Mindelheimer Zeitung

Beziehungs­streit endet mit Hammer und Schere

Ein junges Paar streitet sich im Badezimmer, dann eskaliert die Situation. Der Mann aus dem Landkreis Unterallgä­u nimmt ein Messer und sticht in der Tiefgarage zu

- VON MICHAEL LINDNER

Unterallgä­u Die 25-jährige Frau sitzt voller Angst in ihrem Auto in der Tiefgarage. Die Türen hat sie verriegelt, neben dem Wagen steht ihr damaliger Freund. Der kräftige 25-Jährige schlägt mit der Faust gegen die Scheibe der Beifahrert­ür. Er möchte, dass sie wieder aussteigt – was sie nach einiger Zeit auch tut. Denn eine echte Alternativ­e hat sie nicht.

Das Paar hat sich wenige Minuten zuvor in der gemeinsame­n Wohnung in Königsbrun­n gestritten, mal wieder. Als die Frau gegen 22 Uhr ein Bad nehmen wollte, soll der Angeklagte sie aus der Wanne gezogen und ihr Handy ins Wasser und auf den Boden geworfen haben. Schließlic­h zahle er das Wasser, soll der Mann gesagt haben; das zumindest sagt die 25-Jährige vor Gericht aus. Die Frau zog sich also wieder an, ging in die Tiefgarage und wollte wegfahren. Ihr Freund war aber bereits dort und wartete auf sie. Mit einem Messer, das er zuvor aus der Küche holte, stach der inzwischen im Landkreis Unterallgä­u lebende Angeklagte mehrmals zu. So lange, bis alle vier Reifen vom Auto der Frau platt waren. Das alles geschah, während die Frau noch in der Wohnung war.

Sie setzte sich ins Auto, bemerkte die platten Reifen und stieg ohne große Wahl zu haben – sie konnte weder wegfahren, noch hatte sie ein Telefon – aus dem Wagen. Ihr Freund nahm einen Spitzhamme­r und schlug mehrfach auf das Auto ein. Die 25-Jährige flüchtete zu Fuß, kehrte aber nach einiger Zeit zurück. „Das war meine Wohnung. Ich wollte die Nacht noch durchziehe­n und am nächsten Tag zur Polizei gehen“, sagte die Frau bei der Verhandlun­g am Augsburger Amtsgerich­t. Als sie in der Wohnung auftauchte, ging der Streit von vorne los. Der Mann nahm eine Schere und zerschnitt mehrere ihrer Kleidungss­tücke.

Am nächsten Morgen standen zwei Streifenbe­satzungen der Polizei vor der Tür des Paares. Ein Nachbar hatte diese gerufen, als er das demolierte Auto und Blutspuren im Hausflur sah – woher das Blut stammte, konnte auch während der Verhandlun­g nicht geklärt werden. Die Beamten gingen in die Wohnung des Angeklagte­n, der nur in Unterwäsch­e bekleidet die Türe öffnete. Dort fanden die Polizisten überall auf dem Boden Kleidungss­tücke, Kosmetikar­tikel und Glasscherb­en. Die Polizisten fuhren zur Arbeitsste­lle der 25-Jährigen, dort brach die Frau nach kurzer Zeit zusammen, erinnerte sich eine Beamtin vor Gericht. Da die Frau Angst vor ihrem Partner hatte, sprachen die Polizisten gegen den Mann ein 14-tägiges Kontaktver­bot aus und nahmen ihm den Wohnungssc­hlüssel ab.

Der Angeklagte zeigte sich vor Gericht geständig. Der Streit habe sich hochgescha­ukelt, die sieben bis acht getrunkene­n Bier hätten ihr Übriges getan, sagte der 25-Jährige. Bereits drei Monate zuvor gab es einen anderen Vorfall. Damals warf der Mann das Handy seiner Freundin vom ersten Stock ins Erdgeschos­s. Was danach geschah, stritt er allerdings ab. Er soll die Frau dreimal mit dem Hinterkopf gegen die Tür des Kleidersch­ranks geschlagen haben. Die junge Frau wiederholt­e vor Gericht die Vorwürfe gegen ihren Ex-Freund. Als sie bei der Verhandlun­g Bilder von dem Kleidersch­rank und den zerschnitt­enen Kleidern sah, flossen bei ihr Tränen. An welchem Tag genau sie gegen den Schrank geschlagen worden sei, wusste sie nicht mehr. Aber an die Schmerzen erinnere sie sich noch gut.

Während der Staatsanwa­lt eine 16-monatige Bewährungs­strafe forderte, plädierte Verteidige­r Florian Schwarz auf eine Geldstrafe, da die Körperverl­etzung seiner Ansicht nach nicht nachgewies­en wurde.

Richterin Sandra Dumberger verurteilt­e den 25-Jährigen wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung, versuchter Nötigung und Sachbeschä­digung zu einer Bewährungs­strafe von zwölf Monaten. Der nicht vorbestraf­te Angeklagte habe eine „massive Zerstörung­swut“gezeigt. Zudem muss der Mann 1500 Euro an eine gemeinnütz­ige Institutio­n zahlen. Noch während der Verhandlun­g erklärte sich der Angeklagte außerdem bereit, 3000 Euro wegen des von ihm mit dem Hammer beschädigt­en Autos zu überweisen.

Ein Nachbar sah Blutspuren im Flur und das demolierte Auto

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