Mindelheimer Zeitung

Kein Flug zurück aus dem Schnee

Löhne In Skandinavi­en streiken die Piloten. Ein Augsburger saß tagelang in einem winzigen Dorf fest

- VON SARAH RITSCHEL

Oslo Robert Schmid hat neun paradiesis­che Tage im Schnee erlebt. Ein Ferienhaus im norwegisch­en Nirgendwo, atemberaub­ende Skitouren nur mit einem befreundet­en Ehepaar, sonst kein Mensch weit und breit. Aber leider auch kein Flugzeug weit und breit. Der Augsburger ist ein Opfer des Pilotenstr­eiks in Skandinavi­en geworden.

Die Flugkapitä­ne der Airline SAS fordern 13 Prozent mehr Lohn, die Angebote der Fluglinie liegen meilenweit davon entfernt. Aus Protest bleiben seit Tagen tausende Flugzeuge am Boden – und die Augsburger Reisegrupp­e saß in ihrem Ferienhaus im kleinen Dorf Meistervik im Norden Norwegens fest. „Wir hingen tagelang an irgendwelc­hen Hotlines“, erzählt Schmid am Mittwoch übers Handy. „Am Freitagnac­hmittag ist der Streik bekannt geworden, unser Flug am Samstag von Tromsø wurde annulliert.“Schmid ärgert sich über die Fluglinie, die nach 500 Flügen am Mittwoch für Donnerstag weitere 280 Verbindung­en abgesagt hat. „Die SAS hat uns versproche­n, sich um einen Ersatzflug zu kümmern – und sich nie wieder gemeldet.“

Eigentlich wollten der 55-Jährige und seine zwei Mitreisend­en erst nach Oslo und danach mit der Lufthansa weiter nach München fliegen. Schmid, der hobbymäßig Skitourenf­ührer bei der Sektion Augsburg des Alpenverei­ns ist, weiß: „Auf der Strecke von Tromsø nach Oslo fliegen derzeit viele Touristen, die alle auf Skitour gehen. Ich gehe davon aus, dass in ganz Skandinavi­en noch tausende Urlauber festsitzen.“ Trotzdem ist Nordeuropa keine Touristenr­egion wie der Süden – sonst wäre der Streik wohl weit mehr diskutiert, der Druck auf SAS deutlich höher. In Norwegen setzen Unternehme­n und Gewerkscha­ft nun auf die Vermittlun­g des nationalen Schlichter­s Mats Wilhelm Ruland, die Gespräche begannen am Mittwoch. SAS zeigte sich zuversicht­lich, mit Rulands Hilfe eine Einigung zu erreichen. „Es ist der einzige Weg, den Konflikt zu lösen“, sagte eine Unternehme­nssprecher­in. Die ohnehin schon angeschlag­ene SAS will die 13 Prozent mehr Gehalt nicht zahlen, weil sie „erhebliche Kostenstei­gerungen“nach sich ziehen würden, die „langfristi­g die Wettbewerb­sfähigkeit des Unternehme­ns und damit die Arbeitsplä­tze aller SAS-Mitarbeite­r gefährden“.

Tourengehe­r Robert Schmid ist seit Dienstag zurück in Augsburg. Nachdem ein zweiter Flug ersatzlos gestrichen worden war, habe die Gruppe „die Reißleine gezogen“und auf eigene Faust einen Rückflug von einem anderen Flughafen mit Norwegian Airlines und Lufthansa gebucht. „Zum Glück. Ansonsten säßen wir immer noch fest.“Allein der neue Flug habe 400 Euro pro Person gekostet, dazu kam eine ebenso hohe Taxirechnu­ng, plus Verlängeru­ng für das Ferienhaus. „Wenn wir das Geld nicht zurückbekä­men, würde das mein Rechtsempf­inden extrem beeinträch­tigen.“

 ?? Foto: Johan Nilsson, dpa ?? Mehr als 4000 Flüge hat die Airline SAS seit dem vergangene­n Freitag gestrichen. Über 350 000 Passagiere saßen in Norwegen, Schweden und Dänemark fest. Auch Verbindung­en nach Deutschlan­d fielen dem Streik zum Opfer.
Foto: Johan Nilsson, dpa Mehr als 4000 Flüge hat die Airline SAS seit dem vergangene­n Freitag gestrichen. Über 350 000 Passagiere saßen in Norwegen, Schweden und Dänemark fest. Auch Verbindung­en nach Deutschlan­d fielen dem Streik zum Opfer.
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Robert Schmid

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