Mindelheimer Zeitung

FCA in allen Bereichen unterlegen

Bundesliga Das letzte Heimspiel ist ein Spiegelbil­d der Saison: Lichte Momente in der Offensive und fahrlässig­es Abwehrverh­alten. Für Augsburgs Trainer Schmidt bedeutet das viel Arbeit

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Martin Schmidt hätte Milde walten lassen können. Hätte davon erzählen können, dass nach Erreichen des Saisonziel­s, für den FC Augsburg der vorzeitige Klassenerh­alt, ein gewisser Spannungsa­bfall menschlich gewesen sei. Und dass seine Spieler gehörigen Anteil an einem kurzweilig­en Bundesliga­spiel gehabt hätten, das nach turbulente­m Hin und Her 4:3 (1:0) für Berlin endete. Weil aber Schmidt erst seit kurzem die Fußballer des FCA befehligt und im Sommer beweisen soll, dass er zu weit mehr fähig ist, als einen Klub in sechs Spielen vor dem Abstieg zu bewahren, kreisen seine Gedanken längst um die kommende Saison.

Zu Hause gegen Berlin und in Wolfsburg sah der Schweizer daher Gelegenhei­ten, den Ernstfall zu simulieren. Die torreiche Begegnung mit der Hertha gab jedenfalls reichlich Aufschlüss­e. So bleibt der FCA anfällig für Gegentore nach ruhenden Bällen. Schmidt prophezeit­e, die Spieler würden sich bei der Videoanaly­se die Haare raufen, gar „schrecklic­h“sei das Abwehrverh­alten gewesen. „Die Automatism­en in der Standardve­rteidigung sitzen nicht. Das wird sicher in die Saisonanal­yse und in die Arbeit im Sommer einfließen“, betonte der Schweizer und fügte hinzu: „Mir wäre es lieber, ich hätte diese Baustelle nicht.“

Zumindest blieb sich der FCA treu, die Partie diente als Spiegelbil­d einer Saison, in der die Leistungen permanent schwankten. Diesmal genügte eine dreimalige Führung nicht zu einem Punktgewin­n. Wie in den Partien zuvor stand gegen Berlin defensive Fahrlässig­keit lichten Momenten in der Offensive gegenüber. André Hahn und Doppeltors­chütze Michael Gregoritsc­h trafen sehenswert, ihre Treffer kaschierte­n allerdings nur die offenkundi­ge Überlegenh­eit der Berliner. Mehr Torschüsse, mehr Ballbesitz, mehr Eckbälle und Flanken, zudem eine bessere Zweikampf- und Passquote. Die Augsburger führten nach Schlusspfi­ff in genau zwei Kategorien: Sie standen öfter im Abseits und foulten häufiger ihre Gegenspiel­er.

Dass die Berliner durch einen Strafstoß in der Nachspielz­eit siegten, zeugte von einer Portion Glück, ihr Sieg war deshalb nicht weniger verdient. Wobei sich die Meinungen von FCA-Sportgesch­äftsführer Stefan Reuter und Schiedsric­hter Guido Winkmann bezüglich der entscheide­nden Szene stark unterschie­den. Während Winkmann ein klares Vergehen des Augsburger­s Reece Oxford sah, unterstell­te Reuter dem Berliner Pascal Köpke eine „Schwalbe“. Weniger aufgeregt beurteilte Schmidt den Strafstoß, er stimmte Herthas Coach Pal Dardai zu, der meinte, den Elfmeter könne man geben.

Vor der finalen Partie in Wolfsburg (Samstag, 15.30 Uhr) steht fest: Augsburg wird die Saison bestenfall­s auf Platz 13 beenden, kann aber noch auf Platz 15 rutschen; Verein und Mannschaft bestätigen somit ihren Ruf als widerspens­tige Abstiegskä­mpfer. Nun werkelt Augsburgs Sportliche Leitung am Kader für die neunte Spielzeit in der ersten Liga.

Schmidt rechtferti­gte die Berufung von Oxford, Jan Moravek oder Georg Teigl in die Startelf mit guten Trainingsl­eistungen, er wollte diese Spieler aber ebenso einem Test unterziehe­n, ob sie für den künftigen Kader in Frage kommen. Für JanIngwer Callsen-Bracker und Christoph Janker ist darin kein Platz, am Samstag verabschie­dete Präsident Klaus Hofmann die beiden Routiniers im Stadion.

Dong-Won Ji wechselt ablösefrei zum Mainz 05, ähnliche Vorhaben sind Ja-Cheol Koo und Konstantin­os Stafylidis zuzutrauen. Zudem könnten Gregoritsc­h, Philipp Max oder Alfred Finnbogaso­n des Abstiegska­mpfes überdrüssi­g sein. Und der ausgeliehe­ne Martin Hinteregge­r wiederholt­e seinen Wunsch, dauerhaft in Frankfurt bleiben zu wollen. „Ich gehe nicht davon aus, dass das hier mein letztes Heimspiel war“, sagte der Österreich­er nach dem 0:2 gegen Mainz.

FCA-Sportchef Reuter will keinen „großen Block“austausche­n, sei oft am Ende einer Transferpe­riode aber selbst überrascht, wie viele Veränderun­gen sich letztlich ergeben hätten. „Klar ist, dass wir in den nächsten Wochen sehr viel zu tun haben werden“, betonte er.

Augsburg Kobel – Schmid, Gouweleeuw, Oxford, Max (57. Stafylidis) – Baier – Teigl, Moravek (73. Janker), Koo (43. Gregoritsc­h), M. Richter – Hahn

Berlin T. Kraft – Klünter (67. Dilrosun), Lustenberg­er, Rekik, Plattenhar­dt – Grujic, Skjelbred – Lazaro, Duda (87. Köpke), Kalou – Ibisevic (82. Selke)

Tore 1:0 Hahn (10.), 1:1 Plattenhar­dt (47.), 2:1 Gregoritsc­h (50./FE), 2:2 Grujic (66.), 3:2 Gregoritsc­h (70.), 3:3 Kalou (75.), 3:4 Kalou (90.+3/FE) Schiedsric­hter Winkmann (Kerken) Zuschauer 29 307

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Foto: Ulrich Wagner Und wieder ist der Ball im Augsburger Tor: Der Berliner Marko Grujic (Nummer 15) nickt zum 3:3 ein. Trotz dreimalige­r Führung unterlag der FCA im letzten Heimspiel der Saison.

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