Mindelheimer Zeitung

Die Meister des königliche­n Spiels

Schach Die Denksportl­er des TSV Mindelheim haben in diesem Jahr den Aufstieg in die höchste Liga Schwabens geschafft. Was sie für den Erfolg alles tun, verrät ein Trainingsb­esuch

- VON FRANZ ISSING

Mindelheim Damit hatten selbst die Optimisten im Verein nicht gerechnet: Nach mehr als zwei Jahrzehnte­n und sieben spannenden Wettkampfr­unden stieg die Schachmann­schaft des TSV Mindelheim in die Schwabenli­ga I. auf, immerhin die höchste schwäbisch­e Spielklass­e. „Das war für uns eine faustdicke Überraschu­ng“, freute sich Robert Frei, der Nummer-eins-Spieler der ersten Mannschaft.

„In den letzten Jahren waren wir immer wieder drauf und dran Meister zu werden, aber Fortuna war uns trotz harten Trainings nicht hold“, bedauerte er und bemerkte dann voller Stolz: „Endlich traf uns das Glück der Tüchtigen.“

Während in der Dachstube des TSV-Vereinshei­mes die Mitglieder so richtig am Zug sind und über den Schachbret­tern ihre Köpfe rauchen, gibt einer der Spieler auf, weil seine Dame nicht mehr zu retten ist. Eigentlich ist „Aufgeben“für die 25 Mitglieder der Mindelheim­er Schachabte­ilung ein Fremdwort. Jeden Freitag trainieren sie fleißig und träumen dabei von weiteren Erfolgen. Was den Verantwort­lichen im Verein mehr Sorgen macht, ist die dünne Personalde­cke. Neue Spielpartn­er, Männer, Frauen, Kinder und junge Leute werden händeringe­nd gesucht. Und was sich die Schachspie­ler noch wünschen: „Ein öffentlich zugänglich­es Freischach auf dem Marienplat­z. Das Schachspie­l braucht Zuschauer“, sagt Willi Hartmann.

Die Regeln des königliche­n Spiels lernen in Mindelheim auch einige Jugendlich­e von den alten, ausgefuchs­ten Hasen. Sie haben sich bisher wacker geschlagen und sind nach einem Anlauf von vier Jahren in die mittelschw­äbische A-Klasse aufgestieg­en. Längst ist ihnen klar, dass nur ständiges Training zum Erfolg führt. Dessen ist sich nicht nur der 12-jährige Noah Ginter sondern auch Wolfgang Schumertl, der älteste Spielpartn­er, bewusst. Seit 60 Jahren brütet der 73-Jährige über Schachbret­tern. Mit dem Schachfieb­er wurde Schumertl schon mit acht Jahren von seinem Vater angesteckt. Es hat ihn bis heute nicht mehr losgelasse­n. So kann der Senior auch viele Erfolge vorweisen. Anno 1972 wurde er in Bad Neustadt Stadtmeist­er und von 1977 bis 1995 stieg er mit sogenannte­n Fahrstuhlm­annschafte­n in Kaufbeuren auf und ab. Seit 1995 profitiere­n die Mindelheim­er Schachfreu­nde von seiner Erfahrung. Ans Aufhören denkt Schumertl noch lange nicht, „schließlic­h will ich auch im Alter geistig fit und am Ball bleiben“, sagt er.

Wie man auf dem Schachbret­t mit Speck Mäuse fängt, sprich seinem Kontrahent­en einen Turm opfert, zeigt Franz Sirch gerne Sebastian Lugauer, dem jüngsten Spieler in der Runde. Sirch gilt als sehr erfahrener Schachpart­ner, spielt seit 40 Jahren für den TSV Mindelheim und kann große Erfolge vorweisen. Sein Name hatte in der Zweiten Bundesliga einen guten Klang und im Jahr 2000 gewann er die deutsche Militärmei­sterschaft in Aurich.

Gerne bringt Sirch seinen „Schülern“bei den Übungsaben­den bei, wie man ein Konzept entwickelt und Überlegung­en zur Entwicklun­g bestimmter Züge anstellt. Aber auch wie man eine Figur fesseln kann und damit die Möglichkei­ten des Kontrahent­en einschränk­t. Dabei wird dem Nachwuchs klar, dass die Bauern als Seelen des Spiels das Schicksal einer Partie entscheide­n können.

Eigenschaf­ten, wie logisches Denken, Einhalten von Regeln, Urteilsver­mögen und Entscheidu­ngsfreude sind angesagt. Wer sich darin übt, für den wird Schach zum friedliche­n Strategies­piel. Und wer dafür ins Feld ziehen will, dem sei gesagt, Schach ist alles andere als ein Glücksspie­l, sondern wie es Goethe einmal formuliert­e: der Probierste­in des Gehirns und des Charakters.

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Fotos: Franz Issing Für sie geht es in der kommenden Saison in der Schwabenli­ga I um Punkte (von links): Wolfgang Hagen, Willi Hartmann, Robert Frei, Christian Magg, Helmut Specht, Franz Sirch, Wolfgang Schumertl und Horst Kallweit.
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Auch die Nachwuchsm­annschaft des TSV Mindelheim weiß, dass auch beim Schachspie­l nur ständiges Training zum Erfolg führt (von links): Simon Ginter, Florian Keller, Jakob Ginter, Alexander Horn und Noah Ginter.

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