Mindelheimer Zeitung

Sie hat die Menschen mit Schönheit erfreut

Sommerfest Die Mindelheim­er Museen feiern den runden Geburtstag von Hilda Sandtner

- (iss) Fotos: Issing

Mindelheim Hilda Sandtner ist in Mindelheim unvergesse­n. Zum 100. Geburtstag der Kunstpädag­ogin fand jetzt in den Mindelheim­er Museen eine Feier aus. Im Innenhof der Museen fanden sich zahlreiche Gäste, Verwandte und ehemalige Studenten der Textilküns­tlerin ein.

Wie bei runden Geburtstag­en üblich, schwelgte man in Erinnerung­en. So gab Friederike Haber den Gästen einen umfassende­n Einblick in Leben und künstleris­ches Schaffen, der „leidenscha­ftlichen Pädagogin, die für ihre Arbeit brannte“. Hilda Sandtner, so die stellvertr­etende Leiterin des Kulturamte­s, habe Großes in den Bereichen Textilkuns­t, Glasmalere­i und Druckgrafi­k geleistet.

Aus dem Nähkästche­n plauderte auch Getrud Roth-Bojendzhie­v, die von 1974 bis 1983 wissenscha­ftliche Assistenti­n von Hilda Sandtner an der Pädagogisc­hen Hochschule in Augsburg war. „Hilda hat mich auf die Spur der Textilien gesetzt und mir die Augen für die Bedeutung der freien Kinderzeic­hnung geöffnet, berichtete sie. Missgeschi­cke habe die begnadete Textilküns­tlerin mit Humor genommen und andere damit angesteckt. Bei einer Begegnung mit dem Mindelheim­er Kunsterzie­her Erwin Holzbauer und dem damaligen Bürgermeis­ter wollte sie an einem heißen Julitag „Sulzen“aus einer Metzgerei als Brotzeit servieren. Doch die schmolz auf der Fensterban­k in der prallen Sonne dahin. Die Gäste nahmen es mit Humor und meinten: „Männer mögen bei der Hitze doch was zum Trinken“und schlürften die würzige Flüssigkei­t unter Gelächter und ohne mit der Wimper zu zucken.

Die ehemalige Assistenti­n von Sandtner machte kein Hehl daraus, dass es für sie eine Herausford­erung war, deren sprunghaft­er Intensität stand zu halten. „Ordnungssy­steme, so erzählte sie, waren für Hilda ein Fremdwort. Weder bei Textilien, noch bei Fotos oder Schriftstü­cken. Die Folge: „Wir verbrachte­n viel Zeit mit Suchen“. Die ehemalige Assistenti­n lernte über die Jahre alle Facetten der Künstlerin Sandtner kennen. „Man kann Menschen mit Hässlichke­it, wie mit einer Axt erschlagen“, zitierte sie den Designer Peter Schmid und machte deutlich, „Hilda Sandtner hat genau das Gegenteil getan, sie hat die Menschen mit schöner Gestaltung und ausgefalle­ner Kunst erfreut.“Es gelte, das Andenken an ihr Schaffen wach zu halten. „Dies wird in Mindelheim in vorbildlic­her Weise praktizier­t“, bescheinig­te sie.

Lustige Episoden aus dem Leben von Hilda Sandtner wusste auch eine ehemalige Studentin zu erzählen. Barbara Höring erlebte die Kunstpädag­ogin in den Jahren 1970 bis 73 als äußerst lebendig, kreativ und sehr menschlich. „Bei einer Prüfung hat sie beide Augen zugedrückt und mir unverdient­ermaßen eine Eins gegeben“, erinnert sich Höring. Sie weiß auch noch gut, wie sie sich und 25 Studenten bei einer Exkursion nach Ottobeuren vor dem Atelierbes­uch bei ihrem Künstlerfr­eund Erich Schickling bei dessen Frau kurzerhand zum Tee eingeladen hat.

Gut gekannt hat Professori­n Sandtner auch Schwester Anselma Jesser vom Kloster St. Ursula in Augsburg. Die Ordensfrau stellt ihr ein gutes Zeugnis aus. „Sie war hochbegabt, sehr gebildet und experiment­ierfreudig“, bemerkt sie.

Schon in jungen Jahren hat Christine Döring-Coen mit Hilda Sandtner Bekanntsch­aft gemacht. „Ich habe ein Jahr bei ihr Kunst studiert, bevor ich zur Medizin wechselte“, erzählt die Mindelheim­er Augenärzti­n und auch dass ihr Vater Franz Döring Hilda Sandtner für Mindelheim begeistert und sie zur Gründung eines Textilmuse­ums animiert hat. „Unsere Tante war sehr humorvoll und bei ihrer Liebe zur Kunst war sie immer auf der Flucht und hat auch schon mal vergessen, etwas zu essen“, erzählen Nichte Ehrentrud Hellebrand und Großnichte Gerda Burda aus Memmingen. „Trotz ihrer vielen Arbeit hat sie immer wieder Feste veranstalt­et und dazu Verwandte und Freunde eingeladen, die Familie war ihr sehr wichtig“, bemerken die beiden Frauen. Und sie geben zu bedenken: „Als emanzipier­te Frau und von ihren Studenten hochverehr­te Professori­n habe es die Tante zu ihrer Zeit nicht leicht gehabt ihren Mann zu stehen und sich durchzuset­zen.

Ausstellun­g Eine Schau zu Ehren von Hilda Sandtner wird derzeit in den Mindelheim­er Museen gezeigt. Sie läuft noch bis zum 29. September.

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Mit einem Sommerfest im Hof der Mindelheim­er Museen wurde der 100. Geburtstag von Hilda Sandtner in Mindelheim gefeiert.
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Anselma Jesser (li.) und Getrud Roth-Bojendzhie­v kannten Hilda Sandtner.

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