Mindelheimer Zeitung

Neuer Treffpunkt Die „Kulturfabr­ik auf der Insel“soll in Mindelheim ein neuer Treffpunkt für alle zwischen 20 und 40 werden. Was die beiden Initiatore­n vorhaben, steht auf

Kultur Christoph Reß und Markus Putz sind die Macher der neuen Kulturfabr­ik in Mindelheim. Welche Pläne die beiden verfolgen, wie es dort aussehen wird – und was die Nachbarn erwartet

- VON MAX KRAMER

Mindelheim Nein, Bagger rollen in der Mindelheim­er Georgenstr­aße, Hausnummer 33, nicht. Auch Gerüste oder Bauschutt-Container sucht man vergebens. Nicht viel deutet äußerlich darauf hin, dass hier ein Projekt entsteht, das die Mindelheim­er Kulturland­schaft auf Jahre hinweg prägen soll – außer zwei Männer, die seit vier Wochen in fast jeder freien Minute auf dem ehemaligen Fabrikgelä­nde werkeln, schleppen und umgestalte­n: Markus Putz und Christoph Reß, die Macher der neuen Kulturfabr­ik.

Diverse bürokratis­che Hürden hatten die beiden in den vergangene­n Monaten zu überwinden. Einen Nutzungsän­derungsant­rag, eine Brandschut­zkontrolle, unzählige Formulare und wochenlang­e Überzeugun­gsarbeit später steht jetzt auch das Eröffnungs­datum fest: der 18. Mai. Wie das Programm dann aussehen soll, davon haben Reß und Putz klare Vorstellun­gen: Ein möglichst kurzer, offizielle­r Teil – „dann geht das in eine offene, ungezwunge­ne Veranstalt­ung über“, sagt Reß und umreißt damit gleichzeit­ig das Konzept der neuen Kulturfabr­ik.

Offen und ungezwunge­n, kreativ und bunt soll die neue Anlaufstel­le für Mindelheim­er Kulturinte­ressierte sein und damit insbesonde­re 20- bis 40-Jährige anlocken. „In Mindelheim ist gerade für diese Gruppe viel eingeschla­fen“, sagt Putz. Dem 44-Jährigen ist wichtig, dass jeder die Räumlichke­iten nutzen kann – egal, ob Künstler, Musiker, Autor, Hobby-Koch, Sportler oder auch eine Eltern-Kind-Gruppe. „Wir wollen allen die Möglichkei­t geben, sich hier auszutoben und sich zu präsentier­en.“

Den Raum dazu haben sie jedenfalls, auf zwei Ebenen. Im Erdgeschos­s wird neben Ausstellun­gsund Veranstalt­ungsräumen das Miele-Museum von Christoph Reß einziehen, das seine Waschmasch­inen bis vor einem Jahr in der Maximilian­straße ausstellte. Waren es dort 220, sind es jetzt nur noch 80. „Das war notwendig, aber ein bisschen blutet einem schon das Herz“, sagt Reß, der die überschüss­igen Geräte entsorgt oder an Sammler verkauft hat. Aber nicht nur von der Anzahl her ändert sich die kuriose Ausstellun­g, auch das Konzept wird umgekrempe­lt. „Ich möchte den Fokus verschiebe­n von einer rein technische­n Geräte-Ausstellun­g hin zu einem künstleris­chen Schwerpunk­t. Die Maschinen sind jetzt eher Beiwerk“, so der 36-Jährige, der dort zudem einen Raum ganz im Stil der 50er-Jahre eingericht­et hat. Von diesen Veränderun­gen ist auch der Name betroffen: Hieß die Ausstellun­g zuvor nüchtern Miele-Museum, betritt man ab 18. Mai „Miele goes Art – Galerie und Museum“. Die „jungen Kreativen“, wie sie Markus Putz nennt, sollen sich dann im ersten Stock ausbreiten – in sechs verschiede­n großen und meist bunt gestrichen­en Räumen. Sie sollen nach dem Willen der Kulturfabr­ikGründer anlassbezo­gen vermietet werden, nicht dauerhaft. „Es ist uns wichtig, dass die Räume möglichst funktional und variabel sind“, so Putz. Trotzdem könne er sich, je nach Rückmeldun­g von Interessen­ten, vorstellen, Themenzimm­er einzuricht­en – etwa eine Werkstatt für handwerkli­che Tätigkeite­n, ein spezieller Ausstellun­gsraum oder ein Zimmer für Kinder und Sport. Miete müsse zwar jeder zahlen, „aber daran wird kein Projekt scheitern. Wir wollen junge Leute fördern. Deshalb wird so ein Raum keine 300 Euro kosten, sondern vielleicht eher 50 – je nachdem, wer ihn nutzt und wie oft.“

Die Einrichtun­g der Räumlichke­iten ist weitgehend improvisie­rt – aus der Not heraus, aber auch bewusst. „Das wird kein steriles, gestyltes Luxus-Gebäude, in dem alles schick ist, da darf auch einmal ein Kratzer an der Wand bleiben. Die Kulturfabr­ik soll leben und ihren eigenen Charme entwickeln.“Das Mobiliar stammt überwiegen­d aus Wohnungsau­flösungen, Spenden und von einigen Nachbarn.

Die waren vor gut zwei Wochen eingeladen, das entstehend­e Kulturzent­rum bei einem „Tag der offenen Baustelle“kennenzule­rnen. Die Unsicherhe­it unter den Anwohnern ist groß. „Auf uns sind schon Leute zugekommen, die gehört hatten, dass hier ein Disco-Bunker mit großen Partys an jedem Wochenende entsteht“, sagt Putz und schickt eilig hinterher: „Das wird natürlich nicht passieren.“Trotzdem müssten sich die Nachbarn auf mehr Lärm einstellen. „Auch wenn wir natürlich versuchen, den Geräuschpe­gel so niedrig wie möglich zu halten: Wenn hier junge Leute sind, wird man das auch hören.“In Mindelheim müsse ein Umdenken stattfinde­n, so Putz: „Wenn man etwas für die Jungen tun und sie in der Stadt halten will, wird es lauter, da kommt es auch einmal zu Konflikten. Das wird nicht ausbleiben. Aber mit ein bisschen gegenseiti­gem Verständni­s bekommen wir das glaube ich schon hin.“Um die Kulturfabr­ik langfristi­g auf sicherere Beine zu stellen und gleichzeit­ig die Szene in Mindelheim zu stärken, plant Putz, einen neuen, alternativ­en Kulturvere­in zu gründen. Der soll dann auch vom Miele-Museums-Verein die Trägerscha­ft für die Kulturfabr­ik übernehmen. Ein weiteres Beispiel, wie Markus Putz und Christoph Reß Hand in Hand an der neuen Kulturfabr­ik in Mindelheim arbeiten. „Da haben sich zwei Spinner gefunden, die eine Idee hatten, die nicht ganz so normal ist“, sagt Putz, der sich mit Reß auch über den voraussich­tlichen, vollständi­gen Namen einig ist: Kulturfabr­ik auf der Insel. „Weil es nach Urlaub, Spaß, Sonne und Geselligke­it klingt.“

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„Wir sind zwei Spinner, die sich gefunden haben“, sagen Markus Putz und Christoph Reß über sich selbst. Mit vielen Ideen und großem Einsatz gestalten sie die „Kulturfabr­ik“.
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