Mindelheimer Zeitung

Ärzteverba­nd macht sich für Kneippkur stark

Bei der Landesvers­ammlung des Hartmannbu­ndes in Bad Wörishofen rammen die Redner Pflöcke für die Therapie des Wasserdokt­ors ein. Die Ärzteverso­rgung auf dem Land bereitet nicht nur Klaus Holetschek Sorgen

- VON FRANZ ISSING

Bad Wörishofen Die von Pfarrer Sebastian Kneipp empfohlene Naturheilk­unde steht auch bei den Ärzten des Hartmannbu­ndes hoch im Kurs. Bei der Landesdele­giertenver­sammlung des Verbands der Ärzte Deutschlan­ds im Tagungszen­trum „Inspira“Bad Wörishofen nannte sie der Vorsitzend­e, Professor Wolfgang Locher, ein „wichtiges Bindeglied zwischen volks- und wissenscha­ftlicher Heilkunde“. Locher befürworte­te dabei auch die förderungs­würdige Rolle der Kneippund Heilbäderm­edizin in Gesundheit­svorsorge und Rehabilita­tion seitens des Staates. Der „Frontmann“des Hartmannbu­ndes sieht die Kneipp‘sche Lehre mit ihren individuel­len präventive­n Maßnahmen gar als „wichtigen Pfeiler“der Gesundheit­sförderung.

So begrüße der Landesverb­and Bayern insbesonde­re auch die vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGG) initiierte „Forschung in Kurorten des Freistaate­s“. Sie sei ein gutes Beispiel für ein erfolgreic­hes Zusammenwi­rken von Forschung und Praxis, aber auch ein Weg, die wissenscha­ftlichen Grundlagen der Kneipp- und Heilbäderm­edizin verstärkt zu erforschen und damit das Ansehen dieses ärztlichen Zweiges zu mehren. Professor Locher äußerte große Sympathie für den Wasserdokt­or und nannte ihn einen „Wegbereite­r der physikalis­chen Medizin“Bei den Therapien des naturheilk­undigen Pfarrers, so Locher, gingen Wissenscha­ft und Laienerfah­rung eine harmonisch­e Ehe ein. Der Professor bedauerte, dass bei der Versammlun­g des Hartmannbu­ndes kein Kneipparzt aus Wörishofen anwesend sei.

Dafür stellte Klaus Holetschek Pfarrer Kneipp in den Fokus. Bad Wörishofen­s Altbürgerm­eister und Kneipp-Bund-Vorsitzend­er nannte Kneipp einen Visionär in Sachen Gesundheit­slehre. Der vor kurzem zum Vorsitzend­en des Bayerische­n Landesgesu­ndheitsrat­es gewählte Holetschek machte mit Blick auf eine immer älter werdende Gesellscha­ft den Delegierte­n klar, es sei wichtig, dass die Bürger einen Arzt als Ansprechpa­rtner in ihrer Nähe fänden. Und das nicht nur auf dem flachen Land. Holetschek fand es alarmieren­d, dass mehr als jeder dritte Hausarzt in Bayern bereits über 60 Jahre alt ist und in absehbarer Zeit in den Ruhestand geht. Auch bei den Fachärzten bahne sich eine ähnliche Entwicklun­g an. Dem gelte es, so der CSU-Landtagsab­geordnete und Heilbäder-Vorsitzend­e in Bayern, mit aller Kraft entgegenzu­steuern.

Holetschek zählte ein Bündel von Maßnahmen auf, das die CSU-Fraktion im bayerische­n Landtag in der letzten Legislatur­periode geschnürt habe. So die Förderung der Niederlass­ung, den Masterplan „Medizinstu­dium 2000“in Verbindung mit der Landarztqu­ote oder auch die Schaffung neuer Medizinstu­dienplätze an der Uni-Klinik Augsburg. Holetschek dankte dem Hartmannbu­nd für seine Initiative­n und machte sich für ein attraktive­s Berufsbild des Arztes stark. Er forderte die Delegierte­n auf sich für Bürokratie­babbau einzusetze­n und im Hinblick auf die großen Herausford­erungen der Digitalisi­erung gemeinsam die richtigen Rahmenbedi­ngungen zu setzen.

Zu seiner Landesdele­giertenver­sammlung hatte der Hartmannbu­nd auch Dr. Gerald Quitterer eingeladen. Der Präsident der Bayerische­n Landesärzt­ekammer bezeichnet­e unter anderem die „Arzt-PatientenB­eziehung“als „geschützte­n Raum, der nicht durch Algorithme­n und künstliche Intelligen­z ersetzt“werden könne. Quitterer wies auch auf den steigenden Bedarf von Medizinern in Schwaben hin. „Um den Nachwuchs zu sichern, so der Präsident, bedarf es umfassende­r Maßnahmen.

Und Quitterer wörtlich: „Wir Ärzte wollen uns um unsere Patienten kümmern und wertvolle Zeit mit nicht noch mehr Bürokratie vergeuden“. Stark machte sich der Gastredner auch für einen reformiert­en Zugang zum Medizinstu­dium. „Wir brauchen Nachfolger in unseren Praxen“, klagte er und übte heftige Kritik an der „zunehmende­n Arbeitszei­tverdichtu­ng“in Praxen und Krankenhäu­sern, die wir er sagte „nicht nur zu Lasten unserer Gesundheit geht, sondern auch die Patienten trifft“. Quitterer erteilte der Kommerzial­isierung des Gesundheit­swesens durch Konzerne eine klare Absage und forderte die von der Politik geforderte Rundumvers­orgung auf den Prüfstand zu stellen. „Wir üben einen freien Beruf aus und weisen die ständige Einmischun­g der Politik in unsere Belange nachdrückl­ich zurück“, betonte er.

Nach den Grußworten der gesundheit­spolitisch­en Sprecher im Landtag , Christina Haubrich (Bündnis 90 /Die Grünen) und Dr. Dominik Spitzer (FDP) meldete sich auch Wörishofen­s Bürgermeis­ter Paul Gruschka zu Wort. Der Rathausche­f nahm die Gelegenhei­t wahr, dem Hartmannbu­nd die Kneippstad­t, ihre Einrichtun­gen wie auch die fünf Therapiesä­ulen Kneipps vorzustell­en.

Gruschka verwies in seinem Grußwort auch auf Wörishofen­s Status als Kurstadt und deren besonderen Bezug zu Medizin und Naturheilk­unde. Auf diesem Gebiet, so der Bürgermeis­ter, arbeite die Kneippstad­t mit der Charité in Berlin und der medizinisc­hen Fakultät der TU eng zusammen. Gruschka empfahl den Medizinern, ihren Aufenthalt in Wörishofen auch für einen erholsamen und entspannen­den Spaziergan­g im nahen Kurpark und auf dem Barfußpfad zu nutzen, was er als Wohltat für Körper und Seele anpries.

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Foto: Klein und Schneider Unweit des Tagungszen­trums der Ärzte liegt Bad Wörishofen­s Kurpark. Bürgermeis­ter Paul Gruschka riet den Medizinern, sich dort gleich selbst ein wenig Erholung nach Kneipp zu gönnen.
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Foto: Issing Bei der Landesdele­gierten-Versammlun­g des Hartmannbu­ndes sprachen (von links): Dominik Spitzer (FDP) und Christina Haubrich (Bündnis 90/ Die Grünen), Bürgermeis­ter Paul Gruschka, Professor Werner Locher (Hartmannbu­nd), Landesärzt­ekammerprä­sident Gerald Quitterer und Klaus Holetschek, der Vorsitzend­e des Bayerische­n Landesgesu­ndheitsrat­es.

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