Soll sich bloß keiner sicher fühlen
FC Bayern Die Münchner verpassen in Leipzig den vorzeitigen Titelgewinn. Daraufhin wollen sich weder Hasan Salihamidzic noch Karl-Heinz Rummenigge zu Trainer Niko Kovac bekennen
Leipzig Die Fußballfans bekommen die spannendste Titelentscheidung seit zehn Jahren, und die Bayern ihr Saisonfinale „dahoam“: Statt Vorfreude pur herrscht in München aber vor allem Ungewissheit über die Zukunft von Niko Kovac. KarlHeinz Rummenigge bekräftigte die nicht erteilte Jobgarantie für den Trainer aus Furcht vor Bequemlichkeit, Hasan Salihamidzic wich einem Treueschwur aus. Immerhin: Nach der Wutentladung wegen des aberkannten Tores beim 0:0 in der Red Bull Arena von RB Leipzig versicherte Bayern-Präsident Uli Hoeneß: „Ich werde sechs Tage oder sieben Tage wunderbar schlafen, weil ich weiß: Wenn sie so spielen wie heute, so fighten, sich so reinhauen, dann sind wir am Samstag deutscher Meister.“Dann würde es eine „Zwei-plus-Saison“. Wenn nicht, wäre es eine „Scheiß-Saison“, wie Sportdirektor Salihamidzic am Samstagabend im „Aktuellen Sportstudio“des ZDF sagte.
Auf zwei Punkte schmolz der Vorsprung auf Borussia Dortmund. So eng ging es zuletzt 2009 zu, als die Bayern vor dem 34. BundesligaSpieltag zwei Zähler hinter dem VfL Wolfsburg lagen – und danach auch. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke eröffnete gleich die Psychospielchen: Bayern könne nun im Endspurt „alles verlieren“, Dortmund „alles gewinnen“. Salihamidzic stichelte zurück: „Sie können nur die Meisterschaft gewinnen. Im Pokal sind sie schon raus.“Anders als die Bayern, die am 25. Mai in Berlin wieder gegen Leipzig um Titel Nummer zwei kämpfen. In der Liga spricht auch die Tordifferenz klar für die Bayern, die ein Plus von 17 Treffern auf den BVB vorweisen. Ein Punkt also würde reichen, um erstmals seit 2000 wieder mal im heimischen Stadion mit den Fans die einzuläuten, den siebten Titel in Serie und den 29. insgesamt perfekt zu machen. Und das ausgerechnet gegen Eintracht Frankfurt.
„Das Leben schreibt die schönsten Geschichten“, sagte Münchens Trainer Kovac: „Ich darf gegen meinen alten Klub spielen und versuche gegen meinen alten Klub, die Meisterschaft zu holen.“Vor einem Jahr war Kovac von den Hessen zu den Bayern gewechselt. Sein erstes Bayern-Jahr als Coach ist ein Auf und Ab. Das von den Bossen sehr kritisch bewertete Aus in der ChamWeißbier-Party pions League gegen Liverpool erhöhte den Druck, zumindest national alle Trophäen abzuräumen.
Möglich ist das immer noch, selbst wenn die Leipziger deutlich machten, auf was sich die Münchner im Pokal-Endspiel gefasst machen müssen. Dann kommen auch die letzten fünf Prozent Adrenalin, die nach Ansicht von Coach Ralf Rangnick im Kampf um Ligapunkte fehlten. „Wir haben nur noch Finalspiele, aber das haben wir schon seit der Winterpause“, sagte Bayerns Innenverteidiger Niklas Süle. Es ist eine Konstellation, die dem Nationalspieler Spaß bereitet: „Es ist auch geil, jede Woche geht es um was.“Nur wenn am Ende nichts Zählbares herauskommen sollte, wäre es nicht mehr geil. Er habe festgestellt, dass Garantien und Lob manchmal auch ein bisschen mit Bequemlichkeit bezahlt würden, bemerkte Bayerns Vorstandsboss Rummenigge: „Und das ist bei Bayern München nicht der richtige Weg.“Kovacs Vertrag ist gültig bis 2021. Darf er ihn auch erfüllen? Oder ist im Sommer Schluss? „Der Trainer hat volle Unterstützung. Die Fakten sprechen für Niko Kovac“, erklärte Salihamidzic. Er könne aber nur für sich sprechen, fügte er hinzu und empfahl: „In diesen Zeiten, wo wir vieles erreichen und Titel gewinnen können, sind wir gut beraten, unsere Energie nicht auf Personalüberlegungen zu verlieren.“ RB Leipzig Gulacsi – Klostermann, Konaté, Orban, Halstenberg – Laimer (87. Mukiele), Demme (82. Haidara) – Sabitzer, Forsberg (90. Smith Rowe) – Poulsen, Werner Bayern München Ulreich – Kimmich, Süle, Hummels, Alaba – Goretzka, Thiago (81. Rafinha) – Gnabry (78. F. Ribéry), Müller, Coman (89. Robben) – Lewandowski Zuschauer 41 939 Schiedsrichter: Manuel Gräfe (Berlin)