Mindelheimer Zeitung

Abwehrsyst­em gegen Pollenatta­cken

Gesundheit Am Mindelheim­er Klinikum steht eine von nur sechs Messstatio­nen in Bayern. Was Allergiker davon haben

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Schon vorigen Sommer hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it eine Messstatio­n auf dem Personalwo­hnheim Kreisklini­kum in Mindelheim in Betrieb genommen. An ihr wird alle drei Stunden erfasst, welche Pollen gerade durch die Mindelheim­er Luft schwirren. Ende Mai gehen die Messergebn­isse online und können quasi live verfolgt werden. Für Betroffene ein Riesenfort­schritt, weil sie rechtzeiti­g gewarnt werden und mit Medikament­en vorbeugen können.

Wer unter einer Allergie leidet, sieht sich mit schwerwieg­enden gesundheit­lichen Problemen konfrontie­rt. In besonders schweren Fällen brauchen Betroffene sofortige medizinisc­he Hilfe, etwa nach einem Schock. Für alle Allergiker könnte diese Messstatio­n also wertvolle Hinweise liefern, welche Pollen von Bäumen oder Gräsern gerade fliegen.

In Bayern gibt es lediglich sechs solche regionalen Messstatio­nen, die den Freistaat repräsenta­tiv abdecken. In München etwa kann die Lage völlig anders sein als in Mindelheim, weil Forst- und Landwirtsc­haft unterschie­dlich betrieben werden, sagt der Mindelheim­er Chefarzt Dr. Peter Steinbigle­r vom Kreisklini­kum Mindelheim. Er und seine Kolleginne­n und Kollegen der Inneren Abteilung behandeln Patienten mit Atemwegser­krankungen bei Notfällen. Das Ottobeurer Krankenhau­s hat sich darüber hinaus noch auf Lungenfach­heilkunde spezialisi­ert.

Zunächst aber sind die Haus- und Fachärzte zuständig, wenn jemand unter Heuschnupf­en leidet, und nicht das Krankenhau­s. Weil das Netz der Fachärzte im Unterallgä­u nicht allzu dicht geknüpft ist, landen doch relativ viele Allergiepa­tienten in der Notaufnahm­e des Klinikums. Steinbigle­r spricht von drei bis vier Patienten pro Woche, vor allem in den Sommermona­ten.

Auf ein Jahr ist die Testphase des neuen Messsystem­s angelegt, sagt Steinbigle­r. Zunächst musste ein Datenbesta­nd aufgebaut werden. Im zweiten Jahr liegen also Vergleichs­werte zum Vorjahr vor. Derzeit ist es übrigens die Birke, die Betroffene­n zu schaffen macht. Die Eiche wird folgen. Schon im Februar heuer hatten einzelne Gräser geblüht. Dann trat kältebedin­gt eine Pause ein.

Die Ursachen für Allergien können sehr unterschie­dlich sein. Da spielt oft auch die Weltsicht eine Rolle, deutet Steinbigle­r an. Mal ist es der Feinstaub, mal die Monokultur in der Landwirtsc­haft. Der Chefarzt sagt ganz allgemein, dass unsere moderne Lebensweis­e eine große Rolle spielt. Wer die ganze Woche im Büro im siebten Stockwerk sitzt, für den können Löwenzahnp­ollen oder auch eine Schale Erdbeeren massive Folgen haben. Früher hatten kleine Kinder häufiger im Freien gespielt als heute. Da haben sie so manches in den Mund genommen, was ihre Immunabweh­r gestärkt hat, allerdings auch andere gesundheit­liche Probleme bereitet hat. Der Mediziner spricht von natürliche­r Sensibilis­ierung. Im Sommer kommen Insektenst­iche hinzu. So eindeutig ist es aber nicht immer, was eine Abwehrreak­tion hervorgeru­fen hat. Es kann auch eine Lebensmitt­eloder eine Tierhaaral­lergie sein. Manchmal ist es auch eine Reaktion auf Schimmelpi­lze.

Was hilft? Steinbigle­r sagt, man müsse schnell die Immunabweh­r unterdrück­en. Das geht mit Cortison in hohen Dosen. Eingesetzt werden später Tabletten oder Sprays. Eine Hypersensi­bilisierun­g ist aber eine langwierig­e Sache, die bis zu drei Jahre dauern kann. Gegen Bienen- und Wespenstic­he wird so etwas beispielsw­eise gemacht.

Und wie lässt sich vorbeugen? Steingbigl­er sagt, es wäre gut, möglichst mit der Natur im Einklang zu leben. Pauschalre­zepte gebe es aber keine.

Die Station kann wertvolle Hilfe leisten

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Foto: dpa Eine Messstatio­n auf dem Dach der Kreisklini­k kann wertvolle Informatio­nen für Allergiker liefern.

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