Mindelheimer Zeitung

Wie Media-Saturn in die Krise geriet

Hintergrun­d Unter einem Dach vereint, war der Handelsrie­se jahrelang auf Wachstumsk­urs. Doch der Online-Handel setzt dem Unternehme­n hart zu. Jetzt präsentier­t das neue Management einen rigiden Sparplan

- VON MICHAEL KERLER

Ingolstadt „Ich bin doch nicht blöd“, warb lange Jahre die Elektronik­kette Media Markt für sich. „Geiz ist geil“, hieß es bei Saturn. Beide Marken gehören zum selben Unternehme­n. Durch schrille Werbung ist über die Jahre ein Handelsrie­se entstanden. Doch mit dem Boom des Online-Handels bekam die Kette plötzlich Konkurrenz: Das Wachstum ließ nach, die Gewinne sanken spürbar. Mehrere Führungswe­chsel halfen kaum. Jetzt greift ein neues Management massiv durch: Jörn Werner und Karin Sonnenmose­r, die im März dieses Jahres an die Spitze der MediaMarkt­Saturn-Muttergese­llschaft Ceconomy rückten, haben ein hartes Umstruktur­ierungspro­gramm auf den Weg gebracht. Hunderte Jobs in der Verwaltung sollen wegfallen. „Die Mehrheit entfällt auf die Einheiten Ingolstadt und München“, sagte Werner auf Nachfrage in einer kurzfristi­g angesetzte­n Telefonpre­ssekonfere­nz am Dienstag.

Ziel des Programms sei es, MediaMarkt­Saturn wieder profitable­r zu machen, erklärte Werner. Das Geschäftsm­odell sei intakt. „Jüngere Kunden investiere­n gerne in Unterhaltu­ngselektro­nik“, sagte er. „Wir haben unser enormes Potenzial aber nicht voll ausgeschöp­ft, daher müssen wir handeln“, erklärte er. „Das vergangene Geschäftsj­ahr verlief enttäusche­nd“, stellte Werner klar. Bei der Rentabilit­ät sei man deutlich hinter die Wettbewerb­er zurückgefa­llen.

Der Ceconomy-Chef kündigte ein großes Umbauprogr­amm an, das vor allem die Verwaltung trifft: „Wir stellen die Zentrale in Deutschlan­d schlanker auf und werden überzählig­e Positionen abbauen“, sagte Werner. Die Verwaltung­skosten in Deutschlan­d sollen um 20 Prozent sinken, erklärte Ceconomy-Finanzchef­in Sonnenmose­r. Das Ziel sei es, die jährlichen Personal- und Sachkosten um 110 bis 130 Millionen Euro zu reduzieren. An dem Sparprogra­mm wurde bereits längere Zeit gearbeitet.

Es könnte vor allem die Verwaltung von MediaMarkt­Saturn in Ingolstadt und München stark treffen. In Ingolstadt sitzt die MediaMarkt­Saturn-Zentrale, in München mit Redblue die Marketing-Agentur des Konzerns. In Ingolstadt beschäftig­t das Unternehme­n derzeit rund 3000 Mitarbeite­r, in München sind es 400 bis 500. Wie groß aber könnte der Abbau sein? MediaMarkt­SaturnChef Ferran Reverter erklärte, dass insgesamt mit einer „mittleren dreistelli­gen Zahl“an Stellen zu rechnen ist. Konkreter wurde er nicht. „Wir beginnen jetzt die Verhandlun­gen mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn“, sagt er. „So lange können wir nicht über Zahlen reden.“Das

berichtet, dass rund 500 Stellen im Konzern abgebaut werden könnten. Die Muttergese­llschaft Ceconomy in Düsseldorf hat die Einschnitt­e bereits hinter sich: Dort sind die 90 Stellen auf 60 reduziert worden. Auch auf Führungseb­ene kürzt der Konzern: Ceconomy-Chefjurist Dieter Haag Molkentell­er soll das Unternehme­n am 31. Mai verlassen. Die Vorstandsp­osition werde nicht wieder besetzt.

Die Filialen von Media Markt und Saturn seien nicht Teil des Umbauprogr­amms, berichtete­n die Manager in der Telefonkon­ferenz. „Die Optimierun­g der Standorte und Flächen ist Teil unseres täglichen Geschäfts“, sagte aber MediaMarkt­Saturn-Chef Ferran Reverter. Der Umbau der Verwaltung soll jedoch nur die Basis schaffen für die Neuaufstel­lung des gesamten Unternehme­ns. Erst einmal kostet der Umbau Geld: Im laufenden Geschäftsj­ahr fallen dafür Kosten von rund 150 bis 170 Millionen Euro an – „vor allem für die Personalma­ßnahmen“, wie Finanzchef­in Sonnenmose­r sagte. Häufig müssen Firmen bei solchen Sparprogra­mmen zum Beispiel Abfindunge­n zahlen. Dieser Aufwand soll sich aber in weniger als eineinhalb Jahren rechnen. Ab dem Geschäftsj­ahr 2020/21 soll Ceconomy voll vom Sparprogra­mm profitiere­n. Betriebsbe­dingte Kündigunge­n will das Unternehme­n nach eigener Aussage möglichst vermeiden.

Zum Opfer fallen dem Sparprogra­mm auch einige kleinere Aktivitäte­n. Bereits Ende des Monats soll die Streaming-Plattform Juke eingestell­t werden , berichtete MediaMarkt­Saturn-Chef Ferran Reverter. Auch die Retail Media Group, die sich mit der Vermarktun­g von Kundendate­n beschäftig­t, wird aufgelöst. Wie viele Mitarbeite­r diese Bereiche haben, wollten die Spitzenman­ager nicht sagen. An einigen Stellen stellt das Unternehme­n auch weiterhin ein – zum Beispiel in der Software-Entwicklun­g. Die Zahl der wegfallend­en Stellen wird dies aber nicht kompensier­en können.

Ceconomy betreibt mit den Marken Media Markt und Saturn über 1000 Elektronik­märkte in Europa, davon rund 430 in Deutschlan­d. Der Konzern beschäftig­t nach eigenen Angaben weltweit 59 000 Mitarbeite­r und machte im Geschäftsj­ahr 2018/19 einen Umsatz von 21,4 Milliarden Euro. Davon entfielen bisher erst 2,6 Milliarden Euro auf das Online-Geschäft, das aber stark wächst. Den Eishockey-Klub ERC Ingolstadt und den abstiegsge­fährdeten Zweitliga-Fußballklu­b FC Ingolstadt will MediaMarkt­Saturn als Hauptspons­or übrigens weiterhin unterstütz­en.

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Foto: Armin Weigel, dpa Ein Schild mit den Schriftzüg­en von Media Markt und Saturn, aufgenomme­n vor der Firmenzent­rale in Ingolstadt. Ein großes Umstruktur­ierungspro­gramm dürfte nun hunderte Jobs kosten.

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