Der Mörder und sein Draht nach Wien
Rechtsextreme Was Österreichs Identitäre mit dem Christchurch-Attentäter zu tun haben
Wien Die Beziehungen zwischen dem österreichischen IdentitärenChef Martin Sellner und dem neuseeländischen Christchurch-Attentäter Brenton Tarrant sind enger als zunächst angenommen. Bislang war bekannt, dass Tarrant 1500 Euro an die Identitären gespendet hat. Jetzt belegen Dokumente, dass die Kontakte zwischen dem Attentäter, der in zwei Moscheen insgesamt 51 Menschen ermordet hat, und dem Chef der rechtsextremen österreichischen Identitären umfassender waren. Sellner hatte das bestritten.
Sellner hatte Tarrant geschrieben: „Wir sollten auf einen Kaffee oder ein Bier gehen, wenn du in Wien bist.“Er bedankte sich für die „unglaubliche Spende“des Australiers in Höhe von 1500 Euro. Tarrant antwortete: „Es ist eine kleine Summe im Vergleich zu der unglaublichen Arbeit, die du leistest. Es wird ein langer Weg zum Sieg, aber unsere Leute werden jeden Tag stärker.“Nach Bekanntwerden der Verbindung hatte der österreichische Verfassungsschutz Sellners Haus durchsucht und Computer beschlagnahmt. Sellner, so heißt es, dürfte vorher gewarnt worden sein. Der E-Mail-Verkehr mit Tarrant war jedenfalls gelöscht. Die Beamten fanden jedoch einige Screenshots auf dem Computer.
Sellner, ein Arztsohn aus dem Wiener Umland, präsentiert sich und die Identitären als den bürgerlich-smarten Arm der Neo-Naziszene. Er ist nach Deutschland gut vernetzt. Auch die deutschen Identitären werden vom Verfassungsschutz beobachtet. In Österreich scheiterten zwei Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Jetzt sind neue Verfahren wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 100000 Euro anhängig. Ein großer Teil der Spenden stammt offenbar aus Deutschland. Sie werden von Kommentaren begleitet, die auf rechtes Gedankengut der Absender schließen lassen, wie zum Beispiel „Kampfspende“.
Österreichs Innenminister Herbert Kickl sagte gestern, die Annahme, dass Sellner Teil eines rechtsextremen Netzwerkes sein könnte, sei nichts Neues. Die Ermittlungen liefen in diese Richtung. Doch da der Attentäter durch verschiedene Länder gereist sei, seien Absprachen mit neuseeländischen Behörden nötig.
Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands stuft die Identitären als rechtsextrem ein. Sie sind auf verschiedenste Weisen mit der rechtspopulistischen Regierungspartei FPÖ verbunden, der auch Kickl angehört. Zuletzt wurde versucht, einige Verbindungen zu kappen. Es sollen auf Druck von Kanzler Sebastian Kurz sogar Mitarbeiter aus Ministerien und der Fraktion entlassen worden sein, die zu den Identitären gehören.
„Eine Abgrenzung zur Ideologie der Identitären hat jedoch nicht stattgefunden“, sagt Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv. Der Attentäter von Christchurch habe ebenso wie FPÖ-Chef Heinz Christian Strache den Begriff „Bevölkerungsaustausch“anstelle „Migration“benutzt. Strache hält im Europa-Wahlkampf daran fest.