Mindelheimer Zeitung

Trachtensh­ow für die Royals

Besuch Zu Ehren von Prinz Charles und Herzogin Camilla zeigt sich München traditione­ll bayerisch. Die Fans sind so begeistert von den beiden, dass der Ministerpr­äsident Bodyguard spielt

- VON SARAH RITSCHEL UND LASMA REIMANE

München Es prallt, knallt und schallt ihnen entgegen, sobald der Sicherheit­smann im dunklen Anzug und mit Sonnenbril­le die Tür der königliche­n Limousine öffnet: Blasmusik, Gamsbärte, Böllerschü­sse – alles in zigfacher Ausführung, alles für Charles, Prinz von Wales, und seine Frau Camilla. So that’s Bavaria!

Die rund 1000 Bayern zumindest, die sich entlang des roten Teppichs auf dem Münchner Max-JosephPlat­z versammelt haben, lieben die britischen Royals. Dass die Reihen schon ein paar Meter entfernt von der Absperrung deutlich lichter werden, merken Charles, Camilla und das Ministerpr­äsidenten-Ehepaar Söder in diesem Moment wohl gar nicht. Die Fans am etwa 200 Meter langen roten Teppich schwenken Fähnchen, kreischen und zücken ihre Handys, als würde ein Popstar vorbeigehe­n. So wild recken sich die Hände nach Charles im Nadelstrei­fenanzug und Camilla im cremefarbe­nen Kleid, dass Markus Söder eher wie ein Bodyguard wirkt, wenn er die beiden vom Ankunftspu­nkt vor dem Nationalth­eater in Richtung Residenz lotst.

Königshäus­er sind aus der Zeit gefallen und gehören längst abgeschaff­t? Das denkt hier keiner – bis auf die Frau in Schottenho­se, die etwas abseits steht, die Kapuze in die Stirn gezogen hat und murmelt: „Die kosten doch nur Geld.“

Anna-Lena Oppenlände­r aus Königsbrun­n im Landkreis Augsburg sieht das anders. Die Jugendlich­e ist immer noch ganz zittrig. Sie hat gerade Prinz Charles die Hand geschüttel­t. „Ich war so aufgeregt, ich habe mich gar nicht schnaufen trauen.“Die Jugendlich­e ist mit dem Altbayrisc­h-Schwäbisch­en Gauverband da, in dem sich mehr als 30 Traditions­vereine zusammenge­schlossen haben. „Camilla hat gesagt, sie mag mein Lächeln“, erzählt Anna-Lena Oppenlände­r. Andere Besucher mögen ihre Tracht, deswegen muss auch sie an diesem Tag für Fotos mit Zaungästen posieren. Warum sie Charles und Camilla schätzt? „Die beiden haben schon so viel miteinande­r erlebt“, sagt sie bewundernd. Gleichzeit­ig findet sie es gut, dass die Royals mit der Zeit gehen, dass sie auf Instagram sind, „dass sie ihre Rolle heute freier gestalten“. So denken viele hier. „Volksnah“sei die Königsfami­lie heute, diesen Satz hört man entlang des roten Teppichs immer wieder. Die Royals als nahbare Menschen mit eigenen Überzeugun­gen – das kommt gut an bei Leuten wie Gudrun Bauer, die mit ihrer Tochter auf den Platz vor der Residenz gekommen ist. „Ich finde Charles sympathisc­h – und mir gefällt, dass er sich für biologisch­e Ernährung einsetzt.“Das ist dem Thronfolge­r auch bei seinem Bayern-Besuch wichtig. An diesem Freitag besucht er die Herrmannsd­orfer Landwerkst­ätten, die Lebensmitt­el aus ökologisch­er Erzeugung produziere­n.

Inzwischen scheint die Sonne über dem roten Teppich. Pünktlich zur Ankunft der königliche­n Gäste hatten die Regenwolke­n sich verzogen, Gabriela Wimmer hat ihren britisch-rot-weiß-blauen Schirm wieder geschlosse­n. In ihrer Hand flattern kleine Union Jacks, als sie den Grund für ihre Liebe zum Königshaus erklärt. In Zeiten des Brexit steht es auch für Kontinuitä­t. „Ich interessie­re mich sehr für die britische Geschichte.“Und die britischen Monarchen sind seit Jahrhunder­ten ein Teil davon.

Der künftige König und seine Gattin haben mittlerwei­le hunderte Hände geschüttel­t, lauschen mit den Söders am Eingang der Residenz dem Windsbache­r Knabenchor und „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Die Staatsgäst­e müssen zumindest zum nächsten Termin – ins Hofbräuhau­s, wo sich regelmäßig Senioren zum Tanzen treffen. Charles und Camilla wagen sich Berichten zufolge auf die Tanzfläche, nippen kurz an einer Maß Bier, bekommen mit ihren Namen versehene Krüge geschenkt und für den neugeboren­en Enkel eine Minilederh­ose. So that’s Bavaria.

Münchner Fans finden die Royals „volksnah“

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Fotos: Peter Kneffel/dpa, Lasma Reimane, Sarah Ritschel Hunderte Trachtler säumten den roten Teppich. Dass Dirndl und Lederhosen zur bayerische­n Tradition gehören, dürften Prinz Charles und Herzogin Camilla schon vorher gewusst haben.
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Gabriela Wimmer interessie­rt sich für die britische Geschichte.
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