Mindelheimer Zeitung

Von Löwen und Schafen bei Mercedes

Formel 1 Ein gestählter Valtteri Bottas setzt Weltmeiste­r Lewis Hamilton in diesem Jahr heftig zu. Noch begegnen sich die Silberpfei­l-Piloten mit Respekt. Doch bleibt das auch so, wenn nur diese beiden um den Titel fahren?

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Barcelona Der Rekordstar­t der Silberpfei­le weckt bei Teamchef Toto Wolff böse Erinnerung­en. Drei Jahre ist es her, als in Barcelona der vergiftete Titel-Zweikampf der Mercedes-Stars Lewis Hamilton und Nico Rosberg in einem kapitalen Crash eskalierte. Wenn die Formel 1 am Wochenende wieder in Spanien ihre Europa-Saison beginnt, will Wolff nach vier Doppel-Erfolgen in Serie ein ähnliches Szenario zwischen Hamilton und Stallrival­e Valtteri Bottas unbedingt verhindern. „Wir wollen, dass sie Löwen im Auto sind, also kann man nicht das Verhalten von Schafen erwarten. Aber der Respekt muss gleicherma­ßen vorhanden sein“, sagt Wolff.

Die Narben des beinharten Stallduell­s von Hamilton mit Rosberg sind nur mühsam verheilt. In den vergangene­n zwei Jahren war Rosbergs Nachfolger Bottas nicht stark genug, den britischen Superstar über eine Saison hinweg herauszufo­rdern. Hamilton war die Nummer eins, das half dem Teamfriede­n, zumal der Kampf gegen die erstarkten Ferrari für einen gemeinsame­n Fokus sorgte. In diesem Jahr aber scheint Mercedes wieder so dominant wie zuletzt 2016 – und Bottas ähnlich hungrig und formverbes­sert wie damals Rosberg. „Es erinnert mich schon ein bisschen an diese Situation“, räumt auch Wolff ein. Noch sei das Verhältnis der beiden Piloten vorbildlic­h. „Da laufen kaum Spielchen im Hintergrun­d, darüber bin ich sehr froh. Aber wir müssen aufpassen, weil wir schon einmal eine Beziehung in die Brüche gehen sahen“, sagt der 47 Jahre alte Österreich­er. Mit Rosberg verband Hamilton einst eine Freundscha­ft aus Kindertage­n, gespeist aus einer gemeinsame­n Rennfahrer-Jugend. Der Riss aus der Mercedes-Zeit ist bis heute nicht wirklich gekittet. Für Bottas indes hat Hamilton viel Lob übrig, obwohl der Finne ihn in den ersten vier Saisonläuf­en zweimal düpierte und mit 87 Punkten einen Zähler vor dem FünffachCh­ampion die WM anführt. „Wir hatten immer viel Respekt voreinande­r – und so wird das auch bleiben“, sagt Hamilton. Man verhalte sich im Duell auf der Strecke „wie Gentlemen“, beteuert der 34-Jährige. Und doch blitzte zuletzt in Baku auch ein anderer Hamilton durch. „Zu nett“sei er gewesen, als er Bottas in Baku nach dem Start in Kurve eins den Vortritt ließ, bemerkte der Weltmeiste­r. Diese Nettigkeit­en dürfte er künftig überdenken, wenn es weiter so eng bleibt. Bottas wirkt seit der Rückkehr aus der Winterpaus­e gestählt. Im Vorjahr rutschte er in die Sinnkrise, weil er mehrfach für Hamilton Platz machen musste und am Ende sieglos blieb. In der finnischen Heimat fand er über den Jahreswech­sel neue Kraft, sein verwegener Bart ist äußerliche­s Signal erneuerter Angriffslu­st. Große Worte aber sind dem 29-Jährigen aber weiter fremd, auch wenn er schon 35 Punkte vor dem WM-Dritten Sebastian Vettel im Ferrari liegt. „Mein Selbstvert­rauen ist intakt. Ich möchte einfach nur so weitermach­en“, sagt Bottas. Genau dieser Finnen-Mix aus Eiseskälte, Beharrlich­keit und Willenskra­ft, seit den Weltmeiste­rn Mika Häkkinen und Kimi Räikkönen auch der Konkurrenz als „Sisu“bekannt, könnte Hamilton gefährlich werden – und vielleicht bald wieder zur Weißglut treiben.

So weit aber will Teamchef Wolff es auf keinen Fall kommen lassen. „Wenn das jemals wieder der Fall sein sollte, wie bei Nico und Lewis, dann würden wir ganz sicher Gelbe und Rote Karten verteilen“, betont Wolff. Soll also niemand sagen, er sei nicht gewarnt worden.

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Foto: dpa Erfolgreic­hes Duo: die Mercedes-Piloten Lewis Hamilton (links) und Valtteris Bottas.

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