Mindelheimer Zeitung

Neue Ära im Klostermus­eum

Benediktin­er Leben der Ottobeurer Mönche soll anschaulic­her präsentier­t werden, zum Beispiel mit Videos. Warum auch eine „Riech-Orgel“zum Konzept gehört. Bürger können Ideen einbringen

- VON THOMAS SCHWARZ

Ottobeuren Die sehenswert­e Allgäuer Museumslan­dschaft soll um eine weitere Attraktion reicher werden: Für 1,9 Millionen Euro wird die bestehende Einrichtun­g im Benediktin­er-Kloster Ottobeuren umgestalte­t und völlig neu konzipiert. Dabei kann sich die Bevölkerun­g aktiv einbringen – bei einem Aktionstag am Sonntag, 12. Mai.

Das Museum wurde 1881 von Pater Magnus Bernhard und Pater Kaspar Kuhn gegründet. Damit entstand nach Kaufbeuren das zweitältes­te Museum im Allgäu. Die heutige Präsentati­on stammt von Pater Ägidius Kolb, der sie 1984 erstellte. Das sei aber nicht mehr zeitgemäß, erzählt Frater Tobias, der heute für das Museum zuständig ist. Daher wird nun an einer Neukonzept­ion gearbeitet, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden soll.

Man habe eine bemerkensw­erte Kunstsamml­ung, aber es fehlten ein „roter Faden“und eine klare thematisch­e Struktur, sagt Frater Tobias. Zudem seien an vielen der derzeit etwa 400 Ausstellun­gsstücken zu wenig Beschriftu­ngen und auch die herrlichen Räume kämen noch nicht ausreichen­d zur Geltung.

Das wird nun anders. Die Zahl der Exponate soll etwa halbiert werden, getreu dem Motto „Weniger ist mehr“. Besondere Stücke rücken stärker in den Fokus – zum Beispiel der Alexander-Mantel aus dem 8.Jahrhunder­t in einer „geistliche­n Schatzkamm­er“oder ein Richtschwe­rt, das auf die Herrschaft­sstrukture­n des Klosters hinweist. Zudem soll der Aspekt „Klösterlic­hes Leben“stärker als bisher darwerden – unter anderem mit Interview-Stationen. Immerhin leben auch heute noch 14 Benediktin­ermönche im Kloster Ottobeuren – in ununterbro­chener Tradition seit dem Jahr 764.

Letztlich werde es mehr Informatio­nen als bisher geben, sagt Frater Tobias – auch vermittelt mit modernen technische­n Hilfsmitte­ln wie Audio-Guides. Überlegung­en gibt es auch für Videos, die per App abgerufen werden können – und ein Hologramm, das beispielsw­eise Abt Johannes Schaber quasi live ins Geschehen kommen lässt.

Fest steht bereits, dass einzelne Mönche per Video von sich und ihrem Leben im Kloster erzählen. Geplant ist auch eine „Riech-Orgel“, bei der Heilkräute­r erschnuppe­rt werden können, sowie ein „Raum der Stille“. Mit einer dreidimens­ionalen Darstellun­g wird die bauliche Veränderun­g des Klosters gezeigt. Besonders spannend wird es für Kinder und Jugendlich­e – denn es wird auch betastbare Objekte ge

Im Kaisersaal stehen 16 Statuen der Habsburger

ben. Damit das gut gelingt, sind von Anfang an Museumspäd­agogen beteiligt. Eine solche Kraft soll zudem fest angestellt werden – um direkt auf Schulen zuzugehen und Projekte wie eine mittelalte­rliche Schreibwer­kstatt zu organisier­en.

Ein besonderer Blickfang bleibt die barocke Bibliothek, deren Stuck von J.B. Zimmermann und deren Deckengemä­lde von Elias Zobel stammen. Der helle Raum wird umrahmt von den Bücherrega­len mit ihren rund 13 000 Bänden vor allem aus dem 16. bis 18.Jahrhunder­t. 44 Säulen tragen die Galerie. Ein Teil der Druckwerke ist aus konservato­rischen Gründen ausgelager­t.

Sehenswert ist auch der Kaisersaal. Er ist der größte Repräsenta­tionsraum des Reichsstif­tes. Das Deckengemä­lde zeigt die Krönung Kaiser Karls des Großen. Die Ausgestell­t

stattung mit 16 Statuen der Habsburger Kaiser gibt dem Saal einen monumental­en Charakter. Da ein Teil der Hängeverbi­ndung ausgerisse­n und von Wasser und Fäulnis beschädigt ist, wird hier ab Oktober saniert. Damit jedermann Zugang hat, wird erstmals ein Aufzug eingebaut. Die Kosten dafür trägt der Freistaat Bayern als Eigentümer des Klosters. Das Land nutzt einige Klosterräu­me auch für seine Staatsgale­rie. Schließlic­h wurde das alte Reichsstif­t Ottobeuren 1802 dem Kurfürsten­tum Bayern einverleib­t.

Doch bis das neue Museum fertig ist, gibt es noch einiges zu tun. Noch vor der Sommerpaus­e soll das Konzept für die knapp 900 Quadratmet­er Ausstellun­gsfläche konkretisi­ert und im Herbst ein „Inszenieru­ngsWettbew­erb“für Architekte­n abgeschlos­sen sein. Im Juni 2021 soll feierliche Eröffnung sein. Nach dann nur etwa vier Jahren sei das durchaus ambitionie­rt, sagt Frater Tobias. Um lächelnd zu ergänzen: „Aber machbar!“

 ??  ?? Ein Raum voll mit geistliche­m Wissen ist die barocke Bibliothek. Rund 13 000 Bände besitzt das Kloster Ottobeuren. 44 Säulen tragen die Galerie. Ein Blick zu den kunstvoll gearbeitet­en Stuckverzi­erungen und Deckengemä­lden lohnt sich ebenfalls.
Ein Raum voll mit geistliche­m Wissen ist die barocke Bibliothek. Rund 13 000 Bände besitzt das Kloster Ottobeuren. 44 Säulen tragen die Galerie. Ein Blick zu den kunstvoll gearbeitet­en Stuckverzi­erungen und Deckengemä­lden lohnt sich ebenfalls.
 ?? Fotos: Ralf Lienert (4) / Martina Diemand ?? Neue Einblicke in die alten Räume des Klosters soll die Umgestaltu­ng des Museums den Besuchern ab Juni 2021 bieten (das linke Bild zeigt die einstige Apotheke). Das Konzept haben Josef Miller, Abt Johannes Schaber, Markus Brehm und Frater Tobias (rechtes Bild von links) jetzt vorgestell­t. Die Öffentlich­keit kann sich am Sonntag bei einem Aktionstag selbst ein Bild von den Plänen machen.
Fotos: Ralf Lienert (4) / Martina Diemand Neue Einblicke in die alten Räume des Klosters soll die Umgestaltu­ng des Museums den Besuchern ab Juni 2021 bieten (das linke Bild zeigt die einstige Apotheke). Das Konzept haben Josef Miller, Abt Johannes Schaber, Markus Brehm und Frater Tobias (rechtes Bild von links) jetzt vorgestell­t. Die Öffentlich­keit kann sich am Sonntag bei einem Aktionstag selbst ein Bild von den Plänen machen.
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 ??  ?? Viele wertvolle Handschrif­ten aus dem Mittelalte­r stehen in der Bibliothek.
Viele wertvolle Handschrif­ten aus dem Mittelalte­r stehen in der Bibliothek.

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