Abwehrsystem gegen Pollenattacken
Gesundheit Am Mindelheimer Klinikum steht eine von nur sechs Messstationen in Bayern. Was Allergiker davon haben
Mindelheim Schon vorigen Sommer hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine Messstation auf dem Personalwohnheim Kreisklinikum in Mindelheim in Betrieb genommen. An ihr wird alle drei Stunden erfasst, welche Pollen gerade durch die Mindelheimer Luft schwirren. Ende Mai gehen die Messergebnisse online und können quasi live verfolgt werden. Für Betroffene ein Riesenfortschritt, weil sie rechtzeitig gewarnt werden und mit Medikamenten vorbeugen können.
Wer unter einer Allergie leidet, sieht sich mit schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen konfrontiert. In besonders schweren Fällen brauchen Betroffene sofortige medizinische Hilfe, etwa nach einem Schock. Für alle Allergiker könnte diese Messstation also wertvolle Hinweise liefern, welche Pollen von Bäumen oder Gräsern gerade fliegen.
In Bayern gibt es lediglich sechs solche regionalen Messstationen, die den Freistaat repräsentativ abdecken. In München etwa kann die Lage völlig anders sein als in Mindelheim, weil Forst- und Landwirtschaft unterschiedlich betrieben werden, sagt der Mindelheimer Chefarzt Dr. Peter Steinbigler vom Kreisklinikum Mindelheim. Er und seine Kolleginnen und Kollegen der Inneren Abteilung behandeln Patienten mit Atemwegserkrankungen bei Notfällen. Das Ottobeurer Krankenhaus hat sich darüber hinaus noch auf Lungenfachheilkunde spezialisiert.
Zunächst aber sind die Haus- und Fachärzte zuständig, wenn jemand unter Heuschnupfen leidet, und nicht das Krankenhaus. Weil das Netz der Fachärzte im Unterallgäu nicht allzu dicht geknüpft ist, landen doch relativ viele Allergiepatienten in der Notaufnahme des Klinikums. Steinbigler spricht von drei bis vier Patienten pro Woche, vor allem in den Sommermonaten.
Auf ein Jahr ist die Testphase des neuen Messsystems angelegt, sagt Steinbigler. Zunächst musste ein Datenbestand aufgebaut werden. Im zweiten Jahr liegen also Vergleichswerte zum Vorjahr vor. Derzeit ist es übrigens die Birke, die Betroffenen zu schaffen macht. Die Eiche wird folgen. Schon im Februar heuer hatten einzelne Gräser geblüht. Dann trat kältebedingt eine Pause ein.
Die Ursachen für Allergien können sehr unterschiedlich sein. Da spielt oft auch die Weltsicht eine Rolle, deutet Steinbigler an. Mal ist es der Feinstaub, mal die Monokultur in der Landwirtschaft. Der Chefarzt sagt ganz allgemein, dass unsere moderne Lebensweise eine große Rolle spielt. Wer die ganze Woche im Büro im siebten Stockwerk sitzt, für den können Löwenzahnpollen oder auch eine Schale Erdbeeren massive Folgen haben. Früher hatten kleine Kinder häufiger im Freien gespielt als heute. Da haben sie so manches in den Mund genommen, was ihre Immunabwehr gestärkt hat, allerdings auch andere gesundheitliche Probleme bereitet hat. Der Mediziner spricht von natürlicher Sensibilisierung. Im Sommer kommen Insektenstiche hinzu. So eindeutig ist es aber nicht immer, was eine Abwehrreaktion hervorgerufen hat. Es kann auch eine Lebensmitteloder eine Tierhaarallergie sein. Manchmal ist es auch eine Reaktion auf Schimmelpilze.
Was hilft? Steinbigler sagt, man müsse schnell die Immunabwehr unterdrücken. Das geht mit Cortison in hohen Dosen. Eingesetzt werden später Tabletten oder Sprays. Eine Hypersensibilisierung ist aber eine langwierige Sache, die bis zu drei Jahre dauern kann. Gegen Bienen- und Wespenstiche wird so etwas beispielsweise gemacht.
Und wie lässt sich vorbeugen? Steingbigler sagt, es wäre gut, möglichst mit der Natur im Einklang zu leben. Pauschalrezepte gebe es aber keine.
Die Station kann wertvolle Hilfe leisten