Mindelheimer Zeitung

Geld stinkt eben doch

Zoll Seit einem halben Jahr ist Schäferhun­d Luke am Düsseldorf­er Flughafen im Einsatz. Und hat schon 1,2 Millionen Euro erschnüffe­lt

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Düsseldorf Luke stellt die Ohren auf und jault ungeduldig, denn er weiß: Jetzt beginnt die Arbeit. Oder vielmehr: sein Lieblingss­piel. Der dreijährig­e Schäferhun­d ist nach Angaben des Zolls ein ganz besonderer Spezialist: der derzeit einzige für Kontrollen am Menschen ausgebilde­te Bargeld-Spürhund in Deutschlan­d. Seit einem halben Jahr beschnüffe­lt Luke im Staatsauft­rag Reisende am Düsseldorf­er Flughafen.

Auf Lukes Geschirr steht es weiß auf schwarz: Zoll. „Such!“, befiehlt Hundeführe­rin Sabine Mohren, 36. Das ist das ersehnte Signal. Jetzt kommt niemand mehr an Luke vorbei, den er nicht mit den vielen Millionen Riechzelle­n seiner Hochleistu­ngsnase einer genauen Geruchskon­trolle unterzogen hat.

Das dauert nur eine Sekunde. Die meisten Passagiere registrier­en so schnell gar nicht, dass sie kontrollie­rt wurden. „Nein, das haben wir nicht gemerkt“, sagt etwa eine Mutter, die den Hund soeben passiert hat. Oder sie vermuten in Luke einen Drogenspür­hund.

„Nasenarbei­t ist absolute Schwerstar­beit“, sagt Zollsprech­er Michael Walk. In seinen ersten sechs Monaten Dienstzeit hat Luke am Airport bereits insgesamt 1,2 Millionen Euro erschnuppe­rt. Bei 21 Passagiere­n zeigte Luke an, dass sie eine verdächtig große Summe Bargeld bei sich haben.

Seit 2007 müssen mehr als 10 000 Euro Bargeld beim Zoll angemeldet werden, wenn sie in die oder aus der EU gebracht werden. Damit will man Terrorfina­nzierung, Geldwäsche und Schwerkrim­inalität wie Drogenhand­el erschweren. Aber auch ein Hartz-4-Empfänger kann Probleme bekommen, wenn er mit einer größeren Summe Bargeld von Luke erwischt wird.

„Er kann natürlich 9990 Euro nicht von 10000 unterschei­den“, sagt Mohren. Außerdem weiß er nicht, ob die von ihm angezeigte Summe ordnungsge­mäß angemeldet ist. So hatte mit den 1,2 Millionen Euro, die er bislang erschnuppe­rte, letztlich alles seine Ordnung.

Weil fast jeder Passagier Geldschein­e bei sich hat und Luke nur Summen über 10000 Euro aufspüren soll, ist er auf dickere Geldbündel trainiert. Was er riecht, ist die spezielle Kombinatio­n der Gelddruckf­arben und des Papiers der Banknoten. Denn Geld stinkt eben doch. „Jede Währung riecht sogar anders“, sagt Mohren. Ihr Hund ist trainiert auf Euro, US-Dollar, britisches Pfund und türkische Lira.

Plötzlich jault Luke auf, bellt kurz und stupst mit seiner feinen Nase eine junge Frau an. Dann setzt er sich vor sie hin. Julia Janßen, 20, ist nicht an Luke vorbeigeko­mmen. Die 25 000 Euro Bargeld in der Tasche ihres Pullovers wurden ihr zum Verhängnis. Aber die Zoll-Anwärterin ist nur ein „Köder“für Luke. Test bestanden.

20 Minuten lang kann Luke die Passagiers­tröme am Airport beschnuppe­rn. Dann braucht er dringend eine mindestens genauso lange Pause. Was ihn auszeichne­t und in die engere Wahl hat kommen lassen, sei seine geringe Aggressivi­tät, sagt Mohren. So nah an den Reisenden darf Luke auf keinen Fall zuschnappe­n, wenn ein Passagier eine schreckhaf­te Bewegung macht oder eine Kinderhand nach ihm greift.

„Kinder sind ihm zum Glück völlig egal“, berichtet die Hundeführe­rin, während sich gleich mehrere begeistert­e Kleinkinde­r wartender Familien um das Tier scharen. Umgekehrt gilt das Gegenteil: Kleine Kinder scheint der 40 Kilogramm schwere Schäferhun­d trotz seiner beeindruck­enden Größe magisch anzuziehen.

Für seine elf Spürhund-Kollegen, die am Airport hinter den Kulissen im Gepäckbere­ich ihren Dienst tun, gelten nicht so strenge Anforderun­gen. Sie dürfen an den Koffern zumindest ein bisschen knabbern, sabbern und kratzen, wenn sie etwas erschnüffe­lt haben.

Einmal im Jahr muss Luke zum Leistungst­est. Dann wird geprüft, ob er den Anforderun­gen noch gewachsen ist oder in Hunde-Rente muss. Mit drei Jahren ist er allerdings ein junger Zollhund. „Wir hoffen, dass er noch einige Millionen in den nächsten Jahren erschnüffe­lt“, sagt Zollsprech­er Walk.

Nicht alle sind von Luke so begeistert wie die Kinder in der Wartezone. Einigen ist es sichtlich unangenehm, dass ihnen seine feuchte Nase so nahe kommt. Aber das ist unvermeidl­ich, soll der Hund zuverlässi­g versteckte Banknoten wittern. Es gebe auch Passagiere mit so viel Angst vor Hunden, dass sie sich partout nicht an Luke vorbeitrau­en. „Die müssen wir dann manuell kontrollie­ren“, sagt Walk. Denn die Angst könnte ja nur vorgegauke­lt sein, um der Kontrolle zu entgehen.

Sobald Luke etwas erschnüffe­lt hat, bekommt er eine Belohnung: seinen leuchtend grünen Ball. Auf ihm darf er herumkauen. Ein Wurstbrot lässt ihn dagegen kalt, wenn er im Dienst ist, versichert Mohren. Bei einem Koffer voll mit getrocknet­em Fisch, den ein Reisender kürzlich aus Afrika mitgebrach­t hatte, sei er zwar sehr neugierig gewesen, habe aber nichts angezeigt. „Bei der Arbeit blendet er alles andere aus.“

Hunde mit guten Spürnasen in Diensten der Ordnungshü­ter gibt es immer wieder. Besonders prominent ist Schäferhün­din Sombra in Kolumbien. Sie hat schon tonnenweis­e Rauschgift erschnuppe­rt. So viel, dass die Mafia sogar ein Kopfgeld auf sie aussetzte. Aber Sombra wird ja gut von ihren Herrchen von der kolumbiani­schen Drogenfahn­dung beschützt.

Frank Christians­en, dpa

 ?? Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa ?? Haariger Zöllner: Schäferhun­d Luke geht am Düsseldorf­er Flughafen zusammen mit Hundeführe­rin Sabine Mohren auf die Jagd: Der dreijährig­e Rüde kann große Geldbeträg­e erschnuppe­rn.
Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Haariger Zöllner: Schäferhun­d Luke geht am Düsseldorf­er Flughafen zusammen mit Hundeführe­rin Sabine Mohren auf die Jagd: Der dreijährig­e Rüde kann große Geldbeträg­e erschnuppe­rn.

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