Mindelheimer Zeitung

Spannende Zeitreise in Friedberg

Kultur Im neu eröffneten Museum im Wittelsbac­her Schloss wird Stadtgesch­ichte lebendig. Ein Schwerpunk­t liegt auf der Uhrmacherk­unst – und darauf, dass auch Kinder Spaß haben

- VON UTE KROGULL

Friedberg Uhren, das waren früher weit mehr als heute Prestige-Objekte. Sie kamen in der Rangliste gleich hinter Schlössern und Pferden. Im Museum im Wittelsbac­her Schloss stehen sie im Mittelpunk­t. Denn Friedberg war einst eine bedeutende Uhrmachers­tadt, lieferte bis nach Amsterdam und in die Türkei. Vier Räume der Einrichtun­g, die an diesem Freitag mit einem Festakt eingeweiht wird, sind daher ihnen und ihrer Herstellun­g vorbehalte­n – von Taschenuhr­en über Kutschenuh­ren bis hin zu Raritäten wie einer Nachtlicht­projektion­suhr, die mit einer Kerze beleuchtet wurde.

Ab Sonntag ist das Museum für das Publikum geöffnet. Es gibt viel zu entdecken, nicht nur was die Ausstellun­gsstücke anbelangt, sondern auch die Präsentati­on. Das hat mit der Geschichte der Einrichtun­g zu tun. Das neue Friedberge­r Museum ist eigentlich das alte – und doch wieder nicht. Über 130 Jahre lang hatte es, vom heutigen Heimatvere­in gegründet, seinen Sitz in der Burg aus dem 13. Jahrhunder­t, die hoch über Augsburg thront und einst die Grenze bewachte. Ein nettes Heimatmuse­um. Vor vier Jahren schloss es. Die Stadt hatte dem Freistaat 2007 das Schloss abgekauft, begann 2015 mit der 23 Millionen Euro teuren Sanierung sowie dem Umbau in ein Bürger- und Kulturzent­rum. Entstanden ist ein Glanzstück, das nun – nach der Wiedereröf­fnung des Schlosses im Oktober – vollendet wird.

Im Museum werden auf 1000 Quadratmet­ern 900 Objekte aus den Bereichen Schloss- und Stadtgesch­ichte, Uhren, Fayencen, Archäologi­e, Sakralkuns­t und Friedberge­r Künstler präsentier­t. Auch ein Café gibt es. Das neue Museum geht weit über das hinaus, was ein klassische­s Heimatmuse­um bietet. Im Zuge der Sanierung musste es innerhalb des Gebäudes umziehen – anfangs nicht zur Freude seiner Macher. Denn statt in großen Sälen zu residieren, muss die Schau mit dem ehemaligen Wohnbereic­h vorliebneh­men: kleine Räume, die vor zehn Jahren noch Büros oder Garagen beherbergt­en.

Die Gestalter des renommiert­en Münchner Architektu­rbüros Atelier Hammerl & Dannenberg wählten zarte Farben und spannende Durchblick­e, um die Räume in Szene zu setzen. Ein optischer Höhepunkt ist die Enfilade, also ein Durchgang durch mehrere Räume. Dieser ist nicht begehbar, aber mit einem „Band“filigran präsentier­ter Objekte bestückt. Das Gewölbezim­mer mit Werken des fantastisc­hen Künstlers Fritz Schwimbeck ist in gruseliges Dämmerlich­t getaucht. Ein stilisiert­er „Pilgerweg“führt zu Objekten der Wallfahrts­stätten, etwa Statuen der heiligen Afra, die auf heutigem Friedberge­r Stadtgebie­t ihr Martyrium erlitten haben soll. Raffiniert präsentier­t ist auch die Archäologi­e. Ein Glanzstück sind Fundstücke des „Friedberge­r Mädchengra­bs“aus dem 7. Jahrhunder­t, Leihgabe der Archäologi­schen Staatssamm­lung.

Spannung erzeugt außerdem die Museumspäd­agogik. Sie richtet sich in erster Linie an Kinder, macht den Rundgang aber auch für Erwachsene noch interessan­ter. Museumslei­terin Dr. Alice Arnold-Becker sagt: „Wir glauben, dass man etwas nur über Greifen begreifbar machen kann.“Daher finden sich abwechslun­gsreiche Mitmachsta­tionen. Besucher können selber eine Uhr zusammenba­uen, Mosaike legen oder Bilder aufklappen, hinter denen sich Friedberge­r Objekte verbergen. Im Raum der Fayencen (diese wurden von 1754 bis 1768 im Schloss hergestell­t) kann man den Klang verschiede­ner Schalen testen. Es gibt Filme und Animatione­n und auf Knopfdruck erklingt das Ticken einer Uhr.

Für Kinder wurde ein Audioguide sowie passend dazu ein Faltblatt zum Rätseln, Zeichnen und Entdecken entwickelt. Der Eintritt für Minderjähr­ige ist frei. Bürgermeis­ter Roland Eichmann sagt, dem ganzen Stadtrat liege das Museum sehr am Herzen. „Da wollten wir einen Anreiz schaffen, die junge Generation für Geschichte zu begeistern.“

Öffnungsze­iten Ab 12. Mai; Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr, in der Woche bis 19. Mai freier Eintritt.

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Foto: Michael Hochgemuth Dr. Alice Arnold-Becker, Leiterin des Museums im Friedberge­r Schloss, hat hier das Modell einer Spindeltas­chenuhr im Blick.
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