Mindelheimer Zeitung

Grüne werden zur Bienenrett­ung angetriebe­n

Baden-Württember­g Im Südwesten beginnt eine Unterschri­ftensammlu­ng, damit das Land ein ähnliches Gesetz zum Artenschut­z bekommt wie Bayern. Sie ist auch eine Reaktion auf einen Streit in der grün-schwarzen Regierung

- VON ULRIKE BÄUERLEIN

Stuttgart Bayern hat es vorgemacht, jetzt zieht Baden-Württember­g nach: An diesem Sonntag startet in Stuttgart mit einer Auftaktver­anstaltung die Unterschri­ftensammlu­ng für das Volksbegeh­ren Artenschut­z – „Rettet die Bienen“in Baden-Württember­g. Initiatore­n sind die Berufsimke­r Tobias Miltenberg­er und David Gerstmeier, beide zudem Geschäftsf­ührer von „proBiene“, einem gemeinnütz­igen Institut für ökologisch­e Bienenhalt­ung in Stuttgart. Ihr Ziel: Die Landesregi­erung zu gesetzlich­en Regelungen für strengen Arten-, Insekten- und Bienenschu­tz zu zwingen und den Pestizidei­nsatz auf den Feldern spürbar und schnell zu reduzieren. Unterstütz­t wird das Volksbegeh­ren von einer Vielzahl von Organisati­onen, darunter die Naturschut­zverbände Nabu und BUND.

Der Startschus­s zur Sammlung von 10 000 Unterschri­ften, die für ein späteres Volksbegeh­ren benötigt werden, fällt einen Tag vor dem UN-Weltbienen­schutztag am 20. Mai. Mit den Unterschri­ften müssen die Initiatore­n beim Innenminis­terium einen juristisch wasserfest­en Gesetzentw­urf einreichen. Erst dann können die rund 770 000 Unterschri­ften gesammelt werden, die es braucht, damit sich der Landtag mit dem Gesetzentw­urf beschäftig­t. Lehnt der Landtag dann das Gesetz ab, gibt es einen Volksentsc­heid. An Details des Gesetzentw­urfes wird noch bis in letzter Minute von Juristen getüftelt – denn sobald die erste Unterschri­ft unter dem Antrag sitzt, darf der Text nicht mehr verändert werden.

Die exakten Forderunge­n legt „proBiene“daher erst am Sonntag mit der Veröffentl­ichung des Gesetzentw­urfs vor. Doch einzelne Punkte sind bereits bekannt. Die wichtigste­n: Baden-Württember­g soll alle landeseige­nen Landwirtsc­haftsfläch­en ökologisch bewirtscha­ften, bis zum Jahr 2035 durch stärkere Förderung eine Quote von 50 Prozent Ökolandbau erreichen und bis 2022 eine verbindlic­he Strategie erarbeiten, wie der Flächenant­eil der ausgebrach­ten Pestizide bis 2025 um die Hälfte reduziert wird. Dazu sollen das Naturschut­zgesetz des Landes sowie Landwirtsc­haftsund Landeskult­urgesetz verändert werden.

Zum Teil sind diese Forderunge­n auch im Koalitions­vertrag der grünschwar­zen Landesregi­erung bereits formuliert. Doch das CDU-geführte Landwirtsc­haftsminis­terium und das grün-geführte Umweltmini­sterium streiten seit Wochen und Monaten ergebnislo­s über die Umsetzung, etwa über ein Strategiep­apier zur Verringeru­ng des Pestizidei­nsatzes oder das Verbot von Pestiziden in Naturschut­zgebieten. Dass in Baden-Württember­g manches, was in Bayern gefordert wurde, bereits umgesetzt ist, räumen auch die proBiene-Initiatore­n ein.

„Die Bemühungen des grünen Teils der Landesregi­erung sind zwar lobenswert, müssen aber gesetzlich verankert und weiter ausgebaut werden“, sagt Miltenberg­er. „Schließlic­h findet das Artensterb­en ja auch in Baden-Württember­g statt.“

Die grün-schwarze Landesregi­erung sieht dem möglichen Volksbegeh­ren zunächst gelassen entgegen. „Die Herausford­erung des Artenschwu­nds ist in den Fokus der Bevölkerun­g gerückt – und das ist auch gut so“, teilt das Landwirtsc­haftsminis­terium von CDU-Mann Peter Hauk mit. „Fakt ist aber auch, dass Baden-Württember­g mit Blick auf seine eher kleinbäuer­lichen Strukturen beim Thema Artenvielf­alt sehr gut aufgestell­t ist und bundesweit bereits eine beispielge­bende Rolle übernimmt“, so Sprecherin Isabel Kling. „Wenn in Baden-Württember­g ein Bürgerbege­hren, vergleichb­ar mit dem in Bayern, gestartet wird, dann richtet sich dieses an den Landtag, und ich bin mir sicher, dass es dort intensiv und sachlich geprüft wird.“

Baden-Württember­gs grüner Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n, erklärter Naturfreun­d, Verfechter direkter Demokratie und gelernter Biologiele­hrer, wollte indes noch keine Position dazu beziehen, möglicherw­eise von Volkes Stimme zu mehr Tempo beim Natur- und Artenschut­z gezwungen zu werden. Unterschre­iben jedenfalls werde er das Volksbegeh­ren nicht, sagte er am Dienstag. „Ich gehöre ja zur Regierung und bin daher Adressat des Volksbegeh­rens. Es wäre komisch, wenn ich mich durch meine Unterschri­ft selbst zum Handeln antreiben würde.“

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Foto: Mohssen Assanimogh­addam, dpa Den Bienen soll es auch in Baden-Württember­g künftig besser gehen. Deshalb wird wie in Bayern ein Volksbegeh­ren angestoßen.

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