Mindelheimer Zeitung

Diskrimini­erend aber richtig

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Das Urteil des Internatio­nalen Sportgeric­htshofes CAS ist diskrimini­erend. Das sagt nicht Caster Semenya, die südafrikan­ische Mittelstre­ckenläufer­in, die im Mittelpunk­t des Verfahrens stand – das sagen die Richter selbst. Ihr Urteil richtet sich gegen Frauen – und Semenya ist durch einen Geschlecht­stest belegt eine Frau – mit ausgeprägt­en männlichen Zügen. Die Südafrikan­erin sieht aus wie ein Mann und läuft wie ein Mann. Dafür kann sie nichts. Anders als die Ostblock-Athletinne­n der 70er und 80er Jahre, die männliche Hormone schluckten, bis der Bart spross, sind Semenya & Co. mit einem erhöhten Testostero­nwert geboren. Sie trägt keine Schuld an jenem Vorteil, den ihr die Natur ver

schafft hat. Genauso wenig, wie der Basketball­spieler, der sich auf 2,35 Meter ausgewachs­en hat. Kein Gericht käme auf die Idee, ihn für seinen Größenvort­eil zu verurteile­n. Caster & Co. aber müssen ihren Testostero­nspiegel medikament­ös unter einen Grenzwert absenken. Wer laufen will, muss also schlucken. Andernorts im Sport sind Medikament­e Beschleuni­ger, hier sollen sie bremsen. Glückliche Skispringe­r: Die herunterge­hungerten Leichtgewi­chte kommen mit gekürzten Brettern davon. So diskrimini­erend und fragwürdig das CAS-Urteil ist – so alternativ­los ist es. So lange es den Wettkampfs­port gibt, so lange bleibt ihm nicht mehr übrig, als sich fairen Bedingunge­n anzunähern. Wer Caster Semenya jenseits des Grenzwerte­s laufen gesehen hat, muss einräumen, dass das nicht fair ist.

VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

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