Mindelheimer Zeitung

Europa in 24 Stunden

Doku zeigt Alltag junger Menschen

- VON DANIEL WIRSCHING

Dass ein Sender 24 Stunden lang nichts anderes zeigt als eine Dokumentat­ion, ist immer noch außergewöh­nlich. Neu ist es allerdings nicht mehr. An Pfingsten 2017 etwa strahlte das öffentlich-rechtliche BR Fernsehen „24h Bayern – Ein Tag Heimat“aus. Das Experiment glückte, der BR sprach von „sensatione­llen“Quoten – 5,3 Millionen Zuschauer hatte die Echtzeit-Doku über den Alltag von Menschen im Freistaat bundesweit. An diesem Samstag wird nun „24h Europe – The Next Generation“ausgestrah­lt, auf ARD-alpha von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr am Sonntag. Wieder geht es um den Alltag – diesmal von Menschen zwischen 18 und 30. Wieder geht es auch um das Thema Heimat, und wieder ist Volker Heise – preisgekrö­nter Erfinder des „24h“-Formats – mitverantw­ortlich für das Projekt. Es zeigt 24 Stunden im Leben 60 junger Europäer aus 26 Ländern.

Um Vollständi­gkeit geht es hierbei nicht. Heise spricht vom „Mut zur Lücke“und erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion: „Wir wollten Europa aus der Perspektiv­e der jungen Leute erzählen. Weil uns bewusst geworden ist, dass die Alten über Europa bestimmen. Die Zukunft Europas liegt aber bei den Jungen, und die sind in der Minderheit.“Ausgewählt wurden diese jungen Menschen, die im geografisc­hen Europa leben wie der 22-jährige Flüchtling Bilal in Odelzhause­n im Kreis Dachau, nach einem Kriterium: Inwiefern stehen sie für gegenwärti­ge Megatrends? Zum Beispiel den der Migration.

„Wir haben auch eine junge serbische Ärztin aus Belgrad gefilmt, die dort keinen Job findet. Sie geht schweren Herzens nach Bayern, nach Schwandorf. Und an dem Tag, an dem sie Belgrad verlässt, haben wir sie begleitet“, erläutert Heise die Herangehen­sweise des Großprojek­ts mehrerer europäisch­er Sendeansta­lten. Gedreht wurde im Juni 2018 mit 45 Teams. Das Prinzip: Was um 6 Uhr geschieht, wird auch um 6 Uhr ausgestrah­lt. Heise findet, dass man mit der Ausdehnung des Formats auf Europa nicht an eine Grenze stoße. Er sei gespannt darauf, wie nun die Zuschauer darauf reagieren: Machen sie die filmischen Sprünge zwischen Paris und Magnitogor­sk mit?, fragt er sich. Und hofft, dass die Zuschauer erleben, wie komplizier­t Europa sei. „Es gibt unheimlich viele Kulturen auf doch sehr engem Raum. Damit sie friedlich koexistier­en können, bedarf es großer Anstrengun­gen.“Wenn in der Ukraine ein Schuss falle, höre man den auch in Deutschlan­d, sagt Volker Heise.

TV-Tipp Neben ARD-alpha senden Arte und das rbb Fernsehen die Doku komplett – nur mit einer kurzen Unterbrech­ung für Nachrichte­n. Das BR Fernsehen zeigt sie am Samstag von 6 bis 13.30 Uhr und von 23.30 Uhr bis sonntags um 6 Uhr. Die Einschaltq­uoten stünden nicht im Vordergrun­d, erklärt der BR auf Anfrage. Vor wegweisend­en Europawahl­en stelle der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit „24h Europe“seinen Dienst an der Öffentlich­keit unter Beweis.

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Foto: SWR, zero one, Maurice Weiss Einer von 60 jungen Europäern: Sandor aus Ungarn. Er möchte Lehrer werden.

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