Wie Media-Saturn in die Krise geriet
Hintergrund Unter einem Dach vereint, war der Handelsriese jahrelang auf Wachstumskurs. Doch der Online-Handel setzt dem Unternehmen hart zu. Jetzt präsentiert das neue Management einen rigiden Sparplan
Ingolstadt „Ich bin doch nicht blöd“, warb lange Jahre die Elektronikkette Media Markt für sich. „Geiz ist geil“, hieß es bei Saturn. Beide Marken gehören zum selben Unternehmen. Durch schrille Werbung ist über die Jahre ein Handelsriese entstanden. Doch mit dem Boom des Online-Handels bekam die Kette plötzlich Konkurrenz: Das Wachstum ließ nach, die Gewinne sanken spürbar. Mehrere Führungswechsel halfen kaum. Jetzt greift ein neues Management massiv durch: Jörn Werner und Karin Sonnenmoser, die im März dieses Jahres an die Spitze der MediaMarktSaturn-Muttergesellschaft Ceconomy rückten, haben ein hartes Umstrukturierungsprogramm auf den Weg gebracht. Hunderte Jobs in der Verwaltung sollen wegfallen. „Die Mehrheit entfällt auf die Einheiten Ingolstadt und München“, sagte Werner auf Nachfrage in einer kurzfristig angesetzten Telefonpressekonferenz am Dienstag.
Ziel des Programms sei es, MediaMarktSaturn wieder profitabler zu machen, erklärte Werner. Das Geschäftsmodell sei intakt. „Jüngere Kunden investieren gerne in Unterhaltungselektronik“, sagte er. „Wir haben unser enormes Potenzial aber nicht voll ausgeschöpft, daher müssen wir handeln“, erklärte er. „Das vergangene Geschäftsjahr verlief enttäuschend“, stellte Werner klar. Bei der Rentabilität sei man deutlich hinter die Wettbewerber zurückgefallen.
Der Ceconomy-Chef kündigte ein großes Umbauprogramm an, das vor allem die Verwaltung trifft: „Wir stellen die Zentrale in Deutschland schlanker auf und werden überzählige Positionen abbauen“, sagte Werner. Die Verwaltungskosten in Deutschland sollen um 20 Prozent sinken, erklärte Ceconomy-Finanzchefin Sonnenmoser. Das Ziel sei es, die jährlichen Personal- und Sachkosten um 110 bis 130 Millionen Euro zu reduzieren. An dem Sparprogramm wurde bereits längere Zeit gearbeitet.
Es könnte vor allem die Verwaltung von MediaMarktSaturn in Ingolstadt und München stark treffen. In Ingolstadt sitzt die MediaMarktSaturn-Zentrale, in München mit Redblue die Marketing-Agentur des Konzerns. In Ingolstadt beschäftigt das Unternehmen derzeit rund 3000 Mitarbeiter, in München sind es 400 bis 500. Wie groß aber könnte der Abbau sein? MediaMarktSaturnChef Ferran Reverter erklärte, dass insgesamt mit einer „mittleren dreistelligen Zahl“an Stellen zu rechnen ist. Konkreter wurde er nicht. „Wir beginnen jetzt die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern“, sagt er. „So lange können wir nicht über Zahlen reden.“Das
berichtet, dass rund 500 Stellen im Konzern abgebaut werden könnten. Die Muttergesellschaft Ceconomy in Düsseldorf hat die Einschnitte bereits hinter sich: Dort sind die 90 Stellen auf 60 reduziert worden. Auch auf Führungsebene kürzt der Konzern: Ceconomy-Chefjurist Dieter Haag Molkenteller soll das Unternehmen am 31. Mai verlassen. Die Vorstandsposition werde nicht wieder besetzt.
Die Filialen von Media Markt und Saturn seien nicht Teil des Umbauprogramms, berichteten die Manager in der Telefonkonferenz. „Die Optimierung der Standorte und Flächen ist Teil unseres täglichen Geschäfts“, sagte aber MediaMarktSaturn-Chef Ferran Reverter. Der Umbau der Verwaltung soll jedoch nur die Basis schaffen für die Neuaufstellung des gesamten Unternehmens. Erst einmal kostet der Umbau Geld: Im laufenden Geschäftsjahr fallen dafür Kosten von rund 150 bis 170 Millionen Euro an – „vor allem für die Personalmaßnahmen“, wie Finanzchefin Sonnenmoser sagte. Häufig müssen Firmen bei solchen Sparprogrammen zum Beispiel Abfindungen zahlen. Dieser Aufwand soll sich aber in weniger als eineinhalb Jahren rechnen. Ab dem Geschäftsjahr 2020/21 soll Ceconomy voll vom Sparprogramm profitieren. Betriebsbedingte Kündigungen will das Unternehmen nach eigener Aussage möglichst vermeiden.
Zum Opfer fallen dem Sparprogramm auch einige kleinere Aktivitäten. Bereits Ende des Monats soll die Streaming-Plattform Juke eingestellt werden , berichtete MediaMarktSaturn-Chef Ferran Reverter. Auch die Retail Media Group, die sich mit der Vermarktung von Kundendaten beschäftigt, wird aufgelöst. Wie viele Mitarbeiter diese Bereiche haben, wollten die Spitzenmanager nicht sagen. An einigen Stellen stellt das Unternehmen auch weiterhin ein – zum Beispiel in der Software-Entwicklung. Die Zahl der wegfallenden Stellen wird dies aber nicht kompensieren können.
Ceconomy betreibt mit den Marken Media Markt und Saturn über 1000 Elektronikmärkte in Europa, davon rund 430 in Deutschland. Der Konzern beschäftigt nach eigenen Angaben weltweit 59 000 Mitarbeiter und machte im Geschäftsjahr 2018/19 einen Umsatz von 21,4 Milliarden Euro. Davon entfielen bisher erst 2,6 Milliarden Euro auf das Online-Geschäft, das aber stark wächst. Den Eishockey-Klub ERC Ingolstadt und den abstiegsgefährdeten Zweitliga-Fußballklub FC Ingolstadt will MediaMarktSaturn als Hauptsponsor übrigens weiterhin unterstützen.