Mindelheimer Zeitung

Ethikrat zieht „rote Linie“

Forschung Experten lehnen gentechnis­che Veränderun­gen des Erbguts von Ungeborene­n ab

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Berlin Der Deutsche Ethikrat hält gezielte gentechnis­che Veränderun­gen des Erbguts ungeborene­r Babys bis auf Weiteres für unzulässig. Solche Eingriffe seien wegen ihrer unabsehbar­en Risiken derzeit unverantwo­rtlich, teilte das unabhängig­e Beratergre­mium am Donnerstag mit. Bundesregi­erung und Bundestag sollten sich für einen verbindlic­hen internatio­nalen Stopp klinischer Anwendunge­n beim Menschen einsetzen. Grundsätzl­ich ethisch auszuschli­eßen seien sogenannte Keimbahnei­ngriffe aber nicht. Voraussetz­ung müsste dann jedoch eine hinreichen­de Sicherheit und Wirksamkei­t sein. Auch in Deutschlan­d sei eine grundlegen­de Debatte über das Thema nötig.

Für weltweite Empörung hatte die im November 2018 in China bekannt gegebene Geburt der ersten „Designer-Babys“gesorgt. Der chinesisch­e Wissenscha­ftler He Jiankui verkündete, die beiden Zwillingsm­ädchen durch eine vorgeburtl­iche genetische Manipulati­on lebenslang vor einer Ansteckung mit HIV geschützt zu haben. Der Vorsitzend­e des Ethikrats, der Theologe Peter Dabrock von der Universitä­t Erlangen-Nürnberg, machte die Dimension deutlich: „Es gibt den Menschen nun als GVO, als gentechnis­ch veränderte­n Organismus.“Der ungeheuren Dynamik der Entwicklun­g gelte es, Rechnung zu tragen.

Der Ethikrat hatte bereits 2017 mit Arbeiten für die nun vorgelegte Stellungna­hme begonnen. Dabei gehe es um mehr als eine Abschätzun­g von Risiko und Chancen, sagte Dabrock. Konkret benennt das Gremium ethische Maßstäbe, die als Orientieru­ng dienen sollen – darunter sind die Menschenwü­rde oder das Vermeiden von Schädigung­en. Daraus ergebe sich „keine kategorisc­he Unantastba­rkeit der menschlich­en Keimbahn“, sagte Alena Buyx von der Technische­n Universitä­t München. Mit einem globalen Moratorium seien nicht die Aktivitäte­n „jeder Hütte“zu kontrollie­ren. Dies sei aber „eine rote Linie“. Jeder, der dagegen verstoße, bewege sich außerhalb des akzeptiert­en Standards.

Andreas Lob-Hüdepohl von der Katholisch­en Hochschule für Sozialwese­n Berlin erläuterte, dass es zu manchen Aspekten auch unterschie­dliche Auffassung­en gebe. So könnten Geneingrif­fe Paaren mit schweren Erbkrankhe­iten die Chance auf ein gesundes Kind eröffnen. Für eine Minderheit im Rat sei das Ziel legitim, aber nicht hochrangig genug, um Aufwand und Risiken für Kinder und Kindeskind­er zu rechtferti­gen.

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Foto: dpa Der Chinese He Jiankui will bei Zwillingen das Erbgut – hier ein Modell der DNA – verändert haben.

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