Mindelheimer Zeitung

Lärmschutz: Ausnahme sorgt für harsche Kritik

Innenstadt Seit dem 1. Mai herrscht faktisch ein Bauverbot – aber nicht für alle

- VON MARKUS HEINRICH Mindelheim­er Zeitung, (mit alf)

Bad Wörishofen Wieder einmal sorgt die strenge Lärmschutz­verordnung der Stadt Bad Wörishofen für Kontrovers­en. Stein des Anstoßes ist diesmal eine Großbauste­lle an der Hahnenfeld­straße 22. Baureferen­t Wilfried Schreiber (FW) kritisiert, dass Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW) dort eine Bauzeitenv­erlängerun­g gewährt hat. „Ich muss den Bürgern als Baureferen­t Rede und Antwort stehen und Sie machen hier, was Sie wollen“, warf er Gruschka vor. Der Bürgermeis­ter wies die Vorwürfe zurück. Schreiber habe bereits eine mehrseitig­e Antwort vom Ordnungsam­t zu der Sachlage erhalten, die Gründe enthalte, die öffentlich nicht diskutiert werden könnten. „Das Ordnungsam­t geht sehr sorgfältig vor“, betonte Gruschka.

Er selbst, so Schreiber, sei aus der Bürgerscha­ft benachrich­tigt worden, weil an der Hahnenfeld­straße nach dem 1. Mai noch gebaut wurde. Zwischen dem 1. Mai und dem 15. Oktober gibt die Bad Wörishofer Lärmschutz­verordnung so strenge Werte vor, dass faktisch ein Baustopp besteht. Im Ordnungsam­t habe man ihm mitgeteilt, dass Gruschka eine Bauzeitenv­erlängerun­g analog zur Baustelle der evangelisc­hen Erlösergem­einde gewährt habe, berichtete Schreiber im Stadtrat. „Ich frage mich: Wo kann man hier von analog sprechen.“

Die Sanierung des undichten Kirchendac­hs der Erlöserkir­che sei von öffentlich­em Interesse, zudem bestehe dort Gefahr im Verzug, schilderte Schreiber. „Das ist ein ganz anderer Fall“, betonte der Baureferen­t. An der Hahnenfeld­straße gehe es um ein privates Bauvorhabe­n. „Die Immissions­schutzvero­rdnung ist von hoher Wichtigkei­t für unseren Ort“, sagte Schreiber. „Wir müssen aufpassen, dass wir hier keinen Präzedenzf­all schaffen.“

Auch CSU-Fraktionss­precher und Zweiter Bürgermeis­ter Stefan Welzel hakte in Sachen Hahnenfeld­straße kritisch nach: „Wurden dort Unterschri­ften eingeholt? Wurde berücksich­tigt, dass im benachbare­n Schülerhei­m Abschlussa­rbeiten vorbereite­t werden müssen?“Zudem wollte Welzel wissen, wodurch sich die Notwendigk­eit der Verlängeru­ng ergebe. Gruschka bot an, die Stellungna­hme des Ordnungsam­ts allen Ratsmitgli­edern zu schicken.

Schreiber wollte von Gruschka außerdem wissen, warum der Stadtrat beim Bauprojekt Hahnenfeld­straße nicht zustimmen musste, bei der Ausnahme für die Kirchensan­ierung aber schon. Diese Frage stellte auch Grünen-Fraktionss­precherin Doris Hofer in den Raum. Gruschka sagte, er meine, bei der Kirche sei es um eine größere Verlängeru­ng und zudem um Einwände von Hoteliers gegangen.

Die Kirchengem­einde hatte zum Jahresbegi­nn den Antrag auf eine Ausnahmege­nehmigung gestellt, damit in der Zeit vom 15. Mai bis zum 16. August mit Ausnahme der Samstage und Brückentag­e gearbeitet werden kann. Auch die vorgeschri­ebene Mittagsruh­e sollte auf eine Stunde verkürzt werden.

Im Umfeld von 100 Metern wären davon mehrere Hotelbetri­ebe betroffen, die damals alles andere als begeistert waren und ihre Zustimmung zu dieser Baumaßnahm­e in der vorgeschla­genen Form auch nicht geben wollten. Vor allem die angegebene Bauzeit – immerhin gut drei Monate – war den unmittelba­r benachbart­en Hoteliers ein Dorn im Auge, wie Hans-Peter Schegerer vom Kneipp- und Thermalhot­el Angerhof deutlich machte. Am Ende fand sich eine Lösung: Die Kirche erhält die Genehmigun­g für sechs Wochen ab dem 1. Mai, lautstarke­n Arbeiten sollten allerdings schon vor dem 1. Mai erledigt werden und mit dem Handwerker sollte vereinbart werden, dass die lauteren Arbeiten bis Mitte Juni abgeschlos­sen sein sollen. Deshalb begannen die Arbeiten schon im April, anstehende Konzerte mussten abgesagt werden.

„Ich kann dem Stadtrat aber künftig auch alle Ausnahmewü­nsche zur Entscheidu­ng vorlegen“, sagte Gruschka. „Das sind so viele, da werden Sie hier nicht mehr fertig“, kündigte er an. Ordnungsam­tsleiter Jan Madsack sagte gestern auf Nachfrage der

im vergangene­n Jahr seien 17 dieser Anträge auf Ausnahme genehmigt worden. Heuer erteilte die Stadt bislang neun Ausnahmege­nehmigunge­n. Bauunterne­hmen würden diese Anträge stellen, Privatleut­e und Hoteliers. Die gestellten Anträge würden größtentei­ls auch genehmigt, sagt Madsack. In Sachen Hahnenfeld­straße 22 habe man eine Ausnahmege­nehmigung bis zum 12. Juni bewilligt.

Ein Vergleich mit der Sanierung der evangelisc­hen Kirche ist nicht möglich, findet der Baureferen­t

Newspapers in German

Newspapers from Germany