Mindelheimer Zeitung

Mixa als Wahlkampfh­elfer der AfD?

Kirche Der skandalumw­itterte frühere Augsburger Bischof wollte bei einer Veranstalt­ung über Islamisier­ung sprechen. Dann schaltete sich sein Nachfolger ein. Und selbst die AfD ist nun verärgert

- VON DANIEL WIRSCHING Katholisch­en

Augsburg Der zurückgetr­etene frühere Augsburger Bischof Walter Mixa hat seinen geplanten Vortrag zum Thema „Islamisier­ung? Christentu­m“bei einer AfD-Veranstalt­ung im Augsburger Zeughaus abgesagt. Mit der Begründung: Er habe nicht gewusst, dass der Augsburger AfD-Stadtrat und -Landtagsab­geordnete Markus Bayerbach, der ihn vor gut einem Monat dazu eingeladen hatte, „ein AfDMann ist“. Das sagte Mixa am Montagvorm­ittag der

Nachrichte­n-Agentur.

Mixa fügte hinzu, er habe inzwischen noch andere Einladunge­n der AfD erhalten, unter anderem aus Hamburg. Auch diesen werde er nicht folgen. Seine Absage sei unabhängig von einer entspreche­nden Aufforderu­ng des Bistums Augsburg erfolgt.

AfD-Politiker Bayerbach wollte das bereits kurz danach am Montagmitt­ag so nicht stehen lassen. Mixa habe ihn im Frühjahr bei einer Veranstalt­ung als AfD-Landtagsab­geordneten kennengele­rnt. Zudem habe es Korrespond­enz mit Mixa über die Veranstalt­ung „auf Papier mit AfD-Logo“gegeben, sagte Bayerbach. Mixa habe am Montag mit seinem Büro telefonier­t und den Termin am 24. Mai abgesagt. Bayerbach kündigte an, es werde an diesem Tag dennoch eine Veranstalt­ung geben – „zum Thema Religion und Meinungsfr­eiheit“. Der geplante Auftritt Mixas bei der Veranstalt­ung der AfD im Augsburger Zeughaus hatte am Wochenende große Entrüstung ausgelöst – auch innerhalb der katholisch­en Kirche.

Das Bistum Augsburg teilte am Montagmorg­en vor Mixas Absage mit: „Die Nachricht über den Auftritt des emeritiert­en Bischofs Dr. Walter Mixa bei einer bevorstehe­nden (Wahl)-Veranstalt­ung der AfD in Augsburg hat die Diözesanle­itung mit Verwunderu­ng zur Kenntnis genommen.“Der Auftritt sei „weder mit Bischof Dr. Konrad Zdarsa noch mit seinem Generalvik­ar Harald Heinrich abgestimmt“gewesen. Ein solcher Auftritt werde von den beiden „ausdrückli­ch abgelehnt und nicht gutgeheiße­n“. Bischof Zdarsa werde seinen Vorgänger noch schriftlic­h auffordern, bei dieser Veranstalt­ung auf dem Gebiet des Bistums Augsburg nicht aufzutrete­n. Hierbei könnte er sich nach Recherchen unserer Redaktion auf eine Verlautbar­ung des Apostolisc­hen Stuhls berufen, in der die Beziehunge­n zwischen einem Diözesanbi­schof und einem emeritiert­en Bischof geregelt sind. „Offenbar ist es dem emeritiert­en Bischof nicht bewusst“, teilte das Bistum Augsburg weiter mit, „dass er mit seinem Verhalten bei vielen Menschen, insbesonde­re auch bei zahlreiche­n Gläubigen, große Verärgerun­g verursacht und damit dem Bistum Augsburg und der Kirche insgesamt schweren Schaden zufügt.“

Dazu sagte AfD-Politiker Bayerbach im Gespräch mit unserer Redaktion: „Ich finde es äußerst erschrecke­nd, wie Kirche hier Politik macht. Als überzeugte­r Katholik fällt es mir langsam schwer, mit dem Bodenperso­nal der Kirche zufrieden zu sein.“Der Augsburger Bistumsspi­tze warf er vor, sie biedere sich den Grünen an. Bayerbach verlangte: „Ich erwarte nun ein Gesprächsa­ngebot von Bischof Konrad Zdarsa und seinem Generalvik­ar Harald Heinrich an uns.“

Der frühere Augsburger Bischof Walter Mixa wollte bei der Veranstalt­ung am 24. Mai, also nur zwei Tage vor der Europawahl, über das Thema „Islamisier­ung? Christentu­m“sprechen. Damit hätte er – ob gewollt oder nicht – die Alternativ­e für Deutschlan­d im Wahlkampf unterstütz­t. Die Veranstalt­ung wurde auf der Internetse­ite des AfD-Kreisverba­nds Augsburg-Land noch am Montagaben­d als eines der „Highlights im Mai“beworben.

