Scholz setzt sich an den Küchentisch
Finanzminister muss Geld zusammenhalten
Berlin In einfachen Zeiten ist es leicht gesagt: Die schwarze Null soll stehen, ein Bundeshaushalt ohne neue Schulden. Doch jetzt fühlt sich Olaf Scholz auf die Probe gestellt. Das sagt der Finanzminister selbst: „Eigentlich kommt doch jetzt die Probe: Jetzt wird festgestellt, ob das alles Sprüche waren oder ob wir es ernst gemeint haben.“Denn die Zeiten schier unendlich sprudelnder Steuereinnahmen sind erst mal vorbei. Der Staat wird in den nächsten Jahren viele Milliarden weniger einnehmen, als man noch vor kurzem dachte. Da laufe es dann in der Bundesregierung genau wie in einer Familie, sagt Scholz am Donnerstag: Wenn man weniger einnimmt als erhofft, dann muss man sich am Küchentisch „zusammensetzen und das begucken“. Die Zeiten, in denen sich jeder Minister wünschen konnte, was er wollte, sind vorbei.
Denn zwar steigen die Steuereinnahmen in Deutschland weiter – von einer echten Krise will Scholz deshalb auch nicht sprechen. Doch die Steuerschätzer gehen davon aus, dass Bund, Länder und Kommunen bis 2023 insgesamt 124,3 Milliarden Euro weniger einnehmen, als man noch im Herbst erwartet hatte.
Dass Scholz nicht die Schweißperlen auf der Stirn stehen, liegt vor allem daran, dass er einen Großteil der Einbußen im Frühjahr schon in die Eckwerte seines Etats eingepreist hatte. Trotzdem bleibt eine Lücke von 10,5 Milliarden Euro in der Finanzplanung allein des Bundes bis 2023. Eine „ordentliche Summe“, sagt Scholz, aber auch eine Dimension, „die man gut bewältigen kann“. Doch dafür müsse man in der Bundesregierung, aber auch mit Ländern und Kommunen enger zusammenrücken. Sich wie eine Familie an den Tisch setzen und über Ausgabenpläne reden. Schauen, welche Projekte vielleicht aufgeschoben werden können. Was aus Scholz’ Sicht nicht auf der Strecke bleiben darf: „sozialer Zusammenhalt, Infrastruktur, Bildung und Forschung“. Mehr Prioritäten will er sich nicht entlocken lassen.