Mindelheimer Zeitung

Straßen überflutet

Die Behörden haben gestern ein paar Strecken für den Verkehr dichtgemac­ht, zum Beispiel bei Unteregg. Der Staudamm bei Dirlewang leistet großartige Dienste

- VON JOHANN STOLL

Nach heftigem Dauerregen sind im Unterallgä­u Flüsse über die Ufer getreten. Einige Straßen wurden überflutet und mussten gesperrt werden. Mehr dazu auf

Der anhaltende Dauerregen führte gestern im Unterallgä­u zu einigen Straßenspe­rren. Die Strecke zwischen Dirlewang und Unteregg war zum Beispiel teilweise überflutet. Auch bei Westernach kam es zu Überschwem­mungen. Für die Anlieger der Mindel in Dirlewang besteht nach Auskunft des Wasserwirt­schaftsamt­es Kempten allerdings keine Gefahr. Das Staubecken ist ausreichen­d groß, um weitere Wassermass­en zurückzuha­lten. Insgesamt kam die Region mit einem blauen Auge davon. Die Millionen Euro, die in den vergangene­n 15 Jahren in den Hochwasser­schutz gesteckt wurden, zahlen sich aus. Der Pegelstand der Mindel südlich von Dirlewang ist gestern Nachmittag auf 4,90 Meter angestiege­n, wie Flußmeiste­r Martin Merk berichtete. Das Rückhalteb­ecken

Das Rückhalteb­ecken bei Dirlewang ist schon halb voll 2005 und 2006 wurde der neue Schutzdamm gebaut

ist mit rund 300 000 Kubikmeter Wasser bereits zur Hälfte gefüllt. Das Becken in Dirlewang ist in der Nacht auf Dienstag um 2 Uhr aufgestaut worden. Wiesen sind großflächi­g überflutet. 13,6 Kubikmeter Wasser in der Sekunde lässt der Flussmeist­er derzeit durch das Stauwehr passieren. Das ist die Menge Wasser, die die Mindel problemlos verkraften kann, ohne weiter unten Schäden anzurichte­n. Damit besteht keinerlei Gefahr für die Häuser in Dirlewang, versichert Merk. 25 Kubikmeter pro Sekunde kamen gestern von oben allerdings nach. „Wir kappen also rund 12 000 Liter in der Sekunde“, so Merk. „Ohne den Damm wäre Dirlewang unter Wasser und vermutlich auch Teile von Apfeltrach und Mindelheim.“So aber bestehe keine Gefahr. Auch in Stetten, Oberrieden und Dorschhaus­en seien die Hochwasser­rückhalteb­ecken eingestaut worden, allerdings in kleinerem Umfang. Selbst wenn es zwölf Stunden ununterbro­chen so stark weitergere­gnet hätte wie gestern, blieben die Anlieger der Mindel in Dirlewang auf dem Trockenen. Bis 17, 18 Uhr war der Wasserpege­l weiter eingestieg­en. Damit war am frühen Abend der Zenit erreicht. Das Wasserwirt­schaftsamt rechnet damit, dass das Schlimmste überstande­n ist. Dirlewang war in der Vergangenh­eit immer wieder von Hochwasser heimgesuch­t worden. Keller waren in unschöner Regelmäßig­keit vollgelauf­en. Große Sachschäde­n waren die Folge. Ein Rentner kam ziemlich genau vor 20 Jahren beim Abdichten eines Kellers in den Dirlewange­r Fluten ums Leben. Auch in Eppishause­n war es zu einer menschlich­en Tragödie gekommen. Eine Frau starb im Jahr 2002. Die an sich harmlose Hasel war zu einem reißenden Fluss geworden. Erst durch den Bau des Rückhalteb­eckens südlich von Dirlewang im Nachgang zum verheerend­en Pfingsthoc­hwasser 1999 und weiterer Überschwem­mungen in den Folgejahre­n konnte die Gefahr eingedämmt werden. Ohne dieses Becken, betont Martin Merk, wären die Dirlewange­r Anlieger wieder stark betroffen gewesen. Das Unglück im Mai 1999 hat in Dirlewang immense Kräfte freigesetz­t. Dem Gemeindera­t und dem damaligen Bürgermeis­ter Johann Schorer war sofort klar, dass jetzt etwas passieren muss. Danach hatte die Marktgemei­nde mit noch fünf weiteren größeren Hochwasser­ereignisse­n zu kämpfen, bis der neue Hochwasser­schutzdamm 2005 und 2006 gebaut werden konnte. Die Höhe des Dammes beträgt knapp sieben Meter. Das Durchlassb­auwerk drosselt den Abfluss der Mindel in Richtung Norden. Bei Hochwasser sorgen zwei sogenannte Rinnenschü­tzen dafür, dass sich das Wasser staut und dann kontrollie­rt ablaufen kann. „Bei einem 100-jährigen Hochwasser­ereignis müssen im Becken 675 000 Kubikmeter Wasser zurückgeha­lten werden, um einen schadlosen Durchfluss der Mindel im Ortsbereic­h sicherzust­ellen“, hatte Martin Merk bei der Zehn-Jahres-Feier im Jahr 2017 erläutert. „Damit wird ein Abfluss von 46,7 auf 14,7 Kubikmeter pro Sekunde gedrosselt.“Die vollautoma­tische Anlage wird bei Alarmierun­g eines möglichen Hochwasser­s rund um die Uhr von Personal vor Ort überwacht.

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Foto: Stoll Seine Qualitäten als Amphibienf­ahrzeug musste gestern Vormittag dieses Auto auf der Straße zwischen Dirlewang und Unteregg unter Beweis stellen.
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Foto: Gutmann Die Kammel bei Breitenbru­nn hat ihr Bett verlassen und einige Wiesen in Teiche verwandelt.
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Foto: ug Die Mindel bei Pfaffenhau­sen ist meistens ein ruhiger Fluss. Gestern hatte sie sich in ein wildes Gewässer verwandelt.
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Am Nachmittag war von der Straße zwischen Dirlewang und Unteregg nicht mehr viel zu sehen – wie das Bild eines Lesers zeigt, das er uns per Whatsapp geschickt hat.
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Markus Sontheimer hat das Hochwasser in Westernach fotografie­rt.

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