Den Schmerz verstehen und bekämpfen
Gesundheit Etwa jeder zweite Jugendliche leidet regelmäßig unter Kopfweh, das ihn oft auch im Alltag beeinträchtigt. An der Ottobeurer Klinik kann man lernen, damit umzugehen
Ottobeuren Wenn das Gehirn mit Informationen und Reizen überlastet wird, dann schlägt er oft zu: der Kopfschmerz. Und das nicht nur bei Erwachsenen. Immer öfter sind auch Kinder und Jugendliche betroffen – etwa jeder Zweite kämpft regelmäßig damit. Deswegen gibt es seit Kurzem an der Schmerztagesklinik in Ottobeuren eine Kopfschmerzgruppe für junge Menschen zwischen elf und 17 Jahren – eines der wenigen Angebote dieser Art in Süddeutschland.
„Die Gruppe ist vor allem für Kinder und Jugendliche gedacht, bei denen der Kopfschmerz die Lebensqualität beeinträchtigt. Bei vielen kommt es zu Fehltagen in der Schule, einige haben auch Probleme im sozialen Umfeld. Sie ziehen sich aus Spiel und Sport zurück und machen weniger mit ihren Freunden“, sagt Dr. Horst Hartje. Mit Martin Wiedemann bildet er die Chefarztriege der Schmerzklinik. „Kinder und Jugendliche haben heute statistisch gesehen häufiger Kopfschmerzen, als das noch vor 50 Jahren der Fall war. Das hat auch etwas mit dem veränderten Tagesablauf zu tun. Früher sind viele nach den Hausaufgaben zum Spielen rausgegangen, haben hierdurch Ausgleich erfahren und Anspannung abbauen können. Heute ist alles verdichteter“, erläutert Wiedemann. Viele
Kinder hätten einen zu vollen Terminkalender, dazu kämen die Reizüberflutung durch die Medien und der schulische Druck.
Ziel der Therapie sei es, den Kopfschmerz zu verstehen, ihm vorzubeugen und zu verhindern, dass er chronisch wird. Acht Wochen lang trifft sich die Gruppe immer mittwochs für vier Stunden. Mit dabei sind Ärzte, Physiotherapeuten, Psychologen und Entspannungstrainer.
„Entspannungstechniken, Bewegung und Ausdauer sind wichtig“, sagt Hartje. Die häufigsten Beschwerden seien Spannungskopfschmerzen und Migräne. Die jungen Leute lernten, diese zu unterscheiden und damit umzugehen. „Was wir hier erarbeiten, hilft mir, in der Schule besser zurechtzukommen“, sagt die 16-jährige Muriel, eine der sieben Teilnehmer. Sie alle haben wegen der Kopfschmerzen häufig Fehltage, bei manchen ist die Ver
setzung bedroht. Ein Teil der Therapie ist das sogenannte Biofeedback: Die Teilnehmer werden mit Stresssituationen konfrontiert, zum Beispiel auf einem Bein stehen oder Wörter mit Q aufsagen. Via Smartphone können sie dann sehen, wie ihr Körper auf welche Art von Stress reagiert – und sie lernen, wie sie diesen unter Kontrolle bringen können. Ein wichtiger Punkt dabei ist beispielsweise die richtige Atemtechnik.
Auf dem Programm stehen auch ein Tag im Hochseilgarten und Gespräche mit Eltern. Nach den acht Wochen sollten die Teilnehmer genug gelernt haben, um auf den Alltag vorbereitet zu sein. Im Herbst, sagt Hartje, werde wohl eine zweite Gruppe gebildet. Es gebe Nachfragen von Kinder- und Hausärzten. Sie schicken Patienten aus dem ganzen Allgäu nach Ottobeuren.
OKontakttelefon