Mützenich will weitermachen
Eigentlich sollte er die SPD-Fraktion nur während einer Übergangsphase führen. Warum er es sich anders überlegt hat
Berlin Erleichterung bei der SPD. Wenigstens in der Bundestagsfraktion droht keine Hängepartie, wie sie sich die Partei mit ihrer Vorsitzendenkür nach Ansicht von Kritikern derzeit leistet. In gewohnt zurückhaltender Art hat der kommissarische Fraktionschef Rolf Mützenich seine Bereitschaft bekundet, in dem Amt weitermachen und sich dafür regulär zur Wahl stellen zu wollen. Sein zweiseitiges Schreiben an die Abgeordneten endet mit den Worten: „Liebe Genossinnen und Genossen, ich möchte Euch nur signalisieren: Ich bin bereit, die Aufgabe zu übernehmen.“
Nach den heftigen internen Streitereien, die den Rücktritt von Parteiund Fraktionschefin Andrea Nahles begleitet hatten, klingt für viele Mützenichs warmherziger Ton wohltuend. Er habe versprochen, „alle stärker in die Diskussionsprozesse einzubeziehen“, schreibt der 60-Jährige. Nun fühle er sich seinem Versprechen nach wie vor verpflichtet.
Umgehend begrüßen Abgeordnete strömungsübergreifend Mützenichs Schritt, als wäre ihnen eine Last genommen. Schon als Mützenich Anfang Juni als dienstältestes Vorstandsmitglied die Fraktionsführung kommissarisch übernommen hatte, trat er danach auffallend leise auf: „Meine Name ist Rolf Mützenich“, stellte er sich vor. Dass der Kölner allerdings auch höflich klare Kante zeigen kann, musste der Koalitionspartner in den Wochen seither bereits erfahren. Aufhorchen ließ Mützenichs Rede bei der Vereidigung von Annegret Kramp-Karrenbauer als Verteidigungsministerin. Der Außenpolitik-Experte knöpfte sich ihre Forderungen nach mehr Geld für die Bundeswehr vor. „Mich erinnert mehr und mehr diese Diskussion an den Tanz um das goldene Kalb“, hielt Mützenich AKK vor.
Mit Mützenich als Fraktionschef könnte es in der Außen- und Verteidigungspolitik der Koalition schwieriger werden. Überhaupt wird mit Spannung erwartet, ob in der SPD in ihrem Krisentief bald Absetzbewegungen aus der Koalition dominieren. Streitthemen wie die geplante Grundrente stehen zur Entscheidung an. Dass Mützenich bei der Wahl am 24. September zum regulären Chef der Abgeordneten wird, gilt als sicher. Gegenkandidaturen deuten sich nicht an.