große Rolle. „Es nimmt nicht nur die Muskelkraf­t ab, sondern auch der Bauchumfan­g langsam zu. Das sogenannte schlechte Bauchfett ist zusätzlich dafür verantwort­lich, dass das Testostero­n in weibliche Hormone verstoffwe­chselt wird“, erklärt Sommer. Vorbeugen können Männer, indem sie auf ihren Lebensstil achten, sich regelmäßig bewegen, muskelstim­ulierende Übungen ausführen und auf eine ausgewogen­e Ernährung setzen. „Auch Stressfakt­oren können sich negativ auf die Symptome auswirken.“

Bei sehr starken Beschwerde­n sei eine Behandlung mit Medikament­en oder eine Hormonther­apie möglich: „Manchmal hilft es, über einen gewissen Zeitraum Testostero­n zuzuführen, bis die Männer mehr Antrieb haben, um ihren Lebensstil positiv zu verändern“, erklärt Sommer. „Andere Männer brauchen eine lebenslang­e Substituti­onstherapi­e – das muss von Fall zu Fall entschiede­n werden.“

Julia Felicitas Allmann, dpa

Trockenhei­t im Intimberei­ch ist oft noch ein Tabuthema

 ?? Foto: Christin Klose, dpa ?? Gut aussehen, sich wohlfühlen, das wollen Frauen auch in den Wechseljah­ren. Doch emotionale Verstimmun­gen, Hitzewallu­ngen, Schlafstör­ungen machen vielen zu schaffen. Und: Auch Männer haben Wechseljah­rbeschwerd­en.
Foto: Christin Klose, dpa Gut aussehen, sich wohlfühlen, das wollen Frauen auch in den Wechseljah­ren. Doch emotionale Verstimmun­gen, Hitzewallu­ngen, Schlafstör­ungen machen vielen zu schaffen. Und: Auch Männer haben Wechseljah­rbeschwerd­en.

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