Au revoir Franck, vaarwel Arjen
Abschied Mit Ribéry und Robben verabschieden sich am Saisonende zwei Spieler, die den FC Bayern geprägt haben, um die er aber auch oft gebangt hat. Als „Robbery“waren sie eines der besten Stürmerpaare der Welt. Sie haben sich ergänzt, geschätzt – aber auc
Franck Ribéry ließ eine minderjährige Prostituierte nach München einfliegen. Er verpasste Arjen Robben ein blaues Auge. Wenn Gegenspieler den gebührenden Mindestabstand auf dem Spielfeld unterschritten, griffelte der Franzose ihnen im Gesicht herum. Franck Ribéry kokettierte nach wenigen Jahren in München mit einem Wechsel zu Real Madrid und fügte sich nur äußerst ungern in wie auch immer von Trainerkopf erdachte Spielsysteme. Kein anderer Spieler des FC Bayern wird im heimischen Stadion so gefeiert wie der 36-Jährige.
Die Fans rufen seinen Namen. „Ribéry, Ribéry, Ribéry“– egal ob er sich hinter dem Tor warmläuft, zum Eckball schreitet oder seinen Gegenspieler in die falsche Richtung schickt. Auf Ribéry können sich die meisten Anhänger einigen. Als er 2007 von Marseille nach München wechselte, war er der erste MegaTransfer des FC Bayern. 25 Millionen Euro kostete der Flügelstürmer und weil gleichzeitig noch Luca Toni und Miroslav Klose kamen, wurde erstmals spürbar das Festgeldkonto angegriffen. Die Rendite rechtfertigte die Ausgaben.
Einen wie Ribéry hatten sie zuvor in München noch nicht gesehen. Trickreich wie Mehmet Scholl, dessen Nummer sieben er übernahm. Schnell und stark im Torabschluss. Am liebsten aber serviert er seinen Mitspielern den Ball einschubgerecht vor des Gegners Tor. Er war der einzige, der zwischen 2008 und 2017 Ronaldo und Messi als Weltfußballer hätte ablösen können. Als ihm aber die wahlberechtigten Journalisten 2013 auf der Höhe seiner Schaffenskraft den Titel verweigerten, reagierte er beleidigt. Monatelang dribbelte er seiner Form hinterher. Die Schnittmenge zwischen fußballerischem Talent und divenhaften Verhalten ist seit jeher groß.
Nun also: Schluss. Zwei Auftritte noch im Dress der Münchner – wenn es denn gut läuft. Am Samstag gegen Frankfurt werden sie ein letztes Mal seinen Namen im Stakkato durch die Allianz-Arena hallen lassen. Den Mann feiern, der in der vergangenen Winterpause ein mit Gold überzogenes Steak aß und auf die Kritik an dem vermeintlich dekadenten Verhalten recht undiplomatisch reagierte („F **** eure Mütter, eure Großmütter und euren gesamten Stammbaum“). Seine Vorgesetzten wollten darin kein ahndungswürdiges Vergehen erkennen. Reine Privatsache.
Auch deswegen sieht Ribéry seine Zukunft in München. Vielleicht spielt er noch ein, zwei Jahre im Ausland – dann aber will er zurückkehren. Weil er in Frankreich nie jene Zuneigung erfahren hat, die ihm in München entgegengebracht wurde. Weil hier wohlwollend über all seine größeren und kleineren Ausrutscher hinweggegangen wurde. Ein Status, den sich Ribéry über die Jahre hinweg erspielte. Der Mann, der Spektakel in die Bundesliga brachte. Ein letztes Mal „Ribéry, Ribéry, Ribéry“. Er wird fehlen. Es gibt Menschen, denen fehlt jeden Tag etwas anderes. Meist sind es Männer um die 50. Ein Alter, in dem sie furchtbar leiden. Die hängenden Augenlider, die mit den Mundwinkeln kollidieren. Die Haare, die, statt auf dem Kopf, aus Nase und Ohren sprießen. Der Speck, der sich Traktorreifen-förmig um die Hüften legt. Der Hintern, der flach wie die norddeutsche Tiefebene am Hosenboden hängt. Ja, das Dasein der Alten ist schlimm.
Schlimmer ist nur noch das der Jungen. Am häufigsten trifft es diejenigen, die angetreten sind, sich gesund und fit zu halten – die Sportler. Die wöchentlichen Ausfall-Listen der Bundesligisten lesen sich wie die ärztlichen Lageberichte von Seniorenheimen. Eines der zartesten Pflänzchen ist Arjen Robben. Ein offenes Fenster – und es droht eine Lungenentzündung. Dass Robben sich im Verlaufe eines Spiels irgendwann an die Leiste, den Oberschenkel oder den Rücken fasst, und dann mit gequältem Robben-Gesicht zur Auswechselbank schleicht, war Bayern-Fans schon vertraut, als der Holländer noch für den FC Chelsea und Real Madrid stürmte.
Schon das kleinste Robben-Zwicken setzte die medizinische Abteilung in Bewegung. Syndesmoseband, Schambein, Muskelbündel und Hüfte waren regelmäßig betroffen von Robben-Verletzungen, ergänzt von geschätzt 50 Muskelfaserrissen, Bänderdehnungen und Fußpilzinfektionen aus dem erweiterten Schadenskatalog des Holländers. Der 35-Jährige hat den wohl anfälligsten Körper im Weltfußball, vergleichbar nur noch mit dem seines Stürmerkollegen Franck Ribéry. Trotzdem hat ihn der FC Bayern 2009 für 24 Millionen Euro Ablöse von Real Madrid übernommen. Die Bayern haben ihm eine lange Unterhose im Vereinsrot verpasst und ansonsten gehofft, die gute bayerische Luft werde das Mimöschen schützen – mit beschränktem Erfolg.
Dennoch lässt sich am Ende sagen: Robben hat deutlich mehr Freude und Erfolg als Jammer beschert. In 200 Bundesligapartien hat er 98 Mal für die Bayern getroffen. Viele Tore waren Kunstwerke. In schnellen Trippelschritten über den rechten Flügel zur Strafraumkante abgebogen und den Ball mit links in den Kasten gezwirbelt – so lief das. Wenn es allerdings nicht lief, wurde aus dem ansonsten sympathischen Kerl eine beleidigte Diva. Saß er unverletzt auf der Bank, was auch vorkam, war der 96-fache Nationalspieler tief getroffen. Andererseits war ein gesunder Robben auch im fortgeschrittenen Alter für den FC Bayern noch unverzichtbar. Also ist er nach jeder Verletzungspause wieder zurückgekehrt. Am Ende allerdings wurde es knapp. Wieder ein halbes Jahr Pause. Die große Abschiedstour fiel dem verzwickten Oberschenkel zum Opfer. Stattdessen Kurzeinsätze. Dem dreifachen Familienvater zum Trost: Jenseits der 50 wird für Männer vieles wieder besser.