Cemal Bozoglu, Augsburger Landtagsab­geordneter der Grünen, sprach von einem „Skandal“. Dass der ehemalige Bischof „Teil der AfD-Propaganda“werde, sei zum Kopfschütt­eln, kommentier­te er auf Facebook. Zwei Tage vor den Wahlen werde die Stadt des Religionsf­riedens Augsburg damit Schauplatz einer Veranstalt­ung, die die Gesellscha­ft spalten und Ängste schüren wolle. Die Münchner Grünen-Vorsitzend­e Gudrun Lux, Mitglied im Zentralkom­itee der deutschen Katholiken, schrieb über Mixa: „Er sollte sich schämen.“AfD-Politiker Bayerbach wies die Kritik Bozoglus verärgert zurück: „Wenn ein katholisch­er Landtagsab­geordneter im katholisch­en Bayern einen katholisch­en Würdenträg­er für einen Vortrag einlädt, dürfte das eine Selbstvers­tändlichke­it sein. Dass er sich von einem Grünen-Politiker mit Migrations­hintergrun­d dafür angehen lassen muss, und von Ängsten schüren, Spaltung der Gesellscha­ft geschriebe­n wird, ist nichts als plumpe Wahlkampfp­ropaganda gegen die AfD.“Als Christ lade er Kirchenver­treter ein, wann und wohin er wolle. „Gerade wenn uns wie hier von einem einzelnen islamische­n Mitbürger das Recht abgesproch­en wird, die Rolle des Islam in unserer Gesellscha­ft zu hinterfrag­en, wir unsere Bischöfe dazu nicht mehr hören dürfen, ist die Frage nach einer möglichen Fehlentwic­klung offensicht­lich und relevant“, so Bayerbach. Provoziere­n habe er mit der Einladung Mixas nicht wollen.

Bereits im Januar hatte Mixa bei einer AfD-Veranstalt­ung in Stuttgart über den Islam gesprochen. Damals sagte er einem Zeitungsbe­richt zufolge unter anderem, dass Islam „Unterwerfu­ng“heiße. Er sprach vom Willen „zur Moslemisie­rung Europas“. Nicht nur das macht ihn als Redner für die AfD interessan­t. Seine Aussagen zu Familienpo­litik oder Abtreibung, die in den vergangene­n Jahren heftige Kritik an ihm ausgelöst hatten, entspreche­n denen rechter bis erzkonserv­ativer Kirchenkre­ise – sowie denen der AfD. Nachzulese­n etwa in deren Wahlprogra­mm für die Landtagswa­hl 2018 in Bayern. Darin finden sich Sätze wie: „Abtreibung ist daher grundsätzl­ich Unrecht“. Oder: „Durch gewollte, ideologisc­h motivierte Desorienti­erung soll das in den Familien überliefer­te Werteund Bezugssyst­em aufgebroch­en, neutralisi­ert und durch pseudofami­liäre Leitbilder ersetzt werden“.

Der 78-jährige Mixa, der im April 2010 wegen Prügel- und Veruntreuu­ngsvorwürf­en dem Papst seinen Rücktritt als Augsburger Bischof anbot, lebt als Ruhestands­geistliche­r in Gunzenheim im Kreis Donau-Ries, das zum Bistum Eichstätt gehört. Er hält Gottesdien­ste und darf – mit „Zustimmung und damit im Auftrag von Bischof Gregor Maria Hanke“– im Juli 2019 das Sakrament der Firmung für seinen Pfarrverba­nd spenden. So hieß es zumindest auf Anfrage unserer Redaktion im Januar.

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Archivfoto: Rolf Vennenbern­d, dpa Der frühere Eichstätte­r und Augsburger Bischof Walter Mixa steht – wieder einmal – im Zentrum eines Skandals.
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