Meister der schattenhaften Illusion
Neun Tänzer lassen im Mindelheimer Forum aus ihren Körper faszinierende Bilder entstehen
Erinnern Sie sich noch an die Schattenspiele aus Ihrer Kindheit? Da gab es eine weiße Wand. Eine helle Lampe strahlte sie an. Vater, Mutter oder Freunde nahmen beide Hände und zauberten einen Wolf, eine Schnecke oder ein Gesicht auf die Wand. Das war eine Illusion, die durch ihre Einfachheit verblüffte. Wenn jedoch die Tänzerinnen und Tänzer von „Amazing Shadows performed by Shadow Theatre Delight“auf der Bühne des Stadttheaters dreidimensionale Schattenkunstwerke entstehen lassen, ist die Illusion perfekt.
Hier waren es nicht nur zwei Hände, hier waren es die ganzen Körper der neun Tänzerinnen und Tänzer, die akrobatisch und sehr sportlich Bilder übermittelten, die es so doch eigentlich gar nicht geben konnte. Sie formten Bilder und Geschichten, ließen sie entstehen und wieder auseinanderfließen, sodass das Publikum glaubte, es sei in New York, London mit seinem Big Ben, in Paris am Eiffelturm, in Berlin am Brandenburger Tor oder an der Chinesischen Mauer.
In einem Museum wollten raffinierte Diebe den größten Diamanten der Welt stehlen. Von Polizisten gejagt, stahlen sie sogar die Flamme der Freiheitsstatue in New York und wurden doch geschnappt. Die fehlende Flamme ersetzten die Polizisten mit einer Eiswaffel und drei Kugeln Eis. Eine Extra-SchmunzelEinlage für das begeisterte Publikum im Saal.
Dann wurde es dunkel auf der weißen Wand. Es entstand eine gespenstische Nacht mit Vollmond. Auf einem Friedhof wurden Kreuze von den Gräbern entfernt und heraus stiegen die Untoten, die Vampire. Doch bis das alles so weit war, begannen die lebendigen Bilder mit der Entstehungsgeschichte der Menschheit. Adam und Eva im Paradies, zwischen ihnen ein übergroßes Herz. Beide streckten ihre Hände aus und hielten je eine Sonne zum Himmel empor. Kann man mit menschlichen Körpern die astrologischen Tierkreiszeichen darstellen? O ja. Während auf der Leinwand überdimensional das Tierkreiszeichen erschien, jeweils in der Mitte das jeweilige Symbol, stellten die Akrobaten es davor lebendig dar. Einfach großartig und erstaunlich. Doch damit nicht genug. Die Fantasie dieser besonderen darstellenden Kunst nahm kein Ende. Da kam Aladin und fand in einer Höhle die Wunderlampe. Er rieb an ihr und heraus stieg ein überdimensionaler Dschinn. Der half ihm, seine geliebte Prinzessin aus den Händen des bösen Zauberers zu befreien. Oder wie war das mit Oger Shrek, dem tollkühnen Helden?
Das für die Darsteller und Choreografen wohl schönste Märchen kam zum Schluss, Aschenputtel mit dem übergroß dargestellten Schuh, natürlich mit Happy End. Der Prinz tanzte mit seinem Aschenputtel vor den darstellenden Bildern. Doch auch der Klimawandel war ein Thema, in dem aus Schornsteinen vergiftete Luft in die Atmosphäre aufstieg, die Erde zu sterben drohte. Deutlich machte es das Bild einer jungen Mutter, ihrem Kind und dem Vater, der sie nicht mehr beschützen konnte. Aber aus den Betonwüsten stiegen Dollarzeichen empor.
Besonders bemerkenswert waren die zauberhaften Sandmalereien, die in künstlerisch gestalteten Bildern das jeweilige neue Thema ankündigten. Die ausgezeichnete Zusammenarbeit von Olga Umanska, die für das Management und mit Alina Korol auch für die Choreografie zuständig sind, gemeinsam mit Leonid Skrypka als technischem Direktor, sie machten dieses besondere Spektakel möglich. Die Kreativität der Darsteller und Akrobaten zeigte eine Show, die die Gäste zum Staunen brachte, die begeisterte und oft verblüffte. Spannend blieb es bis zum Ende der Show, immer in Erwartung darauf, was noch kommen würde. Dementsprechend erhielten diese Stars einen nicht enden wollenden Beifall.