Die vom Auto genervten Anwohner
Verkehr Rund um das Maristenkolleg und die Schwabenwiese hat die Verkehrsbelastung stark zugenommen. Eine gute Lösung für alle zu finden, ist ein schwieriges Unterfangen
Mindelheim Das Thema Verkehr brennt den Anwohnern rund um Maristenkolleg, Gassnerplatz, Mühlweg, Georgenstraße und Schwabenwiese seit Jahren unter den Nägeln. Mama- und Papataxis fahren morgens und mittags zur und von der Schule. Verschärft hat sich die Lage noch durch das neue Berufsschulheim, den Kindergarten und die Behörden und Einrichtungen, die im ehemaligen Maristeninternat Platz gefunden haben. Wie aber können Verbesserungen aussehen?
Der Stadtrat hat den Verkehrsgutachter Andreas Bergmann vom Büro „Stadt, Land, Verkehr“eingeschaltet, um Lösungen zu erarbeiten. Damit wollten es Bürgermeister Stephan Winter und der Stadtrat aber nicht bewenden lassen, weil sie sich der vielfältigen Konfliktfelder bewusst sind. Sie luden alle Mindelheimer zu einem Bürgerdialog ein, der vom Münchner Schäuble-Institut für Sozialforschung moderiert wird.
Bereits im Herbst 2017 gab es eine erste Runde. Passiert ist im Nachgang damals nichts Substanzielles, wie Winter in seinem Schlusswort einräumte, sieht man von einzelnen Maßnahmen ab. Eingerichtet wurde eine Einbahnstraße über das ehemalige Internatsgelände und ein Bauzaun am Haupteingang des Maristenkollegs, um so das Halten von Elterntaxis zu unterbinden.
Auch eine Busverbindung für Schüler wurde geschaffen und der Beschluss gefasst, Fußgängerbrücken über die Mindel zu bauen. Berufsschüler erhielten von der Wohnbau grüne Leihfahrräder.
Jetzt also ein neuer Anlauf. Gut Stunden lang prasselten am Donnerstagabend die Fragen und Vorschläge auf die beiden Moderatorinnen Ingegerd Schäuble und Oranna Erb ein. Mehr als 100 Interessierte waren in die Unterkirche der Maristen gekommen. Die Hauptkonfliktfelder im Überblick:
● Georgenstraße Wie lassen sich Autoverkehr, Rad fahrende Schüler und Parkplätze in der Georgenstraße unter einen (sicheren) Hut bringen? Während die einen forderten, die Schwabenwiese in Nord-SüdRichtung befahren zu lassen, um so die Verkehrsströme zu entzerren, lehnten das andere Anlieger ab. Sie fürchten Durchgangsverkehr und damit eine noch höhere Verkehrsbelastung als jetzt schon. Der Planer sprach sich für eine Öffnung aus. Die Gefahr von mehr Verkehr sieht er nicht, wenn die Schwabenwiese entsprechend gestaltet wird. Die Georgenstraße soll seiner Meinung nach keinen eigens ausgewiesenen Fahrradweg erhalten, aber zur Fahrradstraße werden. Der nördliche Teil der Straße wird offenbar von vielen Beschäftigten aus der Innenstadt als Parkplatz genutzt. Auch das wurde kritisiert.
● Schwabenwiese Dort schwebt Verkehrsplaner Bergmann vor, den östlichen Teil zur Mindel hin in fünf Sektoren aufzuteilen. Der südliche Teil soll befestigt werden, um parkende Autos aufzunehmen. Weiter nördlich sind Aktionsflächen geplant. Die Mindel soll zwei Fußgängerbrücken erhalten. Der Verkehr soll im Zick-Zack-Kurs durchgeleitet werden, sodass extrem langsam gefahren werden muss. Bürger kridrei tisierten, dass alle Parkprobleme allzu sehr auf die Schwabenwiese verlagert würden. Konzepte, wie Verkehr vermieden werden kann, wurden angemahnt.
● Kaufbeurer Straße Diese Hauptverkehrsstraße ist als Ausweichstrecke für die A 96 ausgeschildert. Das sollte nach Ansicht von Planer Bergmann geändert werden. Dann müssten die Anwohner der Bad Wörishofer Straße diese Belastung hinnehmen.
● Mühlweg Hier klagten Anwohner über immens zugenommene Belastung von parkenden und fahrenden Autos. Keiner kontrolliere. Ein Anwohner sagte, die „Georgenstraße ist die Heilige Kuh, der Mühlweg ist die zu schlachtende Sau“. Auch die Anwohner des Gassnerplatzes fühlen sich alleingelassen.
● Fläche südlich der Bahnlinie Dort gibt es ein kleines nicht bebautes Grundstück. Würde dieses als Parkplatz genutzt, könnte es zu einer Verkehrsentlastung kommen, schlugen Bürger vor. Laut Bürgermeister Stephan Winter ist aber nicht klar, ob die Fläche überhaupt zu haben ist. Andere befürchteten, dass dann Mitarbeiter aus dem Industriegebiet dort parken könnten. Damit wäre dann niemandem geholfen.
● Parkflächen entlang der Mindel in Richtung Kletterturm Diese würden bevorzugt von Landratsamtsmitarbeitern genutzt. Dabei gibt es eine Tiefgarage mit 80 Plätzen auf dem Gelände des ehemaligen Internats. Der Haken an der Sache: Ein Platz kostet 45 Euro Monatsmiete. Und das will keiner zahlen, wenn es in der Nachbarschaft kostenlose Plätze gibt. Auch die Berufsschüler nutzen die Tiefgarage kaum. Einige forderten, die Tiefgarage kostenlos zur Verfügung zu stellen.
● Kiss & Go Das ist der Bereich, wo autofahrende Eltern ihre Kinder abliefern und holen. Ein Vorschlag war, die Bushaltebucht an der Kaufbeurer Straße Richtung Gernstall zu verlängern. Ein anderer: Den Lehrerparkplatz dafür zur Verfügung stellen und woanders Parkflächen als Ausgleich schaffen. Ein anderer Vorschlag war, eine Grünfläche im Osten des Maristengeländes herzunehmen. Dagegen wehrte sich aber die stellvertretende Schulleiterin Brigitte Luther. Dort sei ein Bienengarten angelegt worden.
● Champagnatplatz Hier soll nach den Vorstellungen des Planers Radfahrern mehr Platz eingeräumt werden. Autofahrer müssten dann hinter Radlern langsam herfahren und könnten nicht überholen. Weil in dem Bereich auch ein Schrotthandel betrieben wird, müssen aber auch Lastwagen durchkommen können. Die Leiterin der Realschule, Maria Schmölz, sprach sich für eine versuchsweise Öffnung der Georgenstraße aus. Danach könne man Bilanz ziehen. Schülersprecher Sebastian Deeg meinte, dass Radfahrer in der Georgenstraße nicht stärker gefährdet seien, wenn in beiden Richtungen Autos fahren.
● Wie geht es weiter? Alle Beiträge sind aufnotiert worden. Sie werden jetzt aufbereitet und über die Homepage der Stadt Mindelheim (www.mindelheim.de) öffentlich gemacht. Voraussichtlich am 4. Juni wird es einen dritten Bürgerdialog geben. Der Stadtrat will noch vor der Sommerpause Entscheidungen treffen, was gemacht wird.