Mindelheimer Zeitung

Merkel besucht gefährlich­sten Bundeswehr-Einsatz

Afrika Unter außergewöh­nlichen Sicherheit­svorkehrun­gen dankt die Kanzlerin den deutschen Soldaten in Mali

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Gao Vieles ist anders als bei den mehr als zehn früheren Afrika-Reisen von Angela Merkel seit der Flüchtling­skrise 2015. Auf dem Trip der Kanzlerin durch Burkina Faso, Mali und Niger geht es nicht wie sonst vor allem um den Kampf gegen illegale Migration und kriminelle Schleuserg­ruppen. Bis diesen Freitag in Niger steht für die 64-Jährige in ihrer vierten und letzten Kanzlersch­aft vor allem im Mittelpunk­t, die Sahel-Kernstaate­n zu stabilisie­ren. Das ist bitter nötig angesichts eines sich ausbreiten­den islamistis­chen Terrorismu­s, gewaltsame­n ethnischen Auseinande­rsetzungen und Milizenher­rschaft in der bitterarme­n Region.

Migration spielt in den aktuellen afrikanisc­hen Zielländer­n Merkels so gut wie keine Rolle derzeit, jedenfalls nicht als Herkunftsl­änder von Migranten, die in Richtung Europa und Deutschlan­d ziehen. Vieles hat sich geändert in den vergangene­n Jahren gerade im Raum von Agadez, der Stadt in der nigrischen Wüste, die in der Hochzeit der Flüchtling­skrise Drehscheib­e für die dramatisch­en Menschenst­röme aus den westafrika­nischen Herkunftsl­ändern war. Die europäisch­en und deutschen Programme dort haben gegriffen, vorerst zumindest – auch wenn man es nun mit Ausweichro­uten zu tun hat.

Doch die – wenn auch oft minimalen – Fortschrit­te sind bedroht, gerade durch den sich im Dreiländer­eck Mali-Burkina Faso-Niger ausbreiten­den islamistis­chen Terrorismu­s von Al-Kaida-Gruppen oder solchen, die sich dem Islamische­n Staat nahe fühlen. In der bitterarme­n Sahel-Region sieht die Kanzlerin wohl auch das bedroht, was sie in den vergangene­n Jahren in oft mühsamer Kleinarbei­t erreicht hat. Auch deswegen dürfte Merkel bei ihrer Reise so oft auf ein Stichwort gegenüber den Präsidente­n der Region setzen: Ertüchtigu­ng. Schließlic­h geht es irgendwie auch um ihr eigenes Vermächtni­s.

Direkt nach der Ankunft in Burkina Faso am Mittwochab­end berät Merkel in der Hauptstadt Ouagadougo­u mit den fünf Präsidente­n der Regionalor­ganisation G5 Sahel über das Thema. Wie kann die G5-Anti-Terror-Truppe, die bis zu 5000 Soldaten stark sein soll, endlich schlagkräf­tiger werden? Und wie können die Sahel-Länder die oft komplizier­ten EU-Genehmigun­gsmechanis­men für bereitlieg­ende Entwicklun­gsgelder schneller als bisher überwinden? Die Afrikaner und die Deutsche haben großen Redebedarf, die Arbeitssit­zung dauert gut eineinhalb Stunden länger als geplant. Beide Seiten sind auch einig: Ohne eine Lösung der LibyenKris­e werde auch im Sahel keine Stabilität einkehren. Wie gefährlich und mühsam eine Stabilisie­rungsmissi­on in der Region ist, besichtigt Merkel Donnerstag­nachmittag und besucht die 850 deutschen Soldaten der UN-Stabilisie­rungsmissi­on Minusma im nordmalisc­hen Gao.

„Die Mission ist schwierig“, sie gehöre zu den gefährlich­sten Einsätzen der Bundeswehr weltweit, sagt Merkel bei Temperatur­en von fast 50 Grad während ihres Besuches im Camp Castor.„Das ist schon speziell“, betont sie mit Blick auf das Arbeitsumf­eld der deutschen Soldaten. „Das sind hier Bedingunge­n, die wir in Deutschlan­d ja nicht so kennen.“Der Einsatz fordere von den Soldaten erhebliche­s Anpassungs­vermögen und erhebliche­n Anpassungs­willen, sagte die Kanzlerin anerkennen­d.

Im Camp Castor bleibt Merkel nur kurz, weil die Lage dort außergewöh­nlich gefährlich ist. Anders als sonst sind auf dieser Reise auch nicht nur die üblichen Personensc­hützer der Kanzlerin dabei. Eine Handvoll Spezialkrä­fte der Bundeswehr für besondere Auslandsei­nsätze reist mit. Die voll ausgerüste­ten Männer in beiger Wüstentarn­kleidung sollen auch in Gao für die nötige Portion Extrasiche­rheit sorgen. Die Mission in Gao gilt derzeit als gefährlich­ster Einsatz der Bundeswehr weltweit.

Den komfortabl­en Regierungs­Airbus „Theodor Heuss“ließ Merkel in Ouagadougo­u zurück und stieg in den neuen – teils pannengefä­hrdeten – deutschen Truppentra­nsporter vom Typ A400M. Sicherheit­shalber, so war zu hören, hatte die Luftwaffe noch eine alte, aber bewährte Maschine vom Typ „Transall“bereitgeha­lten – für den Fall, dass der neue Flieger doch eine Macke haben sollte.

Jörg Blank und Jürgen Bätz, dpa

 ?? Foto: M. Kappeler, dpa ?? Hoher Besuch in Camp Castor: Bundeskanz­lerin Angela Merkel trifft bei Temperatur­en um 50 Grad die Bundeswehr-Einheit im Krisenstaa­t Mali.
Foto: M. Kappeler, dpa Hoher Besuch in Camp Castor: Bundeskanz­lerin Angela Merkel trifft bei Temperatur­en um 50 Grad die Bundeswehr-Einheit im Krisenstaa­t Mali.

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