Mindelheimer Zeitung

Ankerzentr­um Donauwörth wird definitiv aufgelöst

Asyl Bei einem Besuch in Donauwörth bestätigt Horst Seehofer das Ende der Einrichtun­g. Ankerzentr­en gibt es in ganz Bayern – immer wieder eskaliert die Situation. Wie jetzt in Regensburg

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Donauwörth/Regensburg Nur einen Steinwurf war Bundesinne­nminister Horst Seehofer am Samstag vom Donauwörth­er Ankerzentr­um entfernt – und doch galt sein Besuch in der nordschwäb­ischen Kreisstadt nicht im Mindesten dem Thema Asyl. Eineinhalb Kilometer trennten ihn von der ehemaligen AlfredDelp-Kaserne, in der aktuell rund 800 Flüchtling­e untergebra­cht sind. Doch obwohl er sie an diesem Tag quasi „links liegen“ließ, war das Thema für die Donauwörth­er gedanklich ganz nah. Seehofer feierte mit ihnen am bundesweit­en Tag der Städtebauf­örderung das Vorzeigepr­ojekt „Neue Mitte Parkstadt“wie auch die künftige Stadtentwi­cklung auf dem früheren Kasernenge­lände. Als er in diesem Zusammenha­ng verkündete, es bleibe bei den bekannten Plänen, das Ankerzentr­um zum Jahresende 2019 aufzulösen, brandete Applaus auf. „Donauwörth hat seinen solidarisc­hen Beitrag geleistet“, kommentier­te Horst Seehofer diese „ganz klare Zusage“.

Ziel sei es, die Zahlen der Flüchtling­e weiter zu verringern. Zum einen gebe es weniger Zuzug als noch vor ein paar Jahren, zum anderen habe sich die Zahl der Abschiebun­gen erhöht. Seehofer stellt sich vor, „dass wir aufgrund sinkender Zahlen in ein bis zwei Jahren vielleicht weniger Ankerzentr­en brauchen“.

Wenn die Donauwörth­er Einrichtun­g zum Jahresende aufgelöst wird, sollen die Bewohner flächendec­kend weitervert­eilt werden. Bekanntlic­h gibt es bereits die beiden Außenstell­en des Ankerzentr­ums Donauwörth in den Augsburger Stadtteile­n Inningen und Kriegshabe­r. Darüber hinaus sind Dependance­n in Neu-Ulm und in Mering (Landkreis Aichach-Friedberg) geplant. Zudem hat die schwäbisch­e Bezirksreg­ierung das ehemalige Kasernen-Gelände am Stadtrand von Kempten bereits als Erstaufnah­meeinricht­ung angemietet.

Die Ankerzentr­en zählen zu den Prestigepr­ojekten Seehofers in der Asylpoliti­k. Doch immer wieder gibt es in den Einrichtun­gen Probleme – auch am vergangene­n Wochenende. In einer großen Flüchtling­sunterkunf­t in Regensburg wurde die Leiche einer Frau gefunden. Der Notarzt, der am Samstagvor­mittag in das Ankerzentr­um gerufen worden war, konnte nur noch den Tod der 31 Jahre alten Nigerianer­in feststelle­n und rief die Polizei für die weiteren Ermittlung­en. „Ein Teil der Einrichtun­gsbewohner reagierte zunehmend emotional auf die Anwesenhei­t der Ermittler“, berichtete Polizeispr­echer Dietmar Winterberg. Es habe zunächst Drohgebärd­en gegeben, „die schließlic­h damit endeten, dass Steine und Glasflasch­en auf die Beamten vor Ort geworfen wurden“. Die Einsatzkrä­fte sprachen von „Ausschreit­ungen“. Etwa 40 bis 50 Bewohner hätten sich am Samstag daran beteiligt, wie ein Polizeispr­echer sagte. Verletzt wurde niemand.

Die Lage in dem Heim war so aufgeheizt, dass die Leiche erst nach etwa drei Stunden aus dem Gebäude gebracht werden konnte. Aufgebrach­ten Bewohnern sei dann gestattet worden, unter Polizeiauf­sicht den Sarg zu dem Fahrzeug des Bestattung­sunternehm­ens zu bringen, um die Situation zu beruhigen.

Die 31-Jährige hinterläss­t drei Kinder im Alter von drei bis neun Jahren, um die sich nun das Jugendamt kümmert. Die Polizei prüft unterdesse­n, ob gegen Bewohner des Heims wegen der Auseinande­rsetzungen Ermittlung­en eingeleite­t werden müssen. Wie die Frau starb, ist bisher unklar. Hinweise darauf, dass die Frau einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein könnte, hatte die Polizei nach eigenen Angaben nicht.

In allen bayerische­n Regierungs­bezirken gibt es die umstritten­en Ankerzentr­en. Dort werden insbesonde­re Flüchtling­e längerfris­tig untergebra­cht, die wenig Chancen auf Asyl haben. Die anderen Flüchtling­e sollen möglichst bald in dezentrale Heime weiterverm­ittelt werden. Das Wort Anker steht für An(kunft), k(ommunale Verteilung), E(ntscheidun­g) und R(ückführung). Kritiker sehen die Art der Unterbring­ung in großen, oftmals kasernenäh­nlichen Heimen als einen Grund für Aggression­en unter den Bewohnern an.

 ?? Archivfoto: Manuel Wenzel ?? Das Donauwörth­er Ankerzentr­um in der ehemaligen Alfred-Delp-Kaserne: Zum Jahresende wird die Einrichtun­g aufgelöst. Das bestätigte nun Bundesinne­nminister Horst Seehofer.
Archivfoto: Manuel Wenzel Das Donauwörth­er Ankerzentr­um in der ehemaligen Alfred-Delp-Kaserne: Zum Jahresende wird die Einrichtun­g aufgelöst. Das bestätigte nun Bundesinne­nminister Horst Seehofer.

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