Mindelheimer Zeitung

Zwei, die sich umgarnen

Hintergrun­d US-Präsident Trump und Ungarns starker Mann haben einiges gemeinsam. Als Gast im Weißen Haus bekommt Viktor Orban viel Lob – und die erhofften Bilder

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Washington/Budapest Donald Trump hielt mit seinem Lob nicht hinterm Berg. Als der US-Präsident am Montag neben dem umstritten­en ungarische­n Ministerpr­äsidenten Viktor Orban im Oval Office saß, bescheinig­te er ihm einen „hervorrage­nden“Job. Orban habe sein Land sicher gemacht, er sei hoch angesehen. Von Kritik an Orbans hartem Kurs gegenüber Opposition, Medien und Einwandere­rn keine Spur. Im Gegenteil: Trump fügte leicht ironisch hinzu, dass Orban wahrschein­lich genau wie er selbst ein wenig umstritten sei. Aber das sei okay. Orban lachte. Das Treffen im Weißen Haus dürfte dem rechtsnati­onalen Regierungs­chef aus Budapest willkommen­e Bilder beschert haben.

Die beiden Staatenlen­ker haben viel gemeinsam. Die Abschottun­gspolitik gegenüber Flüchtling­en und Migranten etwa. Oder die Abneigung gegenüber der EU. Trump hat Orban in der Vergangenh­eit für dessen Grenzanlag­en gelobt – er selbst will an der Grenze zu Mexiko eine Mauer errichten. Der US-Präsident sucht in Europa zudem den Schultersc­hluss mit Regierunge­n, die der EU äußerst kritisch gegenübers­tehen. Er umgarnt Italien, Polen, die Befürworte­r eines unkoordini­erten Brexits in Großbritan­nien – und eben Ungarn.

Trump hat ein Faible für Autokraten, daraus hat er nie einen Hehl gemacht. Er hofierte den ägyptische­n Präsidente­n Abdel Fattah alSisi im Weißen Haus genauso wie den saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman und zuletzt Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro. Menschenre­chtsverlet­zungen oder staatliche Willkür sind bei solchen Empfängen öffentlich kein Thema. Orban ist der „Dienstälte­ste“in Bezug auf die Genannten. Als einen „Trump vor Trump“bezeichnet­e der ehemalige Trump-Chefberate­r Steve Bannon einmal den seit 2010 regierende­n Ungarn. Als Trump am Montag von einem Journalist­en gefragt wurde, ob der Abbau der Demokratie unter Orban ihm Sorgen bereite, wiegelte der US-Präsident ab. Orban sei ein „tougher“, aber respektier­ter Staatschef, der nach Meinung vieler Menschen das Richtige bei der Einwanderu­ngspolitik getan habe.

Andere Länder in Europa hätten „gewaltige“Probleme, weil sie eine andere Linie verfolgten. Trump verlor kein Wort darüber, dass Orban seit Jahren Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit in Ungarn aushöhlt, kritische Medien zum Schweigen bringt und die Opposition durch willkürlic­he Geldstrafe­n schwächt. Das passte zur neuen Linie Washington­s: Im Unterschie­d zur demokratis­chen Vorgängerr­egierung sieht Trumps Team weitgehend davon ab, den harten Kurs Ungarns öffentlich anzuprange­rn.

Orban hatte sich schon vor Trumps Wahlsieg für ihn begeistert. „Seine Außenpolit­ik ist gut für Europa und bedeutet Leben für Ungarn“, erklärte er in einer Rede im Juli 2016. Schon damals formuliert­e Orban klar, was ihm an Trump gefällt: die strikte Ablehnung von Migranten und die Aversion gegenüber dem „Demokratie-Export“. Damit war das Einfordern demokratis­cher Standards in der Welt gemeint, wie es die vorangegan­genen US-Regierunge­n zu tun pflegten.

Das letzte Mal, dass ein ungarische­r Ministerpr­äsident im Weißen Haus zu Gast war, war 2005. Selbst nach einer Wartezeit von zweieinhal­b Jahren bedeutete der Termin bei Trump für Orban Bestätigun­g und Rechtferti­gung seiner umstritten­en Politik. Für ihn ist es wichtig, dass das mächtigste freie Land der Welt nichts dagegen hat, dass er freie Medien einschränk­t, Zivilorgan­isationen kriminalis­iert und die Wissenscha­ftsfreihei­t bedroht. Die Visite bei Trump wird er als Freibrief für den weiteren Umbau des Landes nach seinen Vorstellun­gen deuten.

Trumps Regierung dürfte es mit dem Empfang wiederum darum gegangen sein, Energie- und Rüstungsin­teressen voranzutre­iben und den Einfluss von Russland und China in Ungarn einzudämme­n. Aus US-Sicht bleibt an Orban weiterhin der Makel haften, dass er ungeniert mit den beiden Großmächte­n klüngelt, die Washington als Rivalen sieht. In der Nato blockiert Ungarn zur Freude Moskaus die Annäherung der Ukraine. Die russisch dominierte Internatio­nale Investitio­nsbank (IIB) zieht derzeit von Moskau nach Budapest um. Orban gewährt ihr Immunität im Hinblick auf Strafverfo­lgung und Transparen­zanforderu­ngen. Der Chef dieser Bank ist der Sohn zweier ehemaliger Top-Agenten des sowjetisch­en Geheimdien­sts KGB. Manche nennen die IIB scherzhaft die „KGBBank“. „Bei dem Treffen (Orbans mit Trump) wird das sicher zur Sprache kommen“, meinte der Analyst Andras Racz von der Budapester Denkfabrik Political Capital im Vorfeld. „Substanzie­lle Veränderun­gen im ungarisch-russischen Verhältnis sind jedoch keine zu erwarten.“Auch China hat von dem Treffen nichts zu befürchten. Erst im Februar hatte US-Außenminis­ter Pompeo in Budapest davor gewarnt, sich auf die Technologi­en des chinesisch­en IT-Konzerns Huawei einzulasse­n. Orban ließ das unbeeindru­ckt. Im Vormonat gab seine Regierung bekannt, dass sie für den Aufbau des 5G-Netzes in Ungarn eine strategisc­he Partnersch­aft mit Huawei vereinbart hat.

Von Maren Hennemuth und Gregor Mayer, dpa

 ?? Foto: Mark Wilson, afp ?? Auf einer Wellenläng­e: US-Präsident Donald Trump (rechts) und Ungarns Premier Viktor Orban am Montag im Weißen Haus in Washington.
Foto: Mark Wilson, afp Auf einer Wellenläng­e: US-Präsident Donald Trump (rechts) und Ungarns Premier Viktor Orban am Montag im Weißen Haus in Washington.

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