Mindelheimer Zeitung

Der Ärger ums Handspiel

Fußball Die Auslegung der Regel ist einer der Aufreger der Saison. Der DFB sieht seine Schiedsric­hter zu Unrecht in der Kritik. Im Juni tritt eine Änderung in Kraft

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Berlin Lucien Favre redete sich in Rage. Nach der Dortmunder Derby-Niederlage gegen Schalke 04 sprach der BVB-Coach wegen der Elfmeteren­tscheidung vom „größten Skandal im Fußball seit Jahren“. Auch andere Trainer sind mit der derzeitige­n Auslegung äußerst unzufriede­n.

Warum ist die Handspielr­egel so komplizier­t?

Das Problem: Der Gesetzeste­xt in den internatio­nalen Fußball-Regeln ist nicht eindeutig. Die Ausführung in Regel 12 erlaubt dem Schiedsric­hter nicht nur Interpreta­tionen, sie verlangt sie sogar. Dort heißt es: „Ein Handspiel liegt vor, wenn ein Spieler den Ball absichtlic­h mit der Hand oder dem Arm berührt. Folgendes ist zu berücksich­tigen: die Bewegung der Hand zum Ball (nicht des Balls zur Hand), die Entfernung zwischen Gegner und Ball (unerwartet­er Ball), die Position der Hand (das Berühren des Balls an sich ist noch kein Vergehen).“

Wieso sorgt der Video-Schiedsric­hter nicht für Klarheit?

So deutlich der Video-Assistent bei Abseitsfra­gen helfen kann, so schwammig bleibt sein Urteil beim Handspiel. Letztlich kann auch im Kölner Keller oft nur interpreti­ert werden, ob das Handspiel strafbar ist. Die Problemlös­ung wird also quasi nur verlagert. Da viele früher nicht wahrgenomm­ene oder nicht geahndete Handspiele nun durch den Eingriff des Video-Assistente­n überhaupt erst diskutiert werden, bekommt das Thema eine viel größere Bedeutung.

Wie reagiert der DFB?

So viel Transparen­z in Schiedsric­hter-Fragen war beim DFB lange Zeit nicht selbstvers­tändlich: Nach dem Pfiff in Dortmund ließ der Verband seine Referee-Chefs Lutz Michael Fröhlich und Jochen Drees in einem Interview auf der eigenen Homepage die Lage erörtern. Im Gegensatz zum öffentlich als falsch deklariert­en Elfmeterpf­iff für Bayern München im Pokalhalbf­inale bei Werder Bremen stand das Duo diesmal den Referees allerdings aus fachlicher Sicht zur Seite. Drees sprach als Projektlei­ter für die Video-Referees von einem „positiven Wochenende“. Fröhlich, Sportliche­r Leiter der Elite-Schiedsric­hter, konnte den Vorwurf einer „wirren“Regelausle­gung „nicht nachvollzi­ehen“. Er versprach, künftig offen mit möglichen Fehlern umzugehen.

Was sind die Vorschläge der Bundesliga-Trainer?

Einvernehm­lich plädieren die Bundesliga-Coaches für eine einheitlic­he Auslegung der Handregel. Über den Weg dorthin gibt es aber unterschie­dliche Auffassung­en. Die klare Regel: Hand ist immer Hand, nannte Leverkusen­s Peter Bosz in der

Sport Bild als Option, Wolfsburgs Bruno Labbadia lehnte dies ab und will Elfmeterpf­iffe wie Friedhelm Funkel (Düsseldorf) nur bei einer Bewegung der Hand zum Ball. Julian Nagelsmann (Hoffenheim) forderte eine Entschlack­ung der Regel und ein Eingreifen der Referees nur bei klar absichtlic­hen Handspiele­n.

Gibt es Aussicht auf eine Verbesseru­ng des Regelwerks?

Das Internatio­nal Football Associatio­n Board (IFAB) als einzig zuständige Instanz hat sich bei seiner Sitzung Anfang März auf Präzisieru­ngen der Handspielr­egel verständig­t. Das Problem: Die bislang bekannten Ausführung­en, die am 1. Juni in Kraft treten werden, sind so schwammig wie die bestehende­n Regeln. Was genau präzisiert werden soll, ist weiter unklar.

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Foto: dpa Wann ist Handspiel strafbar? Keine einfache Entscheidu­ng.

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