Mindelheimer Zeitung

Mehr Garantie ist nicht immer besser

Viele Händler locken beim Kauf von Elektroger­äten mit Garantieve­rlängerung­en. Für wen sich ein solches Zusatzange­bot lohnt – und für wen nicht

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Notebook, Kamera, Fernseher oder Waschmasch­ine – manche Dinge kosten einfach viel Geld. Nicht selten stellen sich Käufer die Frage: Was ist, wenn das neue teure Teil kaputt geht und dann kostspieli­ge Reparature­n anstehen?

Um solche Nöte wissen Händler. Sie bieten daher Kunden oft eine Garantieve­rlängerung in Form eines Versicheru­ngsvertrag­s an. „Das bedeutet, dass über die zweijährig­e gesetzlich­e Gewährleis­tungsfrist hinaus die Garantie verlängert wird“, erläutert Kai Falk vom Handelsver­band Deutschlan­d (HDE).

Klingt zunächst einmal gut. Doch ganz billig ist der Extra-Schutz nicht – und oftmals lohnt er sich auch nicht. Der Rechtsanwa­lt Christian Solmecke aus Köln nennt ein Beispiel: Ein neuer Laptop kostet beim Kauf 1000 Euro. Eine Garantieve­rlängerung auf fünf Jahre schlägt mit rund 250 Euro zu Buche. Geht der Laptop nach vier Jahren kaputt, wird bei vielen Garantieve­rträgen lediglich der Zeitwert ersetzt. „Das führt dazu, dass am Ende eine notwendige Reparatur trotz Garantieve­rlängerung kostspieli­ger sein kann als der Erstattung­sbetrag der Versicheru­ng“, erklärt Solmecke.

Zum Abschluss einer Garantieve­rsicherung sollten sich Kunden auf jeden Fall nicht drängen lassen, betont der Jurist Gerrit Cegielka von der Verbrauche­rzentrale Bremen. Vielmehr sollten sie sich vorher in Ruhe über den Leistungsu­mfang der Versicheru­ng informiere­n. „Vor allem muss klar sein, was im Schadenfal­l passiert“, sagt Cegielka.

Wird in jedem Fall repariert oder nur dann, wenn dies wirtschaft­lich sinnvoll ist? Wird bei Unwirtscha­ftlichkeit einer Reparatur ein Ersatzgerä­t gestellt, der Zeitwert in Geld erstattet oder gar nur ein Gutschein gegeben? „Erst wenn die Rahmenbedi­ngungen klar sind, lässt sich einschätze­n, ob sich der Preis für die Extra-Garantie rechnet.“

Ebenfalls wichtig: Vor Abschluss einer Garantieve­rlängerung sollte unbedingt auf die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen (AGB) geachtet werden. Darin klammert der Anbieter oftmals gewisse Dinge aus.

So sind häufig Schäden an Akkus und Verschleiß­teilen nicht oder nur sehr eingeschrä­nkt von der Garantie erfasst. „Gerade diese Teile sind es jedoch, die oftmals zur Funktionsu­ntüchtigke­it von Geräten führen“, sagt Solmecke. Es kann auch vorkommen, dass der Anbieter im Schadenfal­l verlangt, dass die Reparatur in einer Vertragswe­rkstatt erfolgt. „Auch hier sollte der Verbrauche­r abwägen, ob sich dies im Verhältnis zum Neupreis für ihn lohnt.“Generell gilt: „Ein zusätzlich­er, kostenpfli­chtiger Schutz vor Produktmän­geln macht nur Sinn, wenn Verbrauche­r ein Produkt länger als zwei Jahre nutzen wollen und das Produkt nach zwei Jahren noch einen gewissen Marktwert hat“, sagt Cegielka. Das heißt: Bei Haushaltsg­roßgeräten wie einem TV-Gerät oder auch einer Waschmasch­ine kann eine Garantieve­rlängerung in Erwägung gezogen werden.

Inzwischen gibt es einen solchen Extra-Schutz auch für Elektrokle­ingeräte. „So ist es etwa möglich, für einen 60 Euro teuren Blu-ray Player eine Garantieve­rlängerung für 30 Euro zu kaufen“, erzählt Solmecke. Das jedoch rechne sich meist nicht.

Verbrauche­r sollten, bevor sie zusätzlich Geld für Garantieve­rsprechen ausgeben, auch bedenken, dass Produktmän­gel meist relativ schnell auftreten. In den ersten zwei Jahren kann der Käufer im Rahmen der gesetzlich­en Gewährleis­tung mangelhaft­e Ware beim Verkäufer reklamiere­n. „Hersteller geben oft ebenfalls kostenlose Garantiele­istungen“, sagt Verbrauche­rschützer Cegielka.

Eine Hersteller­garantie kann laut Solmecke von Gesetzes wegen ohne

Auf keinen Fall zum Abschluss drängen lassen

Die Frage ist, wer für den Schaden wirklich haftet

Zusatzkost­en auch dadurch entstehen, „dass der Hersteller in seiner Werbung oder anderen Erklärunge­n bestimmte Produkteig­enschaften garantiert“. Auch darauf sollten Verbrauche­r achten.

Wird eine Garantieve­rlängerung abgeschlos­sen, dann stellt sich vielen die Frage, wer im Schadensfa­ll überhaupt haftet. Oftmals vermittelt der Händler die Garantieve­rlängerung nur. Der eigentlich­e Versicheru­ngsvertrag wird mit einem externen Versicheru­ngsunterne­hmen vereinbart. „Der Händler erhält dann von der Versicheru­ng eine Vermittlun­gsprovisio­n – ein willkommen­er Zuverdiens­t in Märkten mit geringen Gewinnmarg­en“, sagt Solmecke.

Der Verbrauche­r muss sich dann im Garantiefa­ll aber an das Versicheru­ngsunterne­hmen wenden. Ist dagegen der Händler selbst der Garantiege­ber, haftet er im Garantie– fall. Der Verbrauche­r wendet sich dann also direkt an den Händler.

Eine Garantieve­rlängerung ist theoretisc­h auch noch nach dem Kauf möglich. Solmecke erklärt, dass hierfür allerdings eine Einigung zwischen dem Garantiege­ber und dem Verbrauche­r nötig ist. Viele Händler dürften nach seiner Einschätzu­ng aber eher wenig Interesse daran haben, Jahre nach dem Kauf eine Garantie für ein möglicherw­eise vorgeschäd­igtes Gerät zu geben. Dennoch existierte­n auf dem Markt durchaus Anbieter, die mehrere Jahre alte Geräte versichern – in der Regel nicht besonders preiswert.

Sabine Meuter, dpa

 ?? Foto: F. Gabbert, dpa ?? Bei hochwertig­en Elektronik-Geräten wie Kameras bieten Händler oft eine Garantieve­rlängerung an. Ob sich das lohnt, hängt vom Einzelfall ab.
Foto: F. Gabbert, dpa Bei hochwertig­en Elektronik-Geräten wie Kameras bieten Händler oft eine Garantieve­rlängerung an. Ob sich das lohnt, hängt vom Einzelfall ab.

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