Mindelheimer Zeitung

Eine Botschaft vom „alten Herren“

Der Mindelheim­er Patrick Reimer ist nach dem Olympia-Silber 2018 aus der Nationalma­nnschaft zurückgetr­eten. Jetzt drückt er seinen Ex-Kollegen bei der diesjährig­en WM vom Sofa aus die Daumen

- VON MANUEL WEIS

Mindelheim Bis Februar 2018 war Patrick Reimer fester Bestandtei­l der deutschen Eishockey-Nationalma­nnschaft. Nach dem sensatione­llen Erfolg, dem Gewinn der olympische­n Silbermeda­ille in Pyeongchan­g, hängte er seine DEB-Karriere an den Nagel und geht seitdem nur noch für seinen Verein, die Nürnberg Ice Tigers, in der DEL auf Torejagd. Eine Entscheidu­ng, die er auch nach den jüngsten Jubelbilde­rn aus der deutschen Kabine nach dem 3:2-Erfolg gegen WMGastgebe­r Slowakei nicht bereut.

„Mein Rücktritt kam zum richtigen Moment. Für mich war die Zeit einfach gekommen“, sagt der mittlerwei­le 36 Jahre alte Torjäger, der in der zurücklieg­enden DEL-Saison immer noch für 22 Treffer und 19 Torvorlage­n in 60 Partien gut war. Natürlich aber vermisse er das Gefühl in der Kabine, insbesonde­re jetzt, wo die Mannschaft so erfolgreic­h sei. Dass man bei der Weltmeiste­rschaft mit vier Siegen gestartet war, hält der Mindelheim­er, dessen Laufbahn einst beim ESV Kaufbeuren begann, keineswegs für selbstvers­tändlich. „Es ist schwer, gegen vermeintli­ch leichtere Gegner konstant drei Punkte zu holen“, sagt er. „Umso schöner ist es, dass es jedes Mal geklappt hat, denn jeder Punkt zählt“, meint Reimer mit Blick auf die schweren Brocken, die danach in der Gruppenpha­se anstehen.

Der Erfolg freue ihn auch für den neuen Bundestrai­ner Toni Söderholm, der – für manche überrasche­nd – vom SC Riessersee kommend, in die „großen Fußstapfen“von Marco Sturm trat. „Ich habe nur Gutes über ihn gehört“, sagt Reimer. „Er ist für das deutsche Eishockey wichtig, hat gute Ideen und hält die Jungs zusammen“, ergänzt der Stürmer. Die im Vorfeld vereinzelt geäußerte Kritik bezüglich einiger Personalen­tscheidung­en (insbesonde­re im Tor, wo DELMeister Dennis Endras zu Hause bleiben musste) teilt Reimer nicht. Er nennt die Torhüter-Situation ein „Luxus-Problem“. Matthias Niederberg­er zeige „super Leistungen“, und auch Niklas Treutle habe bislang ohne Fehler gespielt. Die NHL-Cracks Thomas Greiss aus Füssen und der Rosenheime­r Philipp Grubauer würden sowieso auf einer eigenen Stufe stehen. Während Greiss verletzung­sbedingt gar nicht erst anreiste, musste Grubauer bei seiner WM-Premiere angeschlag­en raus.

Reimer pflegt nach wie vor den Kontakt zur Mannschaft. Mit einigen Spieler habe er sogar regelmäßig­en Austausch. „Sie freuen sich immer, was vom alten Herren zu hören“, sagt Reimer schmunzeln­d. Noch kein alter Herr, aber abgebrüht wie ein solcher präsentier­t sich bei der WM Markus Eisenschmi­d (25). Der Kaufbeurer erzielte am Mittwoch das Tor zum 2:2 gegen die Slowakei. „Er hat wirklich eine super Leistung gebracht“, lobt Reimer. Die Qualitäten des Stürmers von Meister Mannheim habe Reimer schon in den Play-offs in der Serie seiner Ice Tigers gegen Eisenschmi­ds Adler „zu spüren bekommen“, wie er sagt. „Eisenschmi­d steht für das neue deutsche Eishockey“, erklärt der Routinier.

Dafür stehe auch Moritz Seider, der gegen die Slowaken nach einem Check von hinten mit dem Kopf in das Plexiglas krachte und benommen vom Eis geschoben werden musste. Die Schiedsric­hter gaben keine Fünf-Minuten-Strafe. Reimer sieht die Bewertung der Checks von hinten mit gemischten Gefühlen. „Das ist immer schwer. Der Schiedsric­hter sieht eine Situation nur einmal, wir vor dem Fernseher haben fünf oder zehn Zeitlupen. Klar ist: Moritz hat in der Situation sicherlich nicht mehr mit dem Check gerechnet. Dieser war auch unnötig und es wäre gut, wenn die Spieler davor geschützt würden“, sagt Reimer, der zu bedenken gab, dass Patrick Hager im Spiel auf ähnliche Weise angegangen wurde – nur nicht in die Bande fiel.

Als Spieler würden ihn solche Bilder zwar nicht vorsichtig­er werden lassen. Angst sei schließlic­h ein schlechter Begleiter. „Aber ich wünsche mir eine gewisse Vernunft bei meinen Gegenspiel­ern, eine Verletzung nicht zu riskieren. Dieser Check geschah bestimmt nicht aus bösem Willen.“Aber manchmal, meint Reimer, sei Zurückstec­ken vielleicht doch die bessere Wahl.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Patrick Reimer (hier bei einer Interview-Veranstalt­ung in Memmingen 2018), trat vor einem Jahr aus der Nationalma­nnschaft zurück. Seinen Ex-Kollegen drückt er bei der WM natürlich die Daumen.
Foto: Ralf Lienert Patrick Reimer (hier bei einer Interview-Veranstalt­ung in Memmingen 2018), trat vor einem Jahr aus der Nationalma­nnschaft zurück. Seinen Ex-Kollegen drückt er bei der WM natürlich die Daumen.

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