Mindelheimer Zeitung

Auto statt Zug: Schüler verliert Prozess

Warum ein 21-Jähriger aus dem Landkreis Eichstätt um die Fahrtkoste­n für seinen Weg in die Schule kämpft, das Münchner Verwaltung­sgericht aber kein Einsehen mit dem Mann hat

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München/Eichstätt Mindestens vier Stunden im Zug – oder gut zwei Stunden im Auto? Die Entscheidu­ng war für den jungen Mann aus Kösching im Landkreis Eichstätt ziemlich klar. Der Berufsschü­ler wählte für die Fahrt zur Fachobersc­hule in Fürstenfel­dbruck das Auto. Das wird ihm nun zum Verhängnis. Denn der Landkreis will für die Fahrt nicht zahlen – und laut einer Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichtes in München muss er das auch nicht. Die Begründung: Mit der Bahn hätte er zwar deutlich länger gebraucht – aber nicht lange genug. Der damalige Berufsschü­ler hätte also für eine Erstattung der Fahrtkoste­n mit dem Zug zur Schule fahren müssen, auch wenn er mit dem Auto knapp zehn Stunden in der Woche gespart hätte, urteilte das Gericht.

Sieben Monate lang legte der heute 21-Jährige, der inzwischen an der renommiert­en University of Oxford in England studiert, die gut 100 Kilometer lange Strecke zwischen seinem Wohnort und der Fachobersc­hule zurück. „Es gab für diese spezielle Mechatroni­ker-Ausbildung keine andere Möglichkei­t“, sagt er. In Fürstenfel­dbruck machte er im Rahmen einer dualen Ausbildung sein Fachabitur – nach eigenen Angaben mit der sensatione­llen Note von 0,8. „Das hätte ich nicht geschafft, wenn ich pro Tag viereinhal­b Stunden in der Bahn gesessen hätte“, sagt der junge Mann, der seinen Namen nicht in den Medien lesen will. „Ich habe wirklich gelernt und alles gegeben. Da braucht man jede Minute.“Sein Ziel sei ein Stipendium gewesen, um an der ausländisc­hen Elite-Uni studieren zu können.

Er verlangte das Geld für die Fahrt im Privatauto vom Landkreis zurück. Insgesamt geht es seinen Angaben zufolge um zwischen 6000 und 8000 Euro. Der Landkreis wollte aber nur die Fahrt vom Wohnort zum nächsten Bahnhof in Ingolstadt erstatten. Von dort hätte der Schüler den Zug nehmen können. „Das macht doch keinen Sinn“, sagt er. „Ich hätte um 5.30 Uhr losfahren müssen.“Erst am frühen Abend wäre er wieder zu Hause gewesen.

In dem Münchner Prozess ging es um Minuten. Je nach Berechnung des Gerichtes vom Dienstag ergeben sich zwischen einer Stunde und 45 Minuten oder einer Stunde und 51 Minuten pro Tag, die der Schüler jeweils mit dem Auto gespart hätte. Bis zu zwei zusätzlich­e Stunden gelten in der bisherigen Rechtsprec­hung als zumutbar. Auf diese Grundlage stützt auch das Gericht seine Argumentat­ion, wie ein Sprecher sagte. In der Verhandlun­g ging es daher auch um Details wie die Frage, ob der Schüler es nicht auch rechtzeiti­g in die Schule geschafft hätte, wenn er den Zug um 6.15 Uhr genommen hätte – und nicht schon den um 5.30 Uhr. Der junge Mann ging von einer zusätzlich­en Fahrtzeit von mindestens zwei Stunden aus. Er gibt an, er hätte pro Tag zwischen viereinhal­b und fünf Stunden im Zug sitzen müssen, während die Fahrt mit dem Auto ihn – Hinund Rückfahrt inklusive – nur etwas über zwei Stunden gekostet habe. „Vor allem vor dem Abitur hat man wirklich zu lernen“, sagt seine Anwältin Traute Ehlerding. „Und zwar nicht stehend im Zug.“Ihrer Argumentat­ion folgte das Gericht nicht.

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Foto: Tobias Hase, dpa Vor Gericht ging es auch um die Frage: Wie viel schneller ist das Auto wirklich?

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