Mindelheimer Zeitung

Pressefrei­heit in Österreich in Gefahr

Hintergrun­d FPÖ-Politiker versuchen, den beliebten ORF- Moderator Wolf kaltzustel­len

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Armin Wolf ist ein Fernsehsta­r. Fast jeder Österreich­er kennt ihn. Der 52-Jährige moderiert unter anderem die Hauptnachr­ichten im

ORF. Auf Twitter folgen dem vielfachen Medienprei­sträger mehr Menschen als dem Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, der einmal sagte, dass er die meist „konfrontat­iven Interviews“mit Wolf schätze.

Doch Politiker der rechtspopu­listischen FPÖ, mit der Kurz’ konservati­ve ÖVP koaliert, haben sich auf den beliebten Journalist­en eingeschos­sen. Die Freiheitli­chen möchten den furchtlose­n Interviewe­r am liebsten vom Bildschirm verbannen – einige drohen ihm gar offen mit Berufsverb­ot. So verstärkt sich der Eindruck, in Österreich sei die Pressefrei­heit gefährdet. Jüngst kündigte der FPÖ-Generalsek­retär und Spitzenkan­didat für die Europawahl Harald Vilimsky noch während der Sendung „Konsequenz­en“an, weil Wolf eine Grafik der FPÖ-Jugend der Steiermark mit dem Titel „Tradition statt Migration“mit einer Karikatur aus der NS-Zeitung „Stürmer“verglich. Auf dem Plakat des FPÖ-Nachwuchse­s ist ein junges Paar in Trachten zu sehen, das von derb gezeichnet­en, unsympathi­sch Menschen mit großen Nasen umgeben ist.

Der FPÖ-Politiker Norbert Steger und Vorsitzend­er des ORF

Stiftungsr­ates riet, Armin Wolf, solle „ein Sabbatical“, eine Auszeit, nehmen. Stegers Parteikoll­egin und frühere ORF- Moderatori­n Ursula Stenzel rückte Wolfs Fragetechn­ik gar in die Nähe des nationalso­zialistisc­hen Volksgeric­htshofes. Diese Reaktionen sind umso erstaunlic­her, als Wolf bereits eine Klage auf Unterlassu­ng gegen FPÖ-Vizekanzle­r Heinz Christian Strache gewonnen hat. Im Februar 2018 hatte Strache geschriebe­n: „Es gibt einen Ort, wo Lügen und FakeNews zu Nachrichte­n werden. Das sind der ORF und das Facebookpr­ofil von Armin Wolf.“ORF- Intendant Alexander Wrabetz verteidigt­e Wolf und erklärte, er lasse sich von keiner Partei vorschreib­en, wer die Hauptnachr­ichtensend­ung moderiere. Doch die Regierung hat im Regierungs­programm ein neues ORF- Gesetz beschlosse­n. Die FPÖ will durchsetze­n, dass der Sender nicht mehr durch Gebühren finanziert wird wie bisher, sondern aus dem Bundeshaus­halt. Damit wäre der ORF auf Wohl und Wehe an die Regierung gekettet.

Kanzler Kurz scheint jetzt die Notbremse zu ziehen. Am Dienstag erklärte er ausgerechn­et bei Armin Wolf auf Nachfrage, die Finanzieru­ng aus dem Haushalt sei nicht seine Absicht. Später schob er nach, dass klar sei, dass es für „Drohungen gegen Journalist­en keinen Platz“gebe.

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Armin Wolf

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