Mindelheimer Zeitung

Spielfeld für die „Neue Rechte“

Wie soziale Netzwerke Vorurteile bestätigen

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Berlin Verfassung­sschutzprä­sident Thomas Haldenwang will mit seiner Behörde dafür sorgen, dass die Grenze zwischen legitimem Protest und Extremismu­s deutlicher erkennbar wird. Es sei wichtig, „dass die natürliche Grenze zwischen Extremismu­s und bürgerlich­en Protestfor­men nicht weiter aufgeweich­t wird“, sagte der Chef des Inlandsgeh­eimdienste­s am Montag in Berlin bei einem Symposium des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz (BfV) zur „Mobilisier­ungsfähigk­eit im politische­n Extremismu­s“.

Im rechten Bereich tummelten sich aktuell viele sogenannte „Grenzgänge­r“, sagte Haldenwang. Die Vertreter der „Neuen Rechten“sprächen bewusst nicht von „Rasse“, sondern von „Identität, Kultur, und Ethnien“. Dieses subtilere Vorgehen biete ihnen zudem die Möglichkei­t, „sich jederzeit auch wieder distanzier­en zu können“. Linksextre­misten versuchten, indem sie Unzufriede­nheit – etwa gegen Umweltzers­törung oder hohe Mieten – aufgriffen, ebenfalls gezielt, „die bürgerlich­e Mitte für sich zu instrument­alisieren“. Wenn die Identitäre Bewegung von „Ethnoplura­lismus“spreche, sei das letztlich nichts anderes als intellektu­ell verbrämter Rassismus, warnte der parlamenta­rische Staatssekr­etär im Bundesinne­nministeri­um, Günter Krings (CDU). Im Ergebnis könne „damit genauso Fremdenfei­ndlichkeit ideologisc­h begründet werden und zu Gewalt gegen ausländisc­he Mitbürger“aufgerufen werden.

Haldenwang attestiert­e dem Rechtsextr­emismus in Deutschlan­d eine neue Dynamik. Viele dieser Entwicklun­gen habe man 2018 in Chemnitz beobachten können, sagte er im ARD-„Morgenmaga­zin“. „Ich denke da vor allen Dingen an eine sehr intensive Vernetzung, ich denke da an Fake News und falsche Propaganda. Ich denke da an massive Gewalt auf den Straßen.“Dies könne sich auch dahin entwickeln, dass sich aus gewalttäti­gen Gruppen kleine Terrorgrup­pen bildeten. „All das hat das Beispiel Chemnitz gezeigt.“In der sächsische­n Stadt hatte es Ausschreit­ungen und Proteste von Rechtsradi­kalen gegeben. Die AfD rief zu einem „Trauermars­ch“auf. Zuvor war nach einem Stadtfest ein 35-Jähriger getötet worden. Als Verdächtig­e wurden Asylbewerb­er benannt.

Um Extremiste­n besser beobachten zu können, bekräftigt­e Haldenwang seine Forderung nach mehr Möglichkei­ten, im Netz aktiv werden zu können. Der Verfassung­sschutz brauche Einblicke in nicht öffentlich­e Bereiche des Internets, sonst sei er blind. Konkret geht es um das Mitlesen verschlüss­elter Chats und um die Durchsuchu­ng der Computer und Handys von Extremiste­n. Beides sieht ein Entwurf vor, den Seehofer Anfang März zur Abstimmung an die anderen Ressorts der Bundesregi­erung gegeben hatte. Dort blieb er dann allerdings erst einmal stecken. Dass das Haus von Bundesjust­izminister­ium Katarina Barley (SPD) nun erklärte habe, „diesen Entwurf diskutiere­n wir gar nicht“, sei ein „relativ einmaliges Ereignis“, sagte Krings mit einer gewissen Verärgerun­g. Er hoffe auf eine Einigung nach der Europawahl.

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Foto: dpa Verfassung­sschutzche­f Haldenwang warnt vor der „Neuen Rechten“.

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