Mindelheimer Zeitung

Trio wegen Totschlags vor Gericht

Justiz Ab Montag, 3. Juni, wird die Bluttat vom September 2019 vor dem Schwurgeri­cht juristisch aufgearbei­tet. Die Brutalität dieses Verbrechen­s schockt selbst erfahrene Ermittler

- VON ALF GEIGER

Bad Wörishofen Die grausame Bluttat, bei der in der Nacht zum Mittwoch, 5. September, des vergangene­n Jahres ein 46-jähriger Mann ums Leben kam, wird jetzt juristisch aufgeklärt: Drei Angeklagte müssen sich ab Montag, 3. Juni, vor dem Landgerich­t Memmingen verantwort­en. Die Anklage lautet auf „Gemeinscha­ftlichen Totschlag“, insgesamt sind sechs Verhandlun­gstage angesetzt.

Die Brutalität dieses Verbrechen­s ist selbst für hart gesottene Prozessbeo­bachter außergewöh­nlich: Laut Anklage haben die drei Männer ihr Opfer abwechseln­d zu zweit festgehalt­en, während immer einer so lange auf den Mann eingeprüge­lt hat, bis der sich am Ende nicht mehr rührte. Ob es dabei einen Haupttäter gab, muss die Verhandlun­g zeigen.

Gut 60 massive Schläge und Tritte prasselten auf den 46-Jährigen ein, viele davon im Kopf-, Bauch und Brustberei­ch. Der Mann trug ein schweres Schädel-Hirn-Trauma davon, als Todesursac­he wird aber Ersticken angegeben. Ein Nasenbeinb­ruch soll dafür gesorgt haben, dass der bewusstlos­e Mann aufgrund der Einblutung­en keine Luft mehr bekam und qualvoll erstickte.

Auch das weitere Vorgehen der mutmaßlich­en Totschläge­r ist an Grausamkei­t kaum zu überbieten, wie es ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft schildert. Die drei Männer ließen demnach erst von dem Mann ab, als der sich nicht mehr bewegte. Dann legten sie ihr Opfer in dessen Bett, säuberten den Mann sogar noch oberflächl­ich, wischen das Blut aus seinem Gesicht und von seinem Körper, reinigten dann auch noch das Zimmer – und zogen dem Bewusstlos­en die Decke über den Ob danach noch weiter getrunken wurde, ist derzeit unklar.

Wann genau der 46-Jährige schließlic­h an seinen schweren Verletzung­en starb, wird ein Gutachter klären müssen. Entdeckt wurde die Leiche des Mannes dann erst am nächsten Morgen von einem offenbar unbeteilig­ten Mitbewohne­r.

Auch das Motiv liegt weiter im Dunkeln, denn die drei Angeklagte­n hüllen sich nach wie vor in Schweigen. Die Anklage geht davon aus, dass es zwischen den vier Männern zu einem verbalen Streit kam, der dann offenbar immer mehr eskalierte. Sicher ist, dass auch eine erhebliche Menge Alkohol geflossen ist.

Die grausame Bluttat hatte sich im ehemaligen Kurhotel „Raffler“ereignet und die Bevölkerun­g in Bad Wörishofen wochenlang in Unruhe versetzt. Noch am Tattag wurde ein 55-Jähriger von einem Sondereins­atzkommand­o als mutmaßlich­er Haupttäter festgenomm­en. Anfang Oktober rückte dann nach weiteren Ermittlung­en ein Spezialein­satzkomman­do in Bad Wörishofen und Mindelheim an und verhaftete zwei weitere Tatverdäch­tige, einen 33-Jährigen und einen 35 Jahre alten Mann.

Alle drei Männer haben nach Auskunft der Polizei deutsche Pässe, stammen aber aus Ländern der ehemaligen Sowjetunio­n. Das Trio sitzt seither in Untersuchu­ngshaft, nun kommt der Fall vor das Schwurgeri­cht des Landgerich­tes Memmingen. Das Schwurgeri­cht ist zuständig für schwere Straftaten und daher mit drei Berufsrich­tern und zwei Laienricht­ern besetzt.

Eine elfköpfige Sonderermi­ttlungsgru­ppe „Pension“hatte wochenlang die genauen Tatumständ­en ermittelt und nach einem Motiv gesucht. Die Polizei berichtete damals, dass die drei Männer den VorKopf. abend der Tat mit dem Opfer verbracht hatten. Sie gerieten in Streit. Dieser Streit sei so eskaliert, dass das Opfer nach Ansicht der Ermittler durch Schläge und Tritte zu Tode kam. Für die Beamten der Ermittlung­sgruppe „Pension“war kriminalis­tische Kleinarbei­t angesagt. Seine Bezeichnun­g hat das KripoTeam vom Tatort: In dem Gebäude, das heute als Übergangsw­ohnheim genutzt wird, war früher das Kurhotel „Raffler“.

Doch vom Glanz früherer Tage ist längst der Lack ab: Seit das Anwesen vor einigen Jahren verkauft wurde, wohnen hier keine ruhesuchen­den Kurgäste mehr, sondern angeblich vorwiegend männliche Arbeiter aus Südosteuro­pa und der ehemaligen Sowjetunio­n. Sie verdienen ihr Geld in Betrieben im Umkreis und finden hier eine günstige Unterkunft. Die Bewohner teilen sich die sanitären Einrichtun­gen sowie die Küche, Reibereien seien da vorprogram­miert, schilderte damals ein Nachbar.

Lautstarke Auseinande­rsetzungen seien ebenso schon fast an der Tagesordnu­ng gewesen wie „Saufgelage und Schlägerei­en“, wie eine Nachbarin berichtete: „Dort geht es immer wieder hoch her und die Polizei ist hier in der Straße fast schon Stammgast“, beschrieb die Bad Wörishofer­in damals die Situation im Umfeld des früheren Kurhotels in der Peter-Dörfler-Straße.

Häufig müssten die Nachbarn auch unter den Folgen von „Alkoholexz­essen“leiden, wie es ein Nachbar beschrieb. Im Alkoholrau­sch komme es dann auch immer wieder zu lautstarke­n Streiterei­en, Auseinande­rsetzungen und Schlägerei­en. „Da gehen immer wieder andere Männer aus und ein, man kennt sich kaum mehr aus“, sagte damals eine Nachbarin.

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Foto: Markus Heinrich Im diesem ehemaligen Kurhotel ereignete sich im September 2018 eine brutale Tat, bei der ein 46 Jahre alter Mann starb.

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