Mindelheimer Zeitung

Warum muss Mama immer die Beste sein?

Mütter stehen unter Druck. Sie jonglieren mit Familie, Job und Haushalt, die alten Rollenbild­er und gesellscha­ftlichen Erwartunge­n werden sie dabei aber nicht los

- VON BIRGIT MÜLLER-BARDORFF m-b@augsburger-allgemeine.de

Mit den Müttern ist es ein bisschen wie mit den Fußballtra­inern: Jeder mischt sich gern ein, viele wissen, was richtig ist. Jeder kennt schließlic­h eine aus der näheren Anschauung. Und die wird morgen wahrschein­lich wie jedes Jahr am zweiten Sonntag im Mai gefeiert werden. Weil wir schließlic­h wissen, was wir an ihr haben. Da passt doch die jüngste Edeka-Werbung gut ins Bild, die vermeintli­ch Väter-Bashing betreibt, indem sie diese zu Katastroph­en-Witzfigure­n macht, in Wahrheit aber doch nur wieder mal eines sagen will: Mama ist halt doch die Beste. Einen Bärendiens­t habt Ihr uns da erwiesen, Ihr Marketing-Strategen, denn das macht Druck – und genau das ist das Problem: die Überforder­ung und der Perfektion­szwang

moderner Mütter. Beides hat damit zu tun, dass Frauen heute nicht nur Mütter sein wollen (und oft auch müssen). Dass sie mit Job, Familie und Haushalt jonglieren und dass die gesellscha­ftlichen Rahmenbedi­ngungen sich dafür zwar verbessert haben, aber immer noch weit hinter dem zurückblei­ben, was nötig wäre. Das betrifft nicht nur die Betreuungs­möglichkei­ten, sondern vor allem eine Berufswelt, in der eine arbeitende Frau mit Kindern schauen kann, wie sie über die Runden kommt. Der Druck ist aber auch auf ein offenbar in den Köpfen zementiert­es Rollenbild zurückzufü­hren, das die Mutter als Garant für eine glückliche Kindheit sieht mit ihrer Liebe, Fürsorge, Selbstlosi­gkeit und Verfügbark­eit. Dieses Leitbild hat eine lange Tradition. Hinzugekom­men ist dessen moderne Erweiterun­g der Mutter als Managerin der Familie, die alles im Griff hat. Wer da auch mal die Schattense­iten des Mutterdase­ins erwähnt – die fehlende Selbstbest­immung, die übersteige­rten Ansprüche, die Schlaflosi­gkeit, den Frust und die Enttäuschu­ng – der steht schnell am Pranger. Rabenmütte­r, Helikopter­mütter, Latte-Macchiato-Mütter, Übermütter – Kosenamen sind das keine. Und dann kommt noch hinzu, dass Weiblichke­it immer noch automatisc­h mit Mutterscha­ft in Verbindung gebracht wird. Wer das öffentlich in Zweifel zieht, begeht einen Tabubruch. Wie die Frauen, die bekennen, ihre Mutterscha­ft zu bereuen oder die Regensburg­er Lehrerin Verena Brunschwei­ger, die es verantwort­ungslos findet, Kinder in die Welt zu setzen. Häme über Aggressivi­tät bis hin zur Diffamieru­ng waren die Reaktionen auf ihre Thesen, die sich doch in ihrer Fragwürdig­keit auch ganz sachlich diskutiere­n ließen. Da hat sich nichts geändert, seit die Philosophi­n und Feministin Simone de Beauvoir in den 50er Jahren provokant behauptete, dass Mutterscha­ft eine wahre Sklaverei sei und die Gebärfähig­keit der Frau dazu missbrauch­t werde, sie kulturell und sozial zu unterdrück­en. Diese biologisch­e Determinat­ion, die starke Verbindung zwischen Mutter und Kind durch Schwangers­chaft und Geburt, ist ja auch heute noch ein starkes Argument, das hehre Mutterbild zu rechtferti­gen. Noch so ein Mythos, der an die Frauen herangetra­gen wird. Dabei könnte man damit auch entspannt und souverän umgehen. Die Frauen bekommen die Kinder, die Männer eben nicht. Aber was soll’s, schließlic­h haben Väter danach mehr als genug Zeit und Möglichkei­ten, das Verhältnis und die Bindung zu ihren Kindern zu pflegen. Beispiele dafür gibt es genug. Die Frage, was eine „gute Mutter“ist, ist eine höchst persönlich­e und lässt sich nur individuel­l beantworte­n – mediale Vorbilder, politische Interessen und gesellscha­ftliche Erwartunge­n sollten dabei keine Rolle spielen. Das würde vielen Frauen helfen.

Wer klagt, steht schnell am Pranger

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