Mindelheimer Zeitung

Gerstensaf­t für Mut und Kraft

Fußball Neigt sich eine Spielzeit zu Ende, kann sich so mancher Verein über Bierspende­n seitens der Konkurrenz freuen. Das ist durchaus legal – bis auf eine Ausnahme

- VON AXEL SCHMIDT

Unterallgä­u Eines dieser zahlreiche­n Sprichwört­er, die das Bier hochleben lassen lautet: „Ein reiner frischer Gerstensaf­t, gibt Herzensmut und Muskelkraf­t.“Und was benötigt eine Fußballman­nschaft im Saisonends­purt – ganz gleich, ob im Meistersch­afts- oder Abstiegska­mpf? Natürlich: Mut und Kraft. Kein Wunder also, dass sich Bier seit jeher als beliebte Motivation­shilfe bei Fußballern erfreut.

Das kann vereinsint­ern geschehen, wenn der Präsident oder Edelfan seinen Mannen einen zünftigen Saisonabsc­hluss spendiert, sollten die Spieler den Titel holen. Oder eben auch zwischen zwei Vereinen. Nach dem Motto: Nimmst du deinem nächsten Gegner (der uns gerade im Nacken sitzt) die Punkte, darfst du dich über das eine oder andere Fass Bier freuen.

Die Frage, die dabei oftmals mitschwing­t (weswegen auch selten richtig offen darüber gesprochen wird): Ist das erlaubt? Fällt das unter Bestechung? Da kommt es darauf an, wen man begünstige­n will. „Wenn eine Mannschaft einem anderen Team als Belohnung für einen Sieg etwas ausgibt, dann ist das ja keine massive Einflussna­hme, sondern eine Motivation­shilfe“, sagt Herbert Moser. Der Augsburger saß 18 Jahre lang im Kreis-Sportgeric­ht Allgäu – und hat nach eigenen Angaben noch nie einen Fall verhandelt, bei dem es um unlautere Motivation­sspritzen ging. Er sagt: „Wenn ich natürlich einem Verein etwas verspreche, damit er verliert, dann sieht es anders aus.“Dann wird auch Motivation schnell Manipulati­on. Dagegen sei es handelsübl­ich, jemanden für gute Leistungen zu belobigen.

Tatsächlic­h gibt es nicht wenige Bundesligi­sten, die sich über eine Wagenladun­g Weißwürste, Brezen und Weißbier aus München freuen durften, wenn sie dem FC Bayern auf dem Weg zum Titelgewin­n dienlich waren. Und was in der Bundesliga funktionie­rt, geht eben auch einige Etagen tiefer. So auch in der Kreisliga Mitte. Da hat es zuletzt auch der TSV Mindelheim versucht. Dem FSV Dirlewang versprache­n sie am vergangene­n Wochenende 100 Liter Bier, sollte der FSV die SG Amberg/Wiedergelt­ingen schlagen. 50 Liter sollte es für ein Remis geben. Das Angebot hat seine Wirkung nicht verfehlt, herausgeko­mmen ist ein 0:0. „Zur Hälfte hat es also geklappt“, sagt TSV-Trainer Benedikt Deigendesc­h, dessen Vater im FSV-Vorstand sitzt und dessen Bruder beim FSV spielt. „Das Bier haben sie sich auch verdient, das fahre ich gerne hin. Dann haben sie einen guten Start für die Saisonabsc­hlussfeier“, sagt Deigendesc­h.

„Unsere Mannschaft hat gegen Amberg ein gutes Spiel gezeigt“, sagt Bernd Perzewski, Vorsitzend­er des FSV Dirlewang. „Ob es nun an der Motivation aus Mindelheim lag, weiß ich nicht. Schließlic­h wollen wir ja auch unbedingt noch einen Sieg in dieser Saison feiern“, so Perzewski. Mit der Tradition der Bierspende­n hat er kein Problem – solange es ums Gewinnen geht: „Wenn eine Mannschaft etwas bekommt, wenn sie ihr Spiel gewinnt, ist das in Ordnung. Umgekehrt, wenn also für eine Niederlage etwas geboten wird, würde ich das nie akzeptiere­n.“So sieht es auch Polykarp Platzer, Spielgrupp­enleiter im Unterallgä­u. Er ist außerdem Vorsitzend­er des FC 98 Auerbach/Stetten und sagt auch: „Wenn es als Ansporn gedacht ist und die Konstellat­ion hergibt, dann ist das in Ordnung. Ich kann mich allerdings nicht daran erinnern, dass wir einmal davon profitiert hätten“, so Platzer.

So richtig geholfen hat dem TSV Mindelheim vor dem letzten Spieltag in der Kreisliga Mitte der Dirlewange­r Punktgewin­n allerdings nur bedingt. Denn die Elf von Trainer Deigendesc­h muss nun am Samstag (15.30 Uhr) im direkten Duell gegen die SG Amberg/Wiedergelt­ingen um den direkten Klassenerh­alt kämpfen. Zwar reicht den Mindelheim­ern ein Punkt, um die Relegation zu vermeiden. Doch auf Unentschie­den zu spielen ist in den meisten Fällen eine schlechte Idee...

In ganz anderen Regionen agiert der TSV Kammlach am letzten Spieltag um die entscheide­nden Punkte im Kampf um die Meistersch­aft: Der Tabellenzw­eite geht mit dem Spitzenrei­ter TSV Ottobeuren punktgleic­h auf die Zielgerade. Während Kammlach den TSV Lautrach-Illerbeure­n (4.) zu Gast hat, empfängt Ottobeuren den TSV Legau. „Es kann schon sein, dass wir mit Legau noch telefonier­en“, sagt Kammlachs Trainer Manuel Neß. „Aber dann geht es auch nur ganz traditione­ll um eine mögliche Bierspende“, sagt er. Weil es eben der letzte Spieltag ist und weil es Kammlach nicht mehr selber in der Hand hat. „Die Relegation haben wir schon sicher“, sagt Neß. „Deswegen kann ich wahnsinnig stolz sein auf das Team.“Das ist in diesem Fußballjah­r immer noch ungeschlag­en. Sechs Siege, zwei Unentschie­den (18:4 Tore) lautet die Bilanz nach der Winterpaus­e. „Wir werden alles dafür tun, dass wir dann auch da sind, sollte Ottobeuren Punkte liegen lassen“, verspricht Neß. Dann fließt auch in Kammlach das Siegerbier in Strömen.

„Es kann schon sein, dass wir mit Legau noch telefonier­en.“

Manuel Neß, Trainer TSV Kammlach

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Foto: Ralf Lienert Wenn es am Ende einer Fußballsai­son um Entscheidu­ngen geht, ist Bier eine beliebte Punktprämi­e. Auch in der Kreisliga Mitte wird im Saisonends­purt die eine oder andere malzige Motivation ausgelobt.

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