„Ein Anruf genügt“
Seelsorge Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung gibt es seit 40 Jahren in Memmingen und seit 20 Jahren in Mindelheim
Memmingen Egal, ob bei persönlichen Problemen, Schwierigkeiten in der Partnerschaft oder bei Stress in der Familie: Jeder kann sich an die Ehe-, Familien- und Lebensberatung des Bistums Augsburg in Memmingen oder Mindelheim wenden. „Ein Anruf genügt“, stellt Regina Jall klar. Sie ist eine von sieben Beratern, die Einzelpersonen, Paaren oder Familien bei Problemen zur Seite stehen. Seit 40 Jahren gibt es die Beratungsstelle in Memmingen jetzt, vor 20 Jahren kam die Außenstelle in Mindelheim dazu.
„Es hat klein angefangen“, sagt Leiter Martin Uhl. Während vor 20 Jahren noch ungefähr 150 Klienten pro Jahr die Beratungsstellen aufsuchten, sind es heute über 600. Und noch weitere Veränderungen machen sich bemerkbar: Beispielsweise kommen heutzutage wesentlich mehr Männer zur Beratung. „Früher kamen Männer von sich aus so gut wie gar nicht – höchstens gezwungenermaßen“, erzählt die Paar- und Familientherapeutin Cornelia Feneberg. Generell sei die Offenheit gegenüber einer psychologischen Beratung größer geworden. „Es wird viel mehr über Probleme geredet und die Hemmschwellen sind niedriger geworden“, sagt Maria Wiest, die seit 2001 als Beraterin tätig ist. Das sei sehr positiv.
Außerdem kommen mittlerweile mehr junge Erwachsene in die Beratungsstellen als früher. Das liege daran, dass die Entscheidungsfindung für junge Leute heute durch die vielen Möglichkeiten schwieriger sei. Aber nicht alles hat sich verändert. Viele Probleme gab es früher auch schon. Für Paare beispielsweise sind die größten Stressfaktoren nach wie vor Haus, Kinder und Beruf. „Viele möchten einfach mal sprechen“, sagt Feneberg. Bei den Beratungsstellen der Diözese bekommen sie die Möglichkeit dazu – und zwar anonym. Die Tätigkeit der Beratungsstelle – sowohl bei der Einzel-, als auch bei der Paar- und Familientherapie – schließt dabei eine grundlegende Lücke im Gesundheitssystem. „Unsere Sozialversorgung ist eigentlich ein Unding“, ärgert sich Feneberg. Denn: Für Kinder wird bei Problemen von der Stadt und vom Landkreis eine sogenannte Erziehungsberatung angeboten. „Für Erwachsene mit Beziehungsproblemen fühlt sich aber niemand zuständig – weder die Krankenkasse noch öffentliche Träger“, sagt Uhl.
Grundsätzlich gibt es zwar Paartherapien – diese müssen aber normalerweise aus der eigenen Tasche bezahlt werden. In der Beratungsstelle hingegen können die Therapeuten kostenlos aufgesucht werden. 80 Prozent der Kosten übernimmt die Kirche, zehn Prozent der Freistaat. Die restlichen zehn Prozent der Kosten werden durch Spenden der Klienten finanziert.
Eine weitere Betreuungslücke, die die Beratungsstellen in Memmingen und Mindelheim zu schließen versuchen: Viele Menschen sind auf stationäre Hilfe angewiesen, müssen aber monatelang auf einen Therapieplatz warten. In so einem Fall können die Therapeuten in der Beratungsstelle die Übergangszeit überbrücken helfen